Er hielt mir die Beifahrertür seines Autos auf.
"Oh, ein Gentleman. Danke sehr."
"Keine Ursache."
Als er sich ebenfalls ins Auto gesetzt hatte, wurde mir erst bewusste, dass jetzt einige Minuten Small Talk vor mir lagen, je nachdem wie lange wir zu diesem Restaurant brauchten.
Auf einmal hoffte ich, dass es nicht lange dauern würde.
Seit wann war ich denn jemand, der sich vor solchen Situationen wie diesen drückte? Ich ärgerte mich ein wenig über mich selbst und überhörte so Andrews erste Frage. Peinlich.
Erst als er mich antippte nahm ich ihn wahr.
"Julie, hörst du mir überhaupt zu?"
"Ähm, ja?"
"Sehr glaubhaft..."
"Tut mir leid.", ich entschloss mich für die Wahrheit, "ich war nur ein bisschen aufgeregt und das hat mich aufgeregt, ich glaube, du weißt, was ich meine."
"Ah ja, das Gefühl, Schmetterlinge im Bauch zu haben, ja ich kann mir vorstellen, dass allein schon, wenn du mich ansiehst, einige zu flattern beginnen."
"Das meinte ich doch gar nicht! Na toll, du musst auch alles verdrehen." Zu allem Überfluss wurde ich ein bisschen rot. Seit wann passierte mir denn das?
"Ich glaube dir sofort, wenn ich in dein Gesicht sehe. Pass auf, dass du nicht zu einer Tomate wirst.", ärgerte er mich weiter.
Jetzt wurde es aber mal langsam Zeit, den Spieß umzudrehen.
"Ich kann auch gerne aussteigen und wieder zum Büro zurückgehen..."
"Oh nein, warum denn das? Du wirst schön bei mir im Auto bleiben."
"Wieso sollte ich? Ich werde nicht gerne als Tomate bezeichnet."
"Ach das. Ich entschuldige mich hiermit."
"Okay.", grummelte ich, denn so ein richtiger Sieg war das ja jetzt nicht gewesen.
Wir standen an einer roten Ampel und Andrew beugte sich zu mir herüber.
"Ich bin froh, dass du mir verzeihst. Denn ein böses Mädchen wäre heute wahrscheinlich zu viel für mich."
"Ich bin immer böse. Das solltest du wissen."
"Oh, das sollte ich wissen?"
Ich beugte mich zu seinem Ohr.
"Ja, solltest du."
Dann streifte ich mit meinen Lippen seine Backe.
"Du kannst mich ja herausfordern."
Doch dann sprang die Ampel auf Grün und er blieb mir eine Antwort schuldig, denn er musste sich auf den Verkehr konzentrieren.
Auch ich lehnte mich wieder auf meinen Platz zurück.
Das würde sicher noch ein interessantes Mittagessen werden.
Als wird das Restaurant erreichten war schon eine halbe Stunde vergangen. Andrew war wirklich weit aus der Stadtmitte hinausgefahren.
Er fand zum Glück recht schnell eine Parklücke und spätestens jetzt war ich mir sicher, dass ich das Restaurant nicht kannte.
"Ich hoffe, du magst griechisch?"
"Ja.", ich lächelte ihn an.
"Dann ist ja der erste Punkt meines Plans aufgegangen."
"Was sind denn die anderen Punkte?", fragte ich neugierig.
"Das wirst du schon noch früh genug erfahren.", erwiderte er geheimnisvoll.
"Aha." Darauf wusste ich nichts Besseres zu antworten.
Dann hatte ich das Restaurant auch schon erblickt.
Und verliebte mich sofort.
Das Eingangstor war schmiedeeisern und golden angemalt. In großen geschwungenen Buchstaben prangte das Wort "Ioanis" darüber.
"Gefällt's dir?"
"Ja, sehr."
Wir betraten das Haus, denn auch wenn der Garten sehr schön aussah, war es im Dezember einfach viel zu kalt zum draußen sitzen. Irgendwann würde ich nochmal hierherkommen müssen, um in diesem Garten sein zu können.
Eine Kellnerin kam auf uns zu und wies uns unseren Tisch zu.
Obwohl es Mittag war, waren einige Tische belegt.
"Das hat heute wirklich Spaß gemacht. Danke für die Einladung.", sagte ich zu Andrew.
"Mir auch. Gern geschehen."
