Leise Worte dringen an Emmas Ohren. "Emmchen, hörst du mich?"
Vorsichtig öffnet sie ihre Augen und schaut in Paddys besorgtes Gesicht. Neben ihm hockt ein junger Mann in auffälliger Kleidung, die sie als die eines Rettungssanitäters identifiziert, nachdem sich der Schleier auf ihren Augen gelichtet hat. "Was ist los?", bringt sie flüsternd hervor. Paddy greift nach ihrer Hand und streicht sanft über ihren Handrücken,
"Das wüssten wir gern von dir. Hast du eine Ahnung wer..." Ehe Paddy den Satz beenden kann, drängt sich ein untersetzter Polizist an seine Seite, der ihn in einem sehr ausgeprägten sächsischen Dialekt unterbricht. "Nu machen se hier ma halblang junger Mann. Das Befragen ihrer Freundin überlassen se mal schön uns." Ächzend lässt er sich auf den Küchenstuhl neben Emma fallen. An Paddys Blick ist deutlich zu erkennen, wie es gerade in ihm brodelt."Frau Rosenthal, wissen sie, wer ihnen das angetan hat?" Er fixiert sie mit seinem Blick. "Was angetan?", Emma weiß überhaupt nicht, was sie in diese Situation gebracht hat.
"Also, jemand hat ihnen da ne kleine Beule verpasst." "Kleine Beule?" Paddy schnaubt verächtlich, als er das sagt. "Das ist ne ordentliche Platzwunde."
Der Polizist beugt sich nach vorn und tätschelt beruhigend Paddys Schulter. "Nu, sie müssen ihre Freundin ja nicht direkt überfordern. Ich denke, wir sollten uns langsam an den Tathergang herantasten."Paddy kneift die Augen zusammen und Emma kann deutlich erkennen, wie seine Ader am Hals pulsiert, während der Polizist sich wieder an sie gewandt hat.
"Ihr Freund sagt, dass er sie bewusstlos hier vorgefunden hat. Können sie das so bestätigen?" Emma zuckt mit den Schultern, "Wenn ich bewusstlos war, anscheinend nicht." "Aha...", der Polizist zückt ein kleines vergilbtes Büchlein aus seiner Brusttasche und kritzelt etwas hinein. "Hatten sie beide Streit miteinander?" Paddy reißt den Kopf herum und schaut den Polizisten böse an.
"Wie bitte, wollen sie sagen, dass ich ihr das angetan habe?" "Nun ja Herr Kelly, das möchte ich nicht unterstellen, aber ich muss prüfen, ob gegen ihre Freundin eine akute Bedrohung vorliegt und darf dabei nichts unbeantwortet lassen " Er schaut herausfordernd zu Paddy.Seine Hand schließt sich nun fest um Emmas, während sie sieht, dass er seinen Ober - und Unterkiefer fest aufeinander presst, um nicht die Fassung zu verlieren.
Der Polizist beugt sich nach vorn und greift auf den Boden, um etwas aufzuheben, was er Emma schließlich vor die Nase hält. "Können sie mir sagen, was es damit auf sich hat?"
Sie greift nach den Schnipseln in seiner Hand, die sich als Polaroids herausstellen. Auf den Bildern sind sie und Paddy zu erkennen, wie sie im Park auf der Bank sitzen und sich unterhalten. Jemand muss die Bilder aus der Ferne gemacht haben. Auf allen Bildern hat jemand Emmas Kopf fein säuberlich rausgeschnitten. "Keine Ahnung." So langsam kommen ihre Erinnerungen wieder. "Die lagen hier in der Wohnung, als ich nach Hause kam." Aufgeregt setzt sie sich auf. "Es muss jemand in meiner Abwesenheit hier gewesen sein." Paddy drückt ihr sanft auf die Schulter, "Langsam Emmchen, du solltest dich nicht so hastig bewegen." Kurz nachdem er es ausgesprochen hat, spürt sie auch schon, wie sie von einem gewaltigen Schwindel überrollt wird. Sie muss sich an den Kopf fassen und die Augen schließen. Der junge Rettungssanitäter, der die ganze Zeit irgendwas an Emmas Kopf gemacht hat, ergreift zum ersten Mal das Wort. "Ich denke auch, dass es zunächst das Beste ist, wenn sie erstmal mit uns ins Krankenhaus kommen und wir sie einmal ordentlich untersuchen, um Schlimmeres auszuschließen. Die genauere Befragung kann sicher an anderer Stelle fortgesetzt werden, oder sehe ich das falsch?" Er wirft dem Polizisten einen leicht vorwurfsvollen Blick zu."Nunu, klar, machen se das mal mein Guter. Alles andere hat erstmal Zeit." Er klappt sein vergilbtes Büchlein zusammen und steckt es zurück in seine Brusttasche. "Ich werde mich in den nächsten Tagen nochmal bei ihnen melden, Frau Rosenthal. Sollten sie vorab meine Hilfe benötigen, können sie sich selbstverständlich jederzeit an mich wenden." Er erhebt sich schnaubend vom Küchenstuhl und fingert aus seiner Gesäßtasche eine abgegriffene Visitenkarte, die er Emma schließlich in die Hand drückt, bevor er nach seiner Jacke auf dem Küchentisch greift und nach draußen geht.
"Ich begleite dich. Glaub bloß nicht, dass ich dich nochmal aus den Augen lasse." Paddy streicht ihr sanft über die Wange.
"Leben sie allein?" , der Arzt schaut Emma über den Rand seiner Nickelbrille an.
Sie nickt.
"Gut, dann würde ich sie gern vorsorglich heute Nacht zur Beobachtung hier behalten. Ich möchte nicht Gefahr laufen, sie eventuell mit einer ordentlichen Gehirnerschütterung ziehen zu lassen, wenn niemand bei ihnen ist, der ein Auge auf sie haben kann." "Ich werde die ganze Zeit bei ihr bleiben. Ich bin ihr Freund." Paddy legt schützend seine Hand auf ihre Schulter.
"Okay, dann spricht nichts dagegen, dass ich sie gehen lasse. Sollten sie jedoch merken, dass sich ihr Zustand drastisch verschlechtert oder die genähte Wunde Ärger machen, kommen sie bitte sofort wieder her." "Selbstverständlich." Emma spürt, wie sich der Druck von Paddys Hand auf ihrer Schulter verstärkt, während ihr Herz zaghaft anfängt zu flattern. Niemals hätte Dave so etwas für sie getan.
Als sie aus dem Behandlungszimmer treten bleibt Emma stehen und schaut ihn liebevoll an. "Danke.", kommt es wie ein kleiner zaghafter Atemstoß aus ihrem Mund. "Nicht dafür." Er lächelt ebenso liebevoll zurück. Vorsichtig umgreift er mit seinem Arm ihre Hüfte und zieht sie zu sich. "Ich werde dafür sorgen, dass dir niemals wieder jemand so etwas antut." Er lehnt seine Stirn an ihre und küsst sie kurz darauf zärtlich auf selbige, während sich ihr eben noch zaghaft flatterndes Herz in einen tosenden Wirbelsturm verwandelt.
Der Abend bricht bereits an, als Paddy seinen Wagen durch die Abenddämmerung lenkt. Fast den ganzen Tag haben sie im Krankenhaus verbracht. Die meiste Zeit davon mit Warten. Er spürt, wie sich die Müdigkeit anfängt bleiern über ihn zu legen. Doch er will sich nichts anmerken lassen. Er möchte für Emma da sein. Stark für sie sein. Außerdem will er endlich wissen, wer hinter all dem steckt. Erst die Botschaften auf den Zetteln und nun das Eindringen in Emmas absolute Privatsphäre. Er sieht dies nicht nur als Angriff gegen sie, sondern auch gegen sich und er wird alles daran setzen, den Verursacher von allem herauszufinden und ihn zur Rechenschaft zu ziehen.
"Glaubst du, die Person, die die Zettel an mich geschrieben hat ist auch die, die heute in meiner Wohnung war?" , reißt Emma in plötzlich aus seinen Gedanken.
"Ich gehe davon aus. Anders kann ich mir die Sache mit den Polaroids nicht erklären.
"Es tut mir leid, dass ich dich da mit rein ziehe." Sie schaut aus dem Fenster, während die Straßenlaternen leichte Schatten auf ihr Gesicht werfen.
"Glaubst du immer noch, dass Dave irgendwie dahinter steckt?", er wirft ihr einen kurzen Blick zu.
Emma zuckt mit den Achseln.
"Hör zu Emmchen, ich glaube, dass sich das alles gegen mich richtet und du nur Mittel zum Zweck bist." Er krallt sich am Lenkrad fest, während sein Blick starr auf die Straße gerichtet ist.
"Wie meinst du das? Glaubst du, dass mir jemand nur weh tut, um eigentlich dich damit zu verletzen ?", sie schaut ihn völlig irritiert an.
Paddy lenkt den Wagen in die Hofeinfahrt.
"Genau das glaube ich."
DU LIEST GERADE
Von Allem Ein Bisschen
FanfictionEmma wohnt mit ihrem Freund in einer wunderschönen Altbauwohnung in der Dresdner Neustadt. Nach außen scheint alles so perfekt. Eines Tages findet der neue Nachbar Emma in Tränen aufgelöst im Treppenhaus und die Fassade droht zu bröckeln...