Auf Wiedersehen

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„Ich kann nicht glauben, dass wir schon wieder heimmüssen! Du musst mir unbedingt schreiben. Und fragt deine Eltern, ob du mich im Sommer nicht besuchen kannst." „Werde ich, natürlich. Du hast ja so viel über dein Zuhause erzählt. Ich will es unbedingt kennenlernen. Es muss so toll sein."

„Vielleicht treffen wir uns ja beim Studieren wieder. Ich will auch unbedingt an die deutsche Zauberuni." „Das wäre so cool. Vielleicht können wir uns dann sogar eine Wohnung teilen. Wäre das nicht richtig cool?"

„Und du wirst mir auch ja treu bleiben, bis wir die Schule abschließen?" „Ja, Liebling, mach dir keine Sorgen. Ich werde dir auch immer schreiben und immer an dich denken."

Solche Gespräche sind überall im Schloss zu hören und Jay drückt sich immer wieder an Leuten vorbei, die sich mit Tränen in den Augen in den Armen liegen und sich voneinander verabschieden. Es sind nur noch zwei Stunden, bis die beiden Gastschulen wieder in ihre Länder zurückkehren. Jay ist mit keinem der Gastschüler so gut ausgekommen, dass er sagen könnte, sie sind Freunde oder um einen solchen Abschied zu provozieren.

Er und Cedric haben ein Picknick am See geplant und er ist auf dem Weg dahin. Doch die Schülermassen, die teilweise noch Geschenke oder ausgeliehene Dinge in den Händen haben, machen es ihm nicht unbedingt leicht aus dem Schloss zu kommen.

„Jay! Jay Malfoy! Warte bitte!" Jay bleibt stehen und dreht sich überrascht zu der Stimme um, die ihn ruft. Er erkennt einen der Schüler von Durmstrang, der sich zu ihm durchkämpft. Doch erst als er vor ihm steht, erkennt Jay Nataschas Bruder Victor. Der wirkt nicht ganz wohl in seiner Haut und reibt sich den Nacken, während er an Jay vorbeisieht.

„Ich wollte mich noch bei dir entschuldigen. Bei eurem Champion habe ich es bereits getan, auch wenn der meinte, es sei nicht so wichtig. Es ist nicht richtig, was wir getan haben. Oder eben eigentlich nicht getan haben. Wir wussten, dass sich Vladimir irgendwie komisch verhält, aber wir haben niemandem was gesagt. Und..."

„Ihr wusstet nicht, dass es in sowas enden würde. Ihr habt ja nicht nichts gesagt, damit er jemanden beinahe umbringt. Und dass sich jemand mal komisch verhält, dass kann immer passieren. Mach dir da deshalb mal keine Vorwürfe." unterbricht Jay Victor, doch der sieht noch immer verzweifelt aus.

„Nur weil wir nichts gesagt haben, wurde er nicht untersucht und euer Freund wurde beinahe getötet. Wir müssen uns entschuldigen, wir..."

„Tascha! Komm mal her und rück deinem Bruder den Kopf zurecht! Er versteht es einfach nicht, dass wir ihm keinen Vorwurf machen." Jay winkt Natascha zu ihnen, die eigentlich den Gang entlangeilt. Sie stoppt und kommt dann zu ihnen.

„Was hat er sich jetzt wieder eingeredet? Das Problem hat er ja immer schon. Sich irgendwelche dumme Dinge einzureden. Komm, erzähl mir was du dir wieder eingeredet hast. Und du, mach das du los kommst Jay. Du hattest doch was vor und bist sicher schon zu spät." Sie macht eine scheuchende Handbewegung und zieht ihren Bruder weg.

Einen Moment lang sieht Jay den Geschwistern nach, dann schüttelt er den Kopf und macht sich auf den Weg aus dem Schloss. Auf dem Gelände sind ebenfalls die Schüler in kleinen Gruppen unterwegs und immer wieder bricht jemand in Tränen aus, nur um der begleitenden Person um den Hals zu fallen.

Jay lässt sich davon nicht beirren, sondern eilt nur auf seinen Lieblingsort am See zu. Unter den langen Ästen der Weide liegt eine bunte Decke auf dem Gras, bunte Kissen darauf verteilt und Cedric sitzt mit Kissen im Rücken gegen den Stamm der Weide gelehnt. Seine Augen gleiten über den See, doch als Jay auf einen Ast tritt sieht Cedric sofort zu ihm. Sein Blick wird von nachdenklich zu seinem strahlenden Lächeln.

„Jay. Komm setz dich her." Jay lässt sich auf die Decke fallen und kuschelt sich an Cedric. In Stille lässt er seinen Blick über den See und die Landschaft wandern. Cedric legt einen Arm um Jays Bauch und das Kinn auf Jays Schulter. „So ein Trubel. Als gäbe es nicht die Möglichkeit von internationalen Portschlüsseln. Und spätestens seit der Quidditch-WM im Sommer sollte das doch auch allen bekannt sein."

„Aber es könnte doch sein, dass die Eltern es einem verbieten oder die neuen Freunde einen innerhalb der nächsten paar Tage bis zu den Sommerferien vergessen. Oder gar, dass eine Romeo und Julia Geschichte verboten wird." lacht Jay und legt in einer übertriebenen Geste den Unterarm übers Gesicht, während er sich nach hinten lehnt. Cedric bricht in heftiges Gelächter aus. Doch sein Atem wird schnell rasselnd und er fasst sich an die Brust.

Jay erstarrt einen Moment erschrocken, dann hilft er Cedric dabei sich vorzubeugen und reibt ihm Kreise auf den Rücken. Cedric hustet heftig und ringt nach Luft. Ein paar Momente überlegt Jay seinen Zauberstab zu ziehen, um auf sie aufmerksam zu machen, doch dann beruhigt sich Cedric. „Soll ich jemanden holen? Madam Pomfrey oder..."

Cedric legt eine Hand auf Jays Unterarm und schüttelt den Kopf. „Nein, es geht schon wieder. Gib mir nur bitte einen Becher mit Wasser."

„Aber... du bist noch verletzt und das klang gar nicht gut."

„Jay, es ist okay. Gib mir bitte einfach nur ein Glas Wasser und mach dir nicht immer so viele Sorgen. Ich weiß selbst sehr genau, ob es mir gut geht oder nicht. Und im Moment geht es mir ziemlich gut." Jay nickt widerwillig und schenkt Cedric ein Glas mit Wasser ein. Er drückt es ihm in die Hand, beobachtet ihn aber mit Adlersaugen, wie er daran sippt.

Langsam lässt Cedric den Becher sinken und sucht Jays Blick, den der Jüngere zunächst vermeidet. Doch Cedric stellt den Becher weg, fasst Jay am Kinn und bringt ihn dazu ihn anzusehen. „Jay. Schau mich an. Ich werde dir sagen, wenn mir etwas wehtut oder es mir schlecht geht. Ich habe meinen Körper in den letzten Tagen besser kennengelernt. Zumindest in medizinischer Hinsicht. Die Heiler haben mich durch den Fleischwolf gedreht, bevor sie mich haben gehen lassen. Und ich habe wirklich keine Lust wieder im Mungos zu landen, weil ich niemandem was gesagt habe."

„Aber du hast keine Luft bekommen. Irgendjemand sollte das wirklich überprüfen."

„Ich will aber viel lieber den Nachmittag mit meinem Boyfriend genießen, als in den Krankenflügel zu gehen und mich untersuchen zu lassen. Dann komme ich bestimmt wieder den gesamten Nachmittag da nicht weg und darauf habe ich ja wirklich keine Lust." Cedric schmollt und Jay zieht eine Augenbraue hoch.

„Das überzeugt mich nun nicht wirklich davon, dass ich dir mit deiner Gesundheit trauen kann." grummelt Jay und sieht zur Seite. Cedric lacht.

„Okay, Vorschlag. Wir genießen den Nachmittag und danach kannst du mich in den Krankenflügel bringen und dabei zu sehen, wie sie mich piesacken." Cedric klingt nicht begeistert, doch Jay lässt sich auf den Kompromiss ein und lehnt sich in die Kissen, während Cedric sein Wasser austrinkt. Ein Horn klingt über das Gelände und das Schiff Durmstrangs hisst die dunklen Segel.

Der einschüchternde Eindruck des Schiffes wird von den Schülern an Bord zunichte gemacht. Die hängen beinahe von der Reling und winken den Schülern von Hogwarts und Beauxbatons, die am Ufer des Sees stehen und ebenfalls wie wild winken. Das Schiff gleitet auf den See hinaus, bis es in einem Strudel versinkt.

Das wilde Wiehern alarmiert Jay für einen Moment, da er absolut nicht damit gerechnet hat, doch dann sieht er wie Hagrid die Palominos von Beauxbatons vor die gewaltige Kutsche spannt. Die Schüler fallen noch einmal tränenreich ihren Freunden von Hogwarts um den Hals, ehe sie in die Kutsche klettern. Madam Maxime verschwindet als letzte in der Kutsche und die Tür schließt sich hinter ihr.

Jay lacht, als er die Schüler beobachtet, die von der Kutsche und den Pferden weg eilen und dabei nicht sonderlich elegant aussehen. Die Pferde ziehen an und heben ab, unendlich viel erscheinende Hände winken der Kutsche nach, bis sie am Himmel immer kleiner wird.

Jay lehnt sich zurück, um zwischen den Zweigen in den Himmel zu starren. „Und damit geht ein ziemlich ereignisreiches Jahr vorbei. Ich hoffe wirklich, dass das nächste dann friedlicher wird."

Die neue Generation im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt