Kapitel 29

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Als ich langsam wieder zu mir komme, ist mir kalt. Ich bin klitsche nass und es ist dunkel. Stockfinster. Ich brauche einige Minuten, bis mir mit einmal wieder alles einfällt. Ich suche meine Tasche und mein Handy. Beides nicht da. Vermutlich bei den Mädels gelassen. Überlege, was ich machen soll. Die Mädels wissen nicht, wo ich bin, machen sich bestimmt riesige Sorgen. Wie spät ist es? Von wo bin ich gekommen? Wie lange bin ich gerannt? Wie komme ich hier raus? Ich weiß es nicht. Ich rappel mich auf, tränen fließen wieder, laufe langsam los. Tut alles weh. Ich laufe und laufe. Ich weiß nicht, wielange, weiß nicht wohin. Ich muss wohl schon stundenlang gelaufen sein, denn meine Füße schmerzen extrem, mir ist verdammt kalt und ich will nach Deutschland. Nach Hause. Licht, da vorne ist Licht. Ich gehe darauf zu. Eine Strassenlaterne. Kommt mir bekannt vor. Hier war ich schon mal. Doch wo lang nun? Ich weiß nicht. Alles leer, kann nicht denken, ausgebrannt, leere, völlige leere in mir. Ich gehe nach links. Die Gegend wird mit jedem schritt bekannter. So langsam weiß ich, wo ich bin. Ich gehe zu der Unterkunft der Jungs. Alles dunkel. Muss schon sehr spät sein. Ich klingel, ich klingel Sturm. Wie besessen, drücke ich die Klingel. Immer und immer wieder. Keiner macht auf. Keiner da. Feiern? Party? Ja genau das werden sie gerade machen. Oder geben sie ein Konzert? Ein Konzert vor tausenden kreischenden Teenies, Frauen, die die Jungs anhimmeln? Ich sack auf der Treppe zusammen. Bin erschöpft und müde, so müde. Will nur kurz ausruhen, dann in meine Unterkunft, denke ich noch, dann bin ich eingeschlafen. "Tessa. Hey süsse. Komm, du musst wach werden. Tessa, bitte mach die Augen auf" höre ich von irgendwo her, doch ich will nicht. Müde, schlafen, das will ich und gleite wieder weg. Jemand stößt mich an, versucht mich wach zu rütteln.Geht weg, lasst mich schlafen, denke ich. Versuche zu reden, doch kein Wort kommt über meine Lippen. Augen aufmachen, ja das muss ich. Geht nicht. Zu schwer, zu müde, zu erschöpft und leer. Jemand hebt mich hoch, trägt mich weg. Doch wohin weiß ich nicht. Aber es ist warm, schön warm, trocken, gefällt mir. Werd auf was weiches gelegt. Angenehm, endlich weiter schlafen. Jemand fummelt an meine sachen rum. Werde ausgezogen. Will mich wehren, doch meine Arme gehorchen mir nicht. Jemand zieht mir was trockenes über, fühle eine Decke, die man auf mich legt. Warm, schön warm und bin wieder weggetreten. Merke nicht, was um mich herum passiert. Schlafe, schlafe lange. träume nichts. Höre immer wieder Stimmen, oder bilde ich mir das ein? Wird geflüstert, höre eine Tür. Schlafen, immer weiter schlafen. Irgendwann gehen meine Augen auf. Ich werde angeschaut. Hübsche braune Augen schauen mich an.


"Tessa? Tessa, bist du wach? Kannst du mich hören? Ich bins, Jessi" sagt irgendjemand.

Jessi? Sagt mir was. Schlafe weiter. Werde wieder wach. Diesmal kein leichter Schleier vor meinen Augen. Jessi, da sitzt Jessi auf dem Bett und lächelt mir zu.


"Na du Schlafmütze. Wie gehts dir?" fragte sie.


"Müde, so müde. Durst" flüster ich ihr zu. Sie reicht mir ein Glas. Hält es fest und hebt mit ihrer Hand meinen Kopf leicht an, damit ich was trinken kann.


"Du hast fast 2 Tage geschlafen. Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht" erzählte sie traurig.


"Was ist passiert?" murmel ich.


"Du warst vom Regen total durchnässt, hast auf den Stufen draussen vorm Haus gelegen und hohes Fieber gehabt. Wir haben dich stundenlang gesucht." erzählt sie, "Wir alle haben dich gesucht" setzte sie leise hinzu.

Und da fällt es mir wieder ein. Samu, Samu Sänger von Sunrise Avenue. Wieder diese leere und gleichzeitig dieser Schmerz. Tränen, die über mein heißes Gesicht laufen. Sie kühlen etwas, doch gleichzeitig brennen sie. Jessi legt sich wortlos neben mich, nahm mich fest in den Arm und streichelte mir über den Kopf. Schlafe wieder ein, wieder wach. Immer das gleiche. Jessi streichelt mich immer noch und hielt mich fest im Arm. Bin dankbar. Sie ist hier, ich brauche sie.

"Es tut so weh" flüster ich ihr zu.

"Ich weiß, meine süsse, ich weiß" flüstert sie traurig zurück und auch bei ihr laufen jetzt die Tränen.

Da macht es klick. Riku. Riku hat sie ebenfalls verletzt und angelogen. Nun weinten wir beide.

"Es tut mir so leid, Jessi, so wahnsinnig leid" schluchzte ich in ihre Schulter.

"Du kannst doch nichts dafür, süsse, du nicht" meinte sie.


Nach 2 Tagen geht es mir etwas besser und ich kann schon wieder aufstehen. Jessi ist nicht von meiner Seite gewichen. Auch Anne und Kim waren oft bei mir. Doch er, er war nicht hier, kam nicht vorbei und meldete sich nicht. Gut so, will ihn nicht sehen. Nie wieder. Gehe duschen und genieße das heiße Wasser auf meinem Körper, ließ es ewig laufen. Nach dem Duschen schaute ich in den Spiegel und erschrack. Mein Gesicht war eingefallen. Voll von dunklen Schatten. Erkannte mich kaum wieder und drehte mich weg. Will sie nicht sehen, das fremde Mädchen. Es gehört nicht zu mir. Lasse sie im Spiegel zurück. Gehe in den Flur, will ins Wohnzimmer. Höre Stimmen. Lausche.


"Sollen wir es ihr sagen?" fragte Anne?


"Ich halte das für keine gute Idee" meinte Jessi.


"Sie sollte es aber wissen, ihr Handy steht nicht mehr still und ich kann ihn kaum noch abwimmeln" meinte Kim.


"Was sollte ich wissen?" fragte ich da. Sie schauten sich schweigend an. Sahen mich an. Drucksen herum.


"Samu ruft ununterbrochen hier an, schreibt hunderte Nachrichten. Er möchte dich sehen. Möchte wissen, wie es dir geht. Möchte es dir erklären. Ihm gehts nicht gut." erklärte Kim mir.


"Ihm gehts nicht gut? Ihm? Mein Herz ist in zwei teile gebrochen und er ist für mich gestorben. Er hat mich angelogen, eiskalt angelogen. Wochenlang. Hintergangen und verarscht und ihm geht es nicht gut? Wenn er das nächste mal anruft, kannst du ihm gerne ausrichten, das er für mich gestorben ist. Er wird mich nie wieder sehen. Nie wieder mit mir reden. Und wenn er nicht meine Nummer löscht, werde ich mir eine neue besorgen." sagte ich in einem ruhigem Ton und ging in mein Zimmer zurück. Dort fiel ich ins Bett und die Tränen flossen wieder. Konnte sie nicht aufhalten. Will nicht weinen, nicht wegen ihm. Es klopft. Jessi kommt rein, legt sich neben mich, versucht mich zu trösten, dabei brauch sie selber Trost. Strahlt eine ruhe aus, die ansteckend ist. Beruhige mich.

Never aloneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt