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Fallons P.o.V.

Ich stieg die großen Treppen unserer Eingangshalle runter und lief direkt ins Esszimmer. Mein Vater saß bereits an einem der Kopfenden und nahm das Abendessen zu sich ohne seiner einzigen Tochter Bescheid zu geben. Nett.
Die Atmosphäre schien angespannt, aber wann war sie es schon nicht? Es gab immer etwas, dass ich in seinem Augen falsch gemacht hatte, deshalb würde es mich nicht überraschen, wenn ich heute wieder eine seiner Predigten zu Ohren bekommen würde.
Ich nahm am anderen Ende des riesigen Tisches Platz. Eine Bedienstete war so freundlich und brachte mir das Essen, das mein Vater bereits verspeiste. Ich lächelte ihr dankend zu, dann ließ sie mich mit meinem einzigen Elternteil alleine. Mein Vater sah auf und betrachtete mich von oben bis unten. Manchmal fragte ich mich, ob er so vermutlich meine Mutter angesehen hatte, denn sein Blick zeigte keinerlei Enttäuschung, sondern eher sowas wie Neugierde.
"Wo warst du solange?" Seine Stimme klang nicht verärgert, eher besorgt, was mich verwunderte.
"Ich habe mich frisch gemacht", erzählte ich und begann ebenfalls zu essen. Wenn keiner sprach, war der Raum erfüllt von einer bedrückenden Stille, die mich fast umbrachte. Trotzdem schaffte es keiner von uns die Ruhe zz durchbrechen.
"Nicht, weil du etwas vor mir verbergen möchtest?" Es war eine Frage, die er mir stellte, doch wir beide kannten bereits die Antwort. Ich blieb still und senkte den Blick auf meinen gut gefüllten Teller.
"Wie war das Training heute?", fragte er nach und ich hielt beim Kauen inne. Seine nächste Frage lag ihm bereits auf der Zunge. Ich atmete tief aus und versuchte nicht genervt zu klingen.
"Gut, ich habe heute Cory eingewiesen. Sie macht sich nicht schlecht. Aus ihr wir sicherlich eine gute Kämpferin."
Mein Vater beobachtete mich, während ich ihm Bericht erstattete. "Was ist heute passiert?", fragte er schließlich nach und ich seufzte. Ich nahm einen großen Schluck von meinem Glas, da meine Kehle plötzlich ganz trocken war.
"Ich bin mir sicher, dass deine Lakaien dir bereits alle Details ausführlich wiedergeben konnten", entgegnete ich und er kniff kurz die Augen zusammen. Das tat er immer, wenn er herausfinden wollte, ob ich noch mehr vor ihm verheimlichte. Ich hielt seinem Blick jedoch so lange Stand bis er selber wegschaute.
"Ich möchte es aber von dir wissen", meinte er und ich sank tiefer in den Stuhl. "Ich habe Cory eingewiesen, ich habe ihr erklärt, wer wer ist und vor wem sie Abstand halten sollte." "Und?", fragte er nach.
"Und was?"
"Du lässt ein kleines, aber entscheidendes Detail aus, nicht wahr, Fallon?"
Ich seufzte abermlas und kaute auf meiner Unterlippe herum. "Harvey DeLaurant hat mich attackiert." "Harvey DeLaurant?"
Ich nickte und sah ihm endlich wieder in die Augen.
"Wieso hat er dich attackiert?"
Die Frage war hoffentlich nicht ernstgemeint, obwohl sein Gesichtsausdruck etwas anderes sagte. "Weil er ein verdammtes Arschloch ist!", rief ich auf und warf meine Arme in die Höhe.
"Fallon!" Sein Tonfall war harsch, soadss ich verstummte. "Weil ...", mit fiel keine passendere Erklärung ein, als die, die ich ihm bereits gegeben hatte,"... ich weiß es nicht."
"Du weißt es nicht, oder du willst nicht zugeben, dass du ihn provoziert hast?"
Sein Blick versuchte mich zu durchdringen, aber ich zog meine Mauern hoch. "Auf wessen Seite stehst du überhaupt?", fragte ich scharf nach und er ermante mich abermals, was mich wie so oft kalt ließ.
"Ich stehe auf gar keiner Seite, weil es nämlich keine Seiten mehr geben sollte. Aber du und deine Konkurrenten hegen eine Feindschaft, die anscheinend Seiten wieder hervorbringen. Seiten, die wir beiseite geschoben hatte, erinnerst du dich?"
Ich lachte ironisch auf und schüttelte den Kopf. "Merkst du denn nicht, dass sie diejenigen sind, die diese Feindschaft immer noch aufrecht erhalten wollen?"
Mein Vater warf mir diesen einen bestimmten Blick zu, der mir zeigte, dass er bis ins Tiefste enttäuscht von mir war - schon wieder. Ich kämpfte mit den Tränen, denn egal, was ich ihm sagen konnte, er würde mich nicht verstehen. Er wollte mich auch nicht verstehen. Sein Interesse galt nur der Wiederherstellung des Friedens zwischen unseren Familien und der richtige Umgang mit den DeLaurants.
"Wann ist das letzte mal gewesen, als du mich gefagt hast, wie es mir geht, hm?" Ich sah ihn durch einen Tränenschleier an. Er war ganz verschwommen, doch aus mir sprach gerade eine Wut, die ich nicht bändigen konnte. "Wann hast du mich zuletzt gefragt, ob ich verletzt bin? Oder mir jemand etwas getan hat, hm?" Ich konnte nur erahnen welchen Blick er mir jetzt zu werfen konnte. Vermutlich schaute er mir nicht einmal ins Gesicht, so wie ein verdammter Feigling.
"Ich helfe dir auf die Sprünge: Es ist eine Ewigkeit her", flüsterte ich und wischte mir Tränen aus dem Gesicht.
Es war auch eine Ewigkeit her, dass ich vor ihm geweint hatte. Eigentlich schaffte ich es immer rechtzeitig in mein Zimmer, wo er mir nur selten einen Besuch abstattete. Er lebte im Ost- und ich im Westflügel - selbst räumlich waren wir so weit von einander getrennt wie nur möglich. Nach einer langen Pause räusperte er sich, er hielt den Blick gesenkt.
"Nun, bist du verletzt?", fragte er nach und ich schnaubte. Es hätte mich nicht wundern sollen, dass mein Vater selbst in diesem Moment nicht empathisch sein konnte.
"Ja", entgegnete ich heiser und stand auf. "Ich bin verletzt, aber nicht wegen Harvey. Sondern wegen dir, verdammt." Ich drehte mich auf meinen Fersen in die entgegengesetzte Richtung und rannte aus dem Zimmer. Ich konnte nicht einmal etwas gegen meine Tränen tun. Sie liefen ohne Barriere und kämpften sich einen Weg auf meinen Wangen frei.
Unsere Streitereien endeten immer so: Ich hatte etwas verbrochen, dass gegen die Regeln war; er konfrontierte mich dabei und ich versuche mich zu rechfertigen; er sieht mich enttäuscht an, sieht dabei keinen meiner Verteidigungen ein, sodass ich Tränenberstickt den Raum verlasse. Es war wie eine Endlosschleife, die sich immer wieder wiederholte. Aber was konnte ich auch anderes tun? Mein Vater würde sich nie ändern, niemals, weil er ein genauso größer Egoist war wie jeder einzelne DeLaurant.
Ich lief die Treppen hinauf und bog nach rechts ab. Am Ende des Ganges wandte ich mich nach links in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett nieder. Ich wollte ja gar nicht weinen, es zeigte meinem Vater, wie schwach ich war, aber ich konnte nicht anders. Immer, wenn ich versuchte, das Richtige zu tun, machte ich etwas falsch. Es klopfte an der Tür und als Alice herein trat, lächelte ich sie verweint an. "Oh, Miss Fallon", flüsterte sie und lief zu mir rüber. Sie stellte ein Tablett mit Suppe auf meiner Nachtischkommode ab und setzte sich auf die Kante meines großen Bettes.
"Hast du's gehört?", fragte ich sie und sie nickte. Ich atmete tief aus und rollte mich auf meinen Rücken. "Die ganze Bedienerschaft hat von Ihrem Streit Wind bekommen", fügte sie und ich lachte. "Wenigstens haben Sie jetzt etwas zum lästern", wandte ich ein und sie schnappte nach Luft.
"Ich verbiete Ihnen, so pessimistisch zu sein." Ich lachte wieder und wischte mir die Tränen weg.
"Danke", flüsterte ich und sah sie an. Alice lehnte sich ein Stück zu mir runter und legte den Kopf schräg. "Miss?" Ich atmete aus und betrachtete ihr Gesicht. Ihre Haut schien etwas fahl und die Falten um ihre Augenpartie schienen sich zu häufen, einige hatte sicherlich ich zu verantworten. "Dafür, dass du da bist."
Alice lächelte mich an und nickte. Nach einer kurzen Pause räusperte ich mich. "Alice?"
"Ja, Miss?"
"Du musst mir einen Gefallen tun." Sie runzelte die Stirn und ich hob die Mundwinkel. Es gab nicht viel, was Alice hatte, dass ich nicht haben konnte, aber eine Sache war sicherlich die Beziehung innerhalb der Bedienerschaft. "Du musst für mich die Wachen bestechen."

Forbidden loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt