Lagerfeuerknistern

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Die Stimmung war herrlich. Das Feuer knisterte, im Hintergrund hörte man das Wasser plätschern und der Wind summte leise. Der Mond schien hell und die Sterne waren zu sehen, so auch der Polarstern.
Für einen kurzen Moment ließ sich Alea im Augenblick fallen, sie genoss die Atmosphäre und mit Lennox allein sein zu können. 

"Was wohl die Bande gerade macht?", wunderte er sich. Gestern haben sie lange darüber gesprochen wie sich ihr Leben durch die Alpha Cru veränderte. Sie waren für die beiden da gewesen, als sie am dringensden eine Familie brauchten. "Vermutlich schlafen sie bereits. Nunja, alle außer Ben", gab Alea zurück. "Er hat in letzter Zeit oft die Nächte durch gemacht. Stand alleine im Deckshäuschen. Ob ihm die Sache  mit Nikki wohl doch sehr zugesetzt hat?", fragte er Alea.
Lennox und Ben waren wie Brüder, sie teilten alles miteinander. Beim Thema Nikki machte Ben, aber meistens Dicht. "Es war kein Abschied auf Ewig", wollte Alea ihn beruhigen. Aus eigener Erfahrung wusste sie jedoch, dass dieser Gedanke kein Trost war. "Ich weiß noch wie schlimm es mir bei Orion erging... Ohne dich", sagte er und spielte mit dem Sand unter seinen Fingern. "Wie war es eigentlich ganz alleine?", ging sie vorsichtig auf ihn ein. "Nicht schön. Ich wurde jede Nacht angekettet. Orion hatte Angst ich könnte fliehen - zurecht!". Alea erinnerte sich. An dem Abend an dem sie Lennox befreite war er ebenfalls angekettet, jedoch war er immernoch in der Lage sie zu Boden zu werfen. "Aber ich war nicht jeden Abend alleine. Manchmal schlich Nelani mit Hagen zu meiner Hütte rüber. Dann erzählte sie mir wie sie Orions Ergebnisse zum neuen Virus sabotierte", Lennox hörte auf mit dem Sand zu spielen und sah Alea an. "Wie war es eigentlich für euch? Der Tag an dem ihr wach wurdet? Habt ihr eure Gedächdnislücken sofort bemerkt?", erkundigte er sich. Sie wusste, dass sich Lennox oft deswegen Vorwürfe  machte. Was er aus den Auge verlor, war jedoch, dass er ihnen damit das Leben rettete. Orion drohte ihm Ben, Sammy und Tess zu töten, solle er ihre Erinnerungen nicht löschen. Alea dachte kurz nach, dann erwiderte sie: "Nein, uns fiel es nicht sofort auf. Wir alle wussten etwas war komisch, aber konnten uns einfach keinen Reim drauf machen. Erst an Land, als ich meine Klassenkameradin traf und im Krankenhaus war, bemerkten wir, dass plötzlich mehrere Wochen vergangen waren, an die wir uns nicht mehr erinnern konnten". Interessiert hörte Lennox zu. Alea blickte zum Sternenhimmel hinauf. "Obwohl Orion uns alles nahm, hatte ich jedoch  immernoch den Polarstern". Der Polarstern war ihr Stern, ein Symbol, der Fels in der Brandung. Durch diesen Stern fühlte sie sich in der schweren Zeit immernoch mit Lennox verbunden. Lennox nickte zustimmend. Ihm ging es genauso.  "Ja, wir haben schon verrückte Dinge erlebt", fasste er schließlich zusammen und drehte sich zu den Bergen, die man im Hintergrund sah. 

Ein tiefes Schweigen überkam die beiden. Kein unangenehmes Schweigen, ein nachdenkliches. Im Hintergrund hörte man Grashüpfer. Das Feuer wurde kleiner und Alea warf mehrere große Äste und Stöcke rein. Die Flamme sprang auf, und das brennende Rot spiegelte sich in ihren Augen. Kleine Funken sprangen von der Flamme ab und flogen durch die Luft, bis sie schließlich im Sand verglühten. Es roch nach Rauch und Meer. Eine skurrile Kombination, jedoch interessant. Scheinbare Gegenteile vereint. 

"Freust du dich eigentlich?", flüsterte Lennox leise und legte seine Hand auf ihre.
"Also auf Anthea", ergänzte er lachend. Die Fahrt und Ausflug waren so aufregend gewesen, dass Alea fast schon vergaß warum sie unterwegs waren. Es war ihr schon peinlich, nicht sofort gewusst zu haben wovon Lennox sprach.

"Ist es eine ernst gemeinte Frage?", scherzte Alea und boxte ihn leicht gegen die Schulter. Er tat so als müsse er sich vor Schmerzen krümmen und zuckte grinsend mit den Schultern.
"Natürlich freu ich mich", antwortete Alea mit einem Lächeln im Gesicht, "weißt du, als ich von Thea erfuhr ergab alles auf einmal Sinn. Ich habe schon immer gemerkt, dass etwas fehlte. Jetzt weiß ich, dass dieses etwas jemand ist".
Verträumt starrte sie ins Feuer. Dann fuhr sie fort: "Als ich damals eine Nachricht vom unbekannten Absender erhielt, der meine Flaschenpost in Schottland fand... ich war überwältigt. Ich hatte auf Anhieb das Gefühl dieser Person alles erzählen zu können, dabei kannten wir uns kaum".
"Weil es deine Schwester war", ergänzte Lennox. Alea musste lächeln.
"Ja... ich habe mich bereits mehrmals mit Thea unterhalten, ohne es zu wissen. Und obwohl Thea sich so große Sorgen machte, dass Orion hätte ihre Nachrichten abfangen können, schien sie mir trotzdem eine Menge über sich erzählen zu wollen."  Alea schickte ein Flugbussi an ihre Schwester, die vielleicht garnicht weit weg war. "Du und Thea", begann Lennox, "das ist etwas Besonderes". Zustimmend nickte Alea. "Wer weiß, vielleicht ist es in ein oder zwei Tagen soweit und ihr trefft euch endlich", träumte  Lennox vorsichtig. Da verschwand Aleas breites Lächeln auf einmal. "Was ist los?", fragte Lennox und drehte sich besorgt zu Alea um. Ihr Gesicht war plötzlich kreidebleich. "Hab ich etwas falsches gesagt?". Energisch schüttelte Alea den Kopf. Als ob sie sich fragen würde, wie Lennox auf die Idee käme, er wäre an ihrem Stimmungsumschwung Schuld. "Es ist nur... Der Gedanke, dass ich Thea bald wirklich treffe... Das macht mir irgendwie Angst". Lennox sah sie immer noch an und hörte aufmerksam zu. "Ich habe diesem Augenblick schon so lange entgegen gefiebert. Was wenn es nicht so wird wie ich es mir erträumt habe?". Bedrückt starrte sie auf den Boden. Lennox hult seine Hand an Aleas Gesicht und lenkte ihren Blick nach oben. Mit seinen warmen Augen durchbohrte er sie regelrecht,.

"Und was wenn es noch schöner als gedacht wird?", warf er sanft ein. Sie sah ihm an, dass er dies nicht nur sagte um sie aufzumuntern, sondern ernst meinte. "Du und Thea, irgendwas in meinem Körper sagt mir, dass ihr einfach zusammen gehört. Der Vorfall mit der Flaschenpost, das war kein glücklicher Zufall, sondern Schicksal. Sogar der Tasfar hat prophezeit, dass Thea dir bei der Wiederbelebung der Meere helfen wird". Zuversichtlich blickte er sie an. Sie bekam Gänsehaut. Er glaubte so fest an Aleas Schicksal, und obwohl er kein Optimist war, schien er dennoch davon überzeugt, dass alles gut werden würde. Doch weitere Sorgen plagten Alea. Sie zog ihre Beine an sich heran und umschlung diese mit ihren Armen. Ihren Kopf stützte sie auf ihre Knie ab.  "Und wie soll ich mich mit ihr verständigen", hörte sie sich fragen. "Wie meinst du das?", hakte Lennox nach. "Na, ich bin doch immer noch nicht besonders gut in Gebärdensprache", öffnete sie sich.

Als Alea und Anthea noch Babys waren und im Meer lebten, explodierte eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg neben ihnen. Alea trug keine Schäden von der Explosion, jedoch verlor ihre Schwester bei diesem Unfall ihr Gehör.  Ben brachte ihr zwar das ein oder andere auf Gebärdensprache bei, jedoch fühlte Alea sich bislang noch nicht besonders sicher.

"Ich kann dir doch helfen", schlug Lennox vor. Interessiert hob Alea eine Braue. Jetzt erinnerte sie sich! Als Lennox von Doktor Orion gefangen gehalten wurde, sprach er viel mit Hagen, einem Darkoner, oder auch Siegfried genannt. Er war der Maulwurf und stand auf ihrer Seite. Jedenfalls erzählte er Lennox von Anthea. Lennox lernte Gebärdensprache von ihm, um sich später mit ihr unterhalten zu können. So kam es, dass auch er gebärden konnte.

"Also bei mir sitzt auch nicht alles perfekt, aber vielleicht hilft es", schlug er bescheiden vor. Gerührt küsste Alea ihn. Lennox grinste verlegen, dann gebärdete er: "Ich dich auch", woraufhin Alea ihn in ihre Arme zog. Sie schmiegte sich fest an ihn und am liebsten hätte sie ihn nie wieder losgelassen. "Silberfadenvision", murmelte sie leise. Kurz genoss Lennox noch den schönen Augenblick, dann löste er sich aus der Umarmung und gebärdete etwas. Alea verstand es nicht auf anhieb, und so erklärte er es ihr. Sie übten noch mehrere Stunden. Zuerst die wichtigsten Wörter, dann ganze Sätze und schließlich Konversationen. Alea lernte schnell und es machte ihr Spaß die Handbewegungen zu üben. Manches klappte sofort, anderes nicht. Die Morgendämmerung brach an und so verlegten sie ihre Lernstunde auf ein anderes mal und versuchten noch ein paar Stunde Schlaf zu ergattern, denn morgen würden sie sich auf die Suche machen, auf die Suche nach Thea.

Alea Aquarius Band 7 (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt