Tonstudio

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Auf leisen Sohlen betritt Paddy das Tonstudio des Schlosses. Selten war er ganz allein hier.
Jork war für ein paar Tage im Erzgebirge zum Skifahren und Paddy wollte die Gelegenheit nutzen, um an  ein paar Songs zu feilen.

Seitdem er und Emma sich näher kamen sprudelte es in seinem Kopf nur so vor Songideen.
Jedes Mal wenn er an sie dachte, während er Gitarre spielte, wanderten seinen Finger wie fremdgesteuert über die Saiten und entlockten ihnen die wunderschönsten Melodien.
Emma brachte sein Herz zum hüpfen und seine Wangen zum glühen.
Er konnte nicht mehr leugnen, dass er sich in sie verliebt hatte.
Ein Gefühl, das vor kurzem noch so weit weg für ihn erschien und welches sich nun unaufhörlich den Weg in seinen Körper bahnte.

Zuletzt verspürte er ähnliche Gefühle irgendwann vor der Klosterzeit und er hatte gar nicht mehr in Erinnerung,  wie wunderschön es sein kann.
Gerade als er sich mit geschlossen Augen über Kopfhörer ein paar neue Songfiles anhört, spürt er plötzlich eine Hand auf der Schulter und erschrickt.

Als er sich umdreht, schaut er in ein perfekt geschminktes Gesicht.
"Oh, entschuldige mich. Ich wollte dich nicht erschrecken."

"Rahel, hi..." Mehr kommt ihm in diesem Augenblick nicht über die Lippen.

"Warum parkst du dein Auto unten an der Landstraße und nicht hier auf dem Hof, willst du dich vor jemandem verstecken?"
Sie fixiert ihn aus zusammengekniffenen Augen.

"Ähm, nein. Ich wollte mir noch ein bisschen die Beine vertreten und der Weg hier hoch zum Schloss bot sich hervorragend für einen kleinen Spaziergang an."
Er versucht ihrem Blick auszuweichen, während er diese Lüge ausspricht.

"Ich versuche dich seit Tagen zu erreichen. Was ist los, Paddy?"
Ihre Worte klingen leicht vorwurfsvoll.
"Sorry, ich weiß. Ich hatte einfach viel um die Ohren."
Er spürt, dass ihm diese Situation von Sekunde zu Sekunde unangenehmer wird.
Gerade als er überlegt, wie er sich am schnellsten hier heraus manövrieren kann, macht Rahel einen Schritt auf ihn zu und setzt sich ohne Vorwarnung auf seinen Schoß.
Paddy erstarrt zu einer Salzsäule.
Er ist handlungsunfähig.
Die Gedanken in seinem Kopf rotieren.
Als Rahel sich schließlich nach vorn beugt um ihn zu küssen, reicht es ihm und er drückt sie von sich runter.
"Rahel, nein, lass das, bitte."

Sie schaut ihn aus entsetzten Augen an.
"Was soll das, Paddy?"

"Es geht nicht, wir können uns nicht mehr küssen."
Sein Atem geht schwer. Er hat keine Ahnung, wie er die Situation retten kann, ohne Rahel komplett vor den Kopf zu stoßen."

"Silvester konntest du mich aber noch verdammt gut küssen."
Sie macht einen Schritt auf ihn zu.

"Ich weiß, Rahel...und es tut mir leid, dass ich damit vielleicht Hoffnungen in dir geweckt habe, aber es war ein Fehler." Er schließt die Augen und greift sich an den Kopf, der sich anfühlt, als würde er jeden Augenblick zerspringen, so sehr toben die Gedanken darin umher.

"Ein Fehler?" Rahels Stimme wirkt auf einmal schriller.
"Dafür, dass es ein Fehler war, bist du aber ganz schön forsch unterwegs gewesen..."
Ihre Augen funkeln und bohren sich nahezu in Paddys Kopf.

"Ich weiß, aber es geht nicht wirklich." Er blickt auf und guckt sie entschuldigend an.

"Warum nicht, liegt es daran, dass ich hier wohne und du eventuell auch bald in die Kommune ziehst? Es gibt auch andere Paare, wo das ohne Probleme klappt. Schau dir Sarah und Steve an."
Sie versucht sanfter und verständnisvoller zu klingen, als noch vor wenigen Augenblicken.

"Nein, das ist es nicht." Paddy schüttelt den Kopf.
"Ich kann das einfach nicht."

Rahel setzt sich auf das alte Sofa, ohne ihren Blick von ihm abzuwenden.
"Kannst du, oder willst du es nicht?"

"Ich will es nicht." Kommt es leise über seine Lippen.
Rahel senkt den Blick zu Boden.
"Okay, das muss ich wohl akzeptieren. "
Ohne ihn nochmal eines Blickes zu würdigen steht sie auf und geht Richtung Tür.

"Rahel, es tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun."
Er steht auf und will auf sie zugehen.
Sie hebt beschwichtigend die Hand.
"Schon gut, Paddy. Gefühle kann man nicht erzwingen."
Bevor Paddy noch etwas hinzufügen kann, hat sie bereits das Tonstudio verlassen.

Wütend tritt er gegen den ausgebeulten Plastikmülleimer, so dass dieser umfällt und sich der ganze Inhalt im Tonstudio verteilt.
Paddy ist sauer auf sich und sein Verhalten.
Wie konnte er es Silvester nur so weit kommen lassen?
Rahel bedeutete ihm so überhaupt gar nichts. Sie wirkte auf ihn viel zu affektiert und oberflächlich.
Ganz anders als Emma. Sie war natürlich und zurückhaltend.
Und sie war die Frau, die sein Herz höher schlagen ließ.

Er war wütend darüber, dass er nicht nur Emma, sondern jetzt auch Rahel verletzt hatte.
Hätte er gleich mit offenen Karten gespielt und Emma seine Gefühle und Bedenken offenbart, wäre es nie so weit gekommen.

Emma erschrickt, als ihr Paddy die Tür öffnet und sie in sein blasses Gesicht schaut Sie folgt ihm in die Küche und lässt sich auf das große grüne Sofa fallen

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Emma erschrickt, als ihr Paddy die Tür öffnet und sie in sein blasses Gesicht schaut
Sie folgt ihm in die Küche und lässt sich auf das große grüne Sofa fallen.
"Was ist los?"

Er guckt sie aus traurigen Augen an.
"Ich habe Rahel getroffen."

"Wo?" entfährt es Emma unvermittelt.

"Im Studio. Ich wollte dort allein an ein paar Songs basteln, so lange Jork noch im Urlaub ist. Plötzlich stand sie hinter mir. Sie wollte wissen, warum sie mich nicht erreicht...und dann hat sie versucht mich zu küssen."

Emma springt vom Sofa auf, als sie das hört.
" Sie hat was...? Und was hast du gemacht?"
Sie geht auf Paddy zu.
"Ich habe sie abgewiesen und ihr zu verstehen gegeben, dass das mit ihr und mir nicht geht, was denkst du denn?"

Emma ist erleichtert als sie das hört.
Sie  nimmt seine Hände in ihre und umschließt sie ganz fest.
"Jetzt ist es raus, Paddy. Du hast die Fronten geklärt."

Er nickt.
"Da hast du Recht, aber ich habe sie verletzt Emma. Ich hasse es, Menschen zu verletzen und zu enttäuschen. Nichts liegt mir ferner."
Er seufzt.
"Weisst du, was ich im Kloster überhaupt nicht vermisst habe? Das hier! Diese zwischenmenschlichen Dramen, die einem das Leben nur unnötig erschweren."

"Ich weiß, aber sowas wirst du nie verhindern können."
Sie schlingt die Arme um seine Hüften und zwingt ihn ihr in die Augen zu sehen.
"Glaubst du, sie lässt es auf sich beruhen, oder wird das ganze noch ein Nachspiel haben?"

Er schüttelt den Kopf.
"Nein, das glaube ich nicht. Dafür ist sie zu stolz."

Emma hofft, dass er damit Recht behalten würde...

Von Allem Ein BisschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt