"Oh, Julia, Rahel...schön euch zu sehen."
Paddy springt auf und haucht beiden einen flüchtigen Kuss auf die Wange.Sie riechen nach einem süßlichem Parfüm, von dem sie definitiv zuviel aufgetragen haben.
Paddy kennt die beiden aus der Kommune. Sie sind Schwestern und vor einiger Zeit gemeinsam hierher gezogen.
Er hatte dunkel in Erinnerung, dass sie eigentlich aus einer kleinen Stadt in Brandenburg stammen.Er traf sie häufiger, wenn er hier auf dem Gelände unterwegs war.
Man unterhielt sich dann kurz über belangloses Zeug, bis jeder wieder seiner Wege ging.Vorallem Rahel hatte schon häufiger gefragt, ob man nichtmal was unternehmen könnte.
Paddy stand nicht der Sinn nach irgendwelchen Frauengeschichten hier in der Kommune. Immerhin stand noch die finale Entscheidung aus, ob er auch hierher zieht. Er hatte die Befürchtung, dass zu enger Frauenkontakt hier nur zu Problemen führen könnte.
Er schaffte es bisher immer erfolgreich einem Treffen aus dem Weg zu gehen. So langsam gingen im aber die Ausreden aus..."Julia und ich wollten gerade rüber zum Met-Stand, hättest du Lust uns zu begleiten?" Rahel schenkt ihm einen übertriebenen Augenaufschlag.
Paddy lässt seinen Blick in die Menge schweifen. Er kann Emma nicht entdecken und geht sowieso davon aus, dass sie noch eine Weile wegbleiben würde.
"Das kann ich gerne machen."Als Emma zum Glühweinstand zurück kommt ist von Paddy weit und breit nichts mehr zu sehen.
Vielleicht ist er nur kurz zur Toilette. Als er auch nach 10 Minuten nicht zurück ist, will sie zu ihrem Handy greifen und muss feststellen, dass sie es nicht dabei hat.Sie hatte es im Wohnzimmer zum Aufladen in die Steckdose gesteckt und anscheinend liegen lassen.
Emma ärgerte sich wahnsinnig darüber, als sie auf einmal eine Hand auf ihrer Schulter spürt."Joooork" sie nehmen sich herzlich in die Arme.
Jork gehörte definitiv zu ihrem engeren Freundeskreis. Jork war eigentlich ein Freund von Dave, doch seitdem Jork von Daves Aussetzern unter Alkoholeinfluss wusste, war die Freundschaft auf ein Minimum heruntergefahren."Bist du ganz allein hier?" Jork schaut Emma völlig ungläubig an.
"Nein, mit Paddy."Jork muss grinsen als er das hört.
"Soso, mit Paddy. Dein Nachbar redet ganz schön oft von dir."Emma spürt, wie ihr Wärme in den Kopf steigt.
"Ach tatsächlich? Hm, ich habe ihn nur irgendwie verloren und mein Handy nicht dabei. Würdest du mir deins leihen?""Emmchen, du weisst doch, wie ich mit den Dingern auf Kriegsfuß stehe. Ich habe meins irgendwo im Auto rumfliegen. Aber keine Angst, er wird schon wieder auftauchen." Er legt ihr beruhigend die Hand auf den Unterarm.
"Ich wollte mich jetzt erstmal um eine Portion von dem geräuchtern Lachs bemühen. Kommst du mit?"
Emma zögerte kurz, willigt dann doch ein. So groß war das Gelände nicht und Paddy würde sicher nicht ohne sie zurück fahren.
Sie ärgerte sich trotzdem, dass er nicht an Ort und Stelle geblieben ist.Während Jork seinen Lachs mit kleinen Schmatzgeräuschen vertilgt, nippt Emma an ihrem heißen Glühwein und lässt ihren Blick über den Schlosshof wandern.
Es war inzwischen gut gefüllt und sie hoffte Paddy in diesem Durcheinander irgendwie zu finden, als ihr Blick plötzlich gegenüber am Met-Stand hängen bleibt.Da saß er.
Ihr Herz rutschte ihr kurz in die Hose, denn er war nicht allein.
Er saß in der Mitte zwischen zwei Frauen. Sie schienen sich sehr gut zu unterhalten.
Immer wenn Paddy etwas sagte, warf die eine der beiden ihren Kopf übertrieben in den Nacken und ließ ihre großen Locken über die Schultern fallen. Ihr Lachen brachte strahlend weisse Zähne zu Tage.
Sie war schön...und sie war schlank, sehr schlank.
Ganz anders als Emma.
"Sanduhr...Sanduhr....Sanduhr..."
Die Worte hämmern wieder wie wild gegen ihre Schläfen.
Wie konnte sie nur hoffen, dass Paddy jemanden wie sie attraktiv finden würde, mit ordentlich Busen und einem breiten Becken, wenn er doch so eine Frau wie diese dort haben könnte, die zusammen mit ihm eine makellose und perfekte Einheit bilden würde?In ihr zog sich alles zusammen, als diese Schönheit auch noch anfing mit ihren spinnrigen Fingern wie zufällig Paddys Knie zu berühren.
Emma hatte genug gesehen.
Sie sprang auf und bahnte sich den Weg zu der kleinen Gruppe.Als sie dort ankommt, formen Paddys Lippen ein kleines Lächeln.
"Emma, da bist du ja."Die beiden Frauen mustern sie aus ihren perfekt geschminkten Augen.
"Paddy, ich fühle mich nicht so gut, wäre es okay, wenn wir noch kurz eine Runde über den Markt drehen und dann fahren?"
Paddy macht zum deutlichen Entsetzen der beiden Frauen keine Anstalten einen Einwand vorzubringen und springt sofort auf.
"Natürlich."
Emma sitzt auf dem Beifahrsitz, während die Straßenbeleuchtung ihr Gesicht hin und wieder erhellt.
Ihre Augen sind geschlossen.
Sie stellt sich schlafend.
Sie möchte nicht, dass Paddy irgendwas sagt, das sie sie nicht hören möchte.
Ihre Gedanken kreisen immer noch um die beiden Frauen.
Emma wusste zu wenig von Paddy, vielleicht gab es da ja jemandem für den sein Herz schlug.
Warum hatte sie diesen Gedanken bisher nie in Erwägung gezogen?Als sie Zuhause ankommen, gehen sie wortlos hintereinander die Treppen nach oben.
Emma spürte, wie ihr Herz schwer in ihrer Brust lag.
Sie musste wissen, was es mit diesen beiden Frauen auf sich hatte.
Als sie ihre Etage erreichen, dreht sich Emma um und schaut in Paddys verunsicherte Augen.
Erst jetzt wird ihr bewusst, wie doof sie sich die letzten Minuten aufgeführt hatte.Sie hatte Paddy mit ihrem Schweigen
und ihrer Ignoranz gestraft.
Der arme hatte doch keine Ahnung, was in Emma vor sich ging.
Im Grunde hatte er ja auch nichts falsch gemacht. Woher sollte er denn wissen, dass sich bei Emma alles in der Magengegend zusammenzog, wenn sie ihn mit anderen Frauen sah?Seine Augen wirkten hier im Treppenhaus fast schwarz und Emma hätte Stunden in ihnen versinken können.
"Wer waren eigentlich diese beiden Frauen ?" Emmas Herz klopft bis zum Hals, als sie das fragt.
Paddys Augen verengen sich zu kleinen Schlitzen und er schaut sie eindringlich an.
"Warum willst du das wissen?"Emma zuckt mit den Schultern.
"Och nur so, aus Interesse..."Er macht einen Schritt auf sie zu und steht nun direkt vor ihr.
Er nimmt ihre Hände in seine, ohne den Blick von ihr abzuwenden."Emma, glaub mir, das war niemand der wichtig ist..."
Ein Zucken durchfährt ihre Brust.
Das muss der große Felsbrocken sein, der gerade von ihrem Herzen gefallen ist.Ihre Lippen sind endlich wieder in der Lage ein Lächeln zu formen...
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Von Allem Ein Bisschen
FanfictionEmma wohnt mit ihrem Freund in einer wunderschönen Altbauwohnung in der Dresdner Neustadt. Nach außen scheint alles so perfekt. Eines Tages findet der neue Nachbar Emma in Tränen aufgelöst im Treppenhaus und die Fassade droht zu bröckeln...