"Obwohl wir wirklich lange gebraucht haben und noch so viel Arbeit ansteht, bevor es in den Urlaub geht."
"Ja, habe ich mir auch gerade gedacht, aber das war es wirklich wert."
Ich lächelte in mich hinein. Genau das hatte ich auch gedacht.
Auf dem Weg zum Auto zurück nahm Andrew meine Hand in seine und ein warmes Kribbeln breitete sich in mir aus.
So fühlte ich mich wohl und wollte diesen Moment nicht mehr loslassen. Auch wenn man keinen Moment loslassen konnte, doch hier fühlte es sich so an. Ich wusste, dass sobald wir am Auto waren, würde der Moment vorbei sein, doch ich wusste nicht wie ich ihn hinauszögern konnte.
Als wir um die Straßenecke bogen, an der Andrew sein Auto geparkt hatte, drehte er sich zu mir um und versperrte mir so den Weg.
"Es war wirklich sehr schön mit dir, Julie."
"Ja.", hauchte ich.
Er kam näher und ich sah die kleinen Wölkchen, die er beim Atmen ausstieß.
"Du bist wunderbar, Julie. Egal, was andere zu dir sagen, du bist wunderbar."
"Du auch. Du bist der beste Mann, dem ich je begegnet bin."
Er kam noch einen Schritt näher und ich war mir sicher, dass er mich jetzt küssen wollte.
War ich bereit? Ich wusste es einfach noch nicht.
Ich war mir im Klaren, dass ich mit ihm Zeit verbringen wollte und ihn kennenlernen wollte, doch sobald es um körperliche Nähe ging, schreckte ich zurück. Das im Auto vorhin war okay gewesen, weil ich die Situation unter Kontrolle gehabt hatte, doch meine tieferen Gefühle, die konnte ich nicht kontrollieren und das machte mir Angst.
Ich wollte ihm körperlich erst wieder nahekommen, wenn diese Angst und Zweifel beseitigt worden waren. Das verstand er sicherlich.
Ich machte einen Schritt zurück.
"Ich kann noch nicht."
"Okay, lass dir Zeit." Ich schaute ihm in die Augen und sah Verständnis aber auch ein wenig Enttäuschung.
"Jetzt ist mein letzter Punkt nicht aufgegangen."
Er versuchte es in einem scherzhaften Ton rüberzubringen, doch weil ich seine Emotionen und Gefühle inzwischen besser erkennen konnte, wusste ich, dass er sich mehr von diesem Essen erhofft hatte.
Ich war mir nicht sicher, was ich auf diese Bemerkung antworten sollte, deswegen blieb ich still.
Anscheinend las er meinen Gesichtsausdruck und sprach weiter.
"Das soll aber jetzt nicht sauer oder so klingen. Ich verstehe dich wirklich und ich bin auch bereit, zu warten. Ich habe nur noch nie für jemanden so empfunden. Das ist ganz neu für mich. Selbst wenn du in meiner Nähe bist und uns nur zwei Türen trennen, vermisse ich dich ein wenig."
Ich nickte.
"Andrew, du bist der erste Mensch in meinem Leben, den ich an mich herangelassen habe. Du hast mir schon so unglaublich viel geholfen, Auch wenn du es vielleicht gar nicht wahrgenommen hast, geht es mir viel besser, seit ich dich besser kenne. Aber man kann sich nicht so schnell ändern und ich bin dir sehr dankbar, wenn du das verstehen kannst."
"Ja, das tue ich."
Das Kribbeln in meinem Bauch wurde so stark, dass ich es fast nicht mehr aushielt und umarmte Andrew heftig.
"Hoppla, das war jetzt unerwartet."
"Ich weiß.", grinste ich schelmisch.
Es fühlte sich wahnsinnig gut an, mich an Andrews Brust zu schmiegen und einfach nur zu wissen, dass er für mich da war.
Er drückte mich enger und sprach genau das aus, was ich gerade gedacht hatte.
"Ich will immer für dich da sein, Juliette."
"Danke."

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Chefetage
RomanceJuliette ist die Chefin der Personalabteilung. Andrew ist der Big Boss der Verlagsfirma. Beide sind sehr verhasst bei den Kollegen. Herrisch, egozentrisch und feuern ihre Kollegen nur zu gerne wegen belanglosen Dingen. Sie kennen sich kaum, bis es e...