Auf der Flucht

173 8 6
                                    

Wir haben die 14k reads erreicht!!
Hier ein weiteres Kapitel und viel Spaß beim Lesen ;)
--------

Aleas Körper wurde wiederholt gegen die Wände der Luke geschleudert und obwohl ihr alles weh tat, war es ihr noch nicht einmal vergönnt, sich vor Schmerzen zu krümmen. Die Falle, welche durch das Berühren des Silberumhangs einsetzte, verweigerte es ihr, sich zu bewegen.
Wie durch eine Wolldecke hörte sie Lennox im Hintergrund keuchen, während Thea immer wieder gegen Alea selbst geworfen wurde. Beide Mädchen waren zwar stark, allerdings sehr zierlich, weshalb sie der Strömung leicht zum Opfer fielen.

In dem kleinen Schacht war es dunkel, wodurch Alea jegliche Orientierung verlor. Ein entscheidendes Problem unter Wasser war, dass man sich auch über Kopf bewegen konnte, wodurch sich augenblicklich ein Schwindelgefühl in ihrer Magengrube bemerkbar machte. Sie wollte am liebsten nach Lennox rufen und seine Hand festhalten. Nicht weil sie sich hilflos fühlte, immerhin konnte sie auf sich selbst aufpassen. Jedoch machte sie sich Sorgen um ihn, da sie nicht wusste, ob er bei dem ganzen Gedrehe noch seine Sauerstoffflasche im Mund hatte. Bekam er noch ausreichend Luft? Hatte er eventuell Wasser geschluckt? Verkrampft versuchte sie nach ihm zu rufen. Da sie allerdings auch nicht ihren Kiefer bewegen konnte, war nur ein komisches Gekrake zu hören. Noch während sie sich darüber Gedanken machte, wurde sie erneut gegen die Wand geworfen. Offensichtlich befanden sie sich gerade in einer scharfen Kurve, schlussfolgerte Alea daraufhin. Es war naheliegend, dass sie inzwischen mehrere blaue Flecken haben musste, denn es tat ihr inzwischen jedes einzelne Glied weh.

Es dauerte nicht mehr lange, da hatte der Schacht sie wieder ausgespuckt, denn die Bande fand sich in einem neuen Raum wieder. Es war allerdings sehr warscheinlich, dass sie sich weiterhin im Nixenschloss befinden mussten, denn Alea erkannte die einzigartige Architektur sofort wieder. Dort gab es zwar keine Strömung, welche versuchte, sie einzusaugen, allerdings lauerten andere Gefahren auf sie.

Alea stierte reglos in das grelle Licht, welches ihr ins Gesicht schien. Nach dem dunklen Tunnel brauchten ihre Augen einen Moment, um sich an die neue Umgebung gewöhnen zu können.
"Steht auf!", hörte sie eine wütende Stimme zischen. Erst jetzt erkannte sie die muskulöse Silhouette, welche sich vor ihr breit gemacht hatte. Es war eine Nixe, die ihr Speer drohend auf die Jugendlichen gerichtet hatte. Um sie herum hatten sich weitere Gesellinnen von ihr versammelt. Alle waren bewaffnet.
Thea und Lennox fügten sich ihren Willen und richteten sich langsam auf. Einen Angriff zu starten wäre irrational gewesen. Immerhin konnte sich Alea nach wie vor nicht verteidigen und wäre ein zu leichtes Opfer gewesen. Sie musste diesen Umhang loswerden!

"Was ist mit dem Mädchen? Wieso bleibt sie liegen?", gellte eine weitere Nixe und kam Alea einen halben Meter näher, welche verkrampft über den Boden gleitete. Lennox schob sich ohne zu zögern zwischen die beiden. Nur weil er nicht kämpfen konnte, musste er nicht seine Beschützertriebe zurückschrauben.
"Meine Freundin kann sich nicht bewegen. Sie hält den Silberumhang in der Hand", bemerkte er mit einem unhöflichen Unterton. Die Nixe von vorhin betrachtete sie einen Moment.
"Schön zu sehen, dass die neuen Fallen ihre Wirkung zeigen", belächelte sie das Meermädchen mit einem Funke Schadenfreude.
"Na komm, Yara. Jetzt gib dem Bengel schon deinen Umhang", brummte die vierte Nixe aus der Ecke. Die unhöfliche Wächterin , Yara, legte ihr Gewandt ab und überreichte dieses Lennox. Dieser nahm Alea im Schutze des Stoffes den Silberumhang ab und packte ihn sorgfälltig im Gewandt ein. Gleichzeitig bemerkte Alea, dass Cassaras ein ähnliches Cape besaß. Gab es etwa wirklich einen Laden, welcher speziell solche Kleidung verkaufte, beziehungsweise verschenkte - immerhin hab es in deren Welt kein Geld -, wie Sammy es sich vorgestellt hatte?

Sie konnte sich nun endlich wieder bewegen und rollte steif ihre Schultern, welche sich inzwischen verspannt hatten. Da sie sich nun umsehen konnte, analysierte sie die Situation. Tatsächlich standen insgesamt 4 Nixen um sie herum. Jede war mit einem Speer bewaffnet, welches sie auf die Eindringlinge gerichtet hatten. Im Nahkampf waren diese sicherlich vorteilhafter, als Pfeil und Bogen.

Alea überlegte einen Moment und realisierte, dass sich ihr Geist klärte und war mit einem mal dem Privileg, ihre Gedanken und Gefühle beiseite schieben zu können, unendlich dankbar. Sie war endlich wieder im Elvarion-Modus. Ihr Gehirn arbeitete schnell und hatte im Nu einen Plan zusammen gewürfelt.
"Übergebt uns den Umhang und keine Dummheiten", befahl eine der Nixen mit Blick auf Lennox, welcher diesen eingewickelt in der Hand hielt. Er selbst sah zu Alea. Er erwartete Befehle von der Elvarion. Sie haderte nicht lange und gebärdete ihm ,wie auch Thea, die Zeichen für das Wort "Angriff". Dass die Bande Gebärdensprache gelernt hatte, war nicht nur hilfreich auf dem Schiff, sondern auch in Ausnahmesituationen, in denen es ihnen nicht gewährt war, offen ihre Pläne zu besprechen.

Lennox schien zu verstehen und ergriff gleich das Wort.
"Nein, wir wollen keine Probleme", lenkte er die Aufmerksamkeit gezielt auf sich selbst.
"Allerdings ist der richtige Weg nicht immer der einfache!", ergänzte er, bevor sich Alea schlagartig auf die Nixe vor sich stürzte. Niemand widmete ihr zu jenem Zeitpunkt besonders viel Aufmerksamkeit, weshalb der Angriff überraschend genug kam, um sich seine Vorteile daraus ziehen zu können. Das war das Startsignal und Thea, wie auch Lennox, begaben sich in einen Kampf mit den übrigen Nixen.

Als Erstes entwaffneten sie die Kriegerinnen, was größtenteils gut funktionierte. Alea entriss ihrer Kampfgegnerin den Speer, welchen sie auf ihr Knie einschlug und zu Bruch gehen ließ. Thea und Lennox taten es ihr gleich, wodurch eine geringe Chancengleichheit entstand. Während Lennox mit zwei Nixen gleichzeitig kämpfte, wobei ihn die Taucherausrüstung dabei sichtlich behinderte, knüpfte sich Thea alleine eine Wächterin vor. Sie hielt sich allerdings beim Kämpfen zurück. Vermutlich hatte sie Angst, wieder in einen Rausch zu verfallen. Alea hingegen musste all ihr Können einsetzen, um es mit der Nixe vor sich aufnehmen zu können. Nixen waren ausgebildete Kriegerinnen. Sie waren fürs Kämpfen gemacht und wussten ihre strammen Muskeln gut einzusetzen. Ihr war klar, dass es schwer werden würde, sich gegen alle vier Nixen gleichzeitig zu behaupten. Allerdings war das auch garnicht nötig! Sie mussten es nur schaffen, zu fliehen.

"Wir sollten zusehen, dass wir von hier weg kommen", schnaufte Alea auf Deutsch, während sie einem scharfen Schlag der Nixe auswich. Kurz darauf konterte sie mit einen gewagten Tritt in die Magengrube, was ihre Gegnerin für einen Moment aussetzen ließ.
"Du schwimmst zuert davon. Thea wird dir automatisch folgen", schlussfolgerte Lennox kurzerhand. Immerhin konnte ihr Zwilling die Unterhaltung nicht verfolgen und zum gebärden fehlte ihnen Zeit und freie Hände.

Gesagt, getan. Alea lenkte die Nixe mit einem weiteren Schlag ab, woraufhin sie sich in die Höhe gleiten ließ und wie ein geölter Blitz davon schwamm. Wie Lennox es vohergesagt hatte, tat es Thea ihr gleich. Ehe sie sich versah, befanden sich die Schwestern bereits auf der Flucht. Es dauerte einen Moment bis der Oblivion ihnen Folgen konnte, da er zum einen die Nixen zurückhalten musste, aber auch keine Schwimmhäute besaß und daher längst nicht so schnell wie ganzblutige Meermenschen war. Alea nahm sich die paar Sekunden Zeit zurück zu schwimmen, ihn bei der Hand zu nehmen und mit sich durchs Wasser zu ziehen. Sie reihte sich wieder an der Spitze der Schlange an und führte ihre Freunde, wie die Elvarion, die sie war, voran.

Im Hintergrund vernahm sie die Stimmen der Nixen, welche ihnen dicht auf dem Fersen waren. Aus Erfahrung wusste sie, dass Nixen deutlich schneller als Meermenschen waren. Sie konnten dementsprechend zwar nicht weglaufen, sich allerdings verstecken. Die Elvarion sah sich nach der nächst besten Türe um und blieb vor dieser stehen.
"Hier rein!", befahl sie in Anführerstimme. Sie konnte zwar nur vermuten, was sie im nächsten Raum erwarten würde, jedoch wusste das Königreich ohnehin bereits von den Eindringlingen. Sie wären also überall in Gefahr gewesen, egal wo sie sich aufhielten. Glücklicherweise stellte niemand lästige Fragen und fügten sich ihrem Willen. Sobald sie die Türe hinter sich geschlossen hatten, lauschte Lennox am Gestein.
"Die Wächterinnen sind an uns vorbei geschwommen", bestätigte er erleichtert.

"Dann habt ihr ja nochmal Glück gehabt", schmunzelte eine Stimme hinter ihnen. Der Unterton war spöttisch, als würde sich die Person verzweifelt das Lachen verkneifen und dennoch wütend. Alea traute sich kaum, sich umzudrehen und doch tat sie es ganz automatisch. Sie kannte die Stimme, denn der Klang ihrer Töne ließ alles in ihr erschaudern.

Vor ihr saß Mura.

Alea Aquarius Band 7 (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt