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Fallons P.o.V.

Es fühlte sich komisch an. Neben dem Mann zu sitzen, der mich zumindest Anfangs abgrundtief hasste. Im Wagen herrschte eine bedrückende Stille, die noch nicht einmal Taylor Swift und ihr neuer Song wettmachen konnte. Um ehrlich zu sein traute ich mich auch nicht etwas zu sagen, denn worüber hätten GregorDeLaurant und Fallon Cunnigham sich auch großartiges unterhalten können, außer über ihre einzige Gemeinsamkeit, über Cayden?
Ich traute mich noch nicht einmal, ihn anzusehen, denn auch wenn er scheinbar eine andere, sympathische Seite von sich zur Zeit offenbarte, hatte ich immer noch ein gutes Maß an Respekt vor ihm und seinem Auftreten.
Auch wenn die Fahrt von unserem Anwesen zu dem der DeLaurants keine zehn Minuten zu Fuß dauerte, bestand Gregor DeLaurant darauf, den Wagen zu benutzen. Und so verfielen wir in ein endloses sechsminütiges Schweigen, das mir so unangenehm war, dass ich auf meinem Sitzplatz wie ein kleines Kind hin und her zappelte. Vielleicht war es nicht nur die Anwesenheit meines Sitznachbarn, welche mich nervös machte, sondern auch die von Cayden. Er befand sich zwar physisch nicht im Auto, doch mit jedem Meter, dem ich ihm näher kam, konnte ich meine Aufregung nicht überspielen. Ich hatte nicht damit gerechnet, ihn sofort wiedersehen zu dürfen, denn immerhin wussten jetzt alle möglichen Menschen, die auch nur im Entferntesten etwas mit den Cunnighams oder den DeLaurants zu tun hatten, darüber Bescheid, dass Cayden und ich offenbar ein engeres Verhältnis zueinander pflegten, als es den Anschein hatte. Nicht, dass mich das in irgendeiner Weise interessieren würde, denn auf die Meinung Außenstehender lag mir nicht besonders viel, doch es wäre eine Lüge zu behaupten, dass die Anwesenheit der nächsten Familienmitglieder unsere beiden Familien mich nicht etwas unsicher machte.
Die Feindschaft hatte einen tief sitzenden Ursprung, und auch wenn alle daraufhin arbeiteten, ein normales Verhältnis zwischen einem Cunnigham und einem DeLaurant aufzubauen, lag trotzdem eine gewisse Anspannungim Raum. Es wäre sehr dumm zu denken, dass trotz der langen Zeit, die bereits vergangen war, wir gerne zusammen speisten oder miteinander Zeit verbrachten. Im Anwesen der DeLaurants würde ich auf alle Personen treffen, die eine grundlose Abneigung gegen mich und meinen bloßen Familiennamen empfanden, angefangen von Caydens Eltern bis hin zu seiner besten Freundin, der ich besonders ein Dorn in Auge war. Nicht auszudenken, wie wehrlos und entblößt ich vor ihnen stehen würde und ihre vernichtenden, abwertenden Blicke ertragen musste. Auch wenn es jetzt darum ging, Cayden zu besuchen, schloss das eine das andere nun einmal nicht aus.
Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam, als ich das hohe Gebäude der DeLaurants durch das Fenster betrachtete, war sofort wieder umzudrehen und mich zu verkriechen.
Das war eine dumme Idee, dumm, dumm, dumm ...
Vielleicht hätte ich warten sollen, bis Gras über die ganze Sache gewachsen wäre, doch das würde vermutlich Jahre dauern. Es gab keine Situation, die ein noch größeres Gesprächsthema bei den Leuten wecken könnte, wie eine romantische Beziehung zwischen einem DeLaurant und einer Cunnigham. Wenn ich Glück hatte, gab irgendein hohes Tier in unserer Branche seinen Posten auf, weil er seine gepuderte Koksnase nicht bei sich behalten konnte und sich nebenbei noch eine weitere Karriere in einem weiteren illegalen Geschäftszweig aufbaute. Aber das war in näherer Aussicht wohl kaum erreichbar.
Die Tür wurde mir von einem Herrn in Schwarz geöffnet, dabei bemerkte ich den kurzen verurteilenden Blick auf mir. Jep, das würde eine ganze Weile dauern...
Caydens Vater stieg von der anderen Seite aus und schloss dabei elegant einen Knopf seiner edlen Jacke. Als er kurz neben mir stehen blieb, warf er mir einen undefinierbaren Blick zu. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich dabei fühlen sollte, die gesamte DeLaurant-Familie in Caydens Zimmer anzutreffen, aber ich versuchte diesen Gedanken sofort beiseite zuschieben.
Gregor DeLaurant lief mir voraus, er passierte den riesigen Eingang, weiter die Treppe nach oben und schließlich bis zu der hohen weißen Tür, die in Caydens Zimmer führte.
Automatisch schlug mein Herz zwei Frequenzen schneller. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, doch innerlich war ich aufgewühlter denn. Natürlich war ich Caydens Familie schon oft begegnet, öfter als mir lieb war, allerdings unter völlig anderen Umständen. Sie empfanden eine Abneigung gegenüber uns, genauso wie wir gegenüber ihnen, und das würde mit Sicherheit nicht einfach durch diesen Vorfall gelöst worden sein. Ganz im Gegenteil, ich glaubte sogar, dass die DeLaurants meine Familie und ganz besonders mich dafür verantwortlich machten, was mit einem ihrer Mitglieder passiert war. Diese Vorwürfe konnte ich keineswegs abstreiten, denn irgendwo war ich wirklich Schuld an dem ganzen Schlammassel. Klar, ich hatte Cayden nicht so zugerichtet oder den Schuss abgefeuert, der ihn hatte schwer verletzt, allerdings wäre es ohne mich niemals so weit gekommen. Cayden würde es blenden gehen und unsere Familien würden sich weiterhin heimlich hassen.
Doch es war nun einmal alles etwas anders, als erwartet, deswegen war die Zukunft zwischen den DeLaurants und den Cunnighamsnoch unsicherer als zuvor. Ich hoffte wirklich, dass ich es durch meine Entscheidungen nicht noch viel schlimmer gemacht hatte.
Caydens Vater trat einen Schritt zurück und ließ mir damit den Vortritt. Kurz schwenkte mein Blick in sein Gesicht, doch ich konnte keinerlei Emotionen aus ihm lesen. Gregor DeLaurant war und ist ein Mysterium für sich.
Ich wandte mich wieder der Tür zu und starrte auf den Türknauf, den ich nur zu gut kannte. Vorsichtig streckte ich die Hand danach aus, doch etwas ließ mich innehalten.
Was war, wenn Cayden mich gar nicht sehen wollte? Was war, wenn er wegen seiner Verletzungen nie wieder etwas mit mir zu tun haben wollte?
Natürlich erinnerte ich mich an jedes einzelne Wort, was, kurz bevor er von den Sanitätern abgeführt wurde, wir miteinander gewechselt haben. Er hatte sich für alles entschuldigt, er hatte mir alles erklärt, und ich hatte ihm deswegen verziehen, und doch ... vielleicht waren diese Worte nur das, was ich unbedingt hören wollte, weil ich mir nicht sicher sein konnte, wie Cayden seine Verletzungen überstehen würde.
Ich schüttelte den Kopf und griff nach der Klinke. Ich musste ihn einfach sehen, ich musste wissen, wie es ihm ging.
Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen und alle Köpfe im Raum schwankten in meine Richtung. Am liebsten wäre ich vor Scharm im Boden versunken, denn plötzlich erschien mir die Idee, Cayden sofort zu besuchen, nicht mehr so toll.
Ich fühlte jedes einzelne Augenpaar auf mir: die seiner Brüder, die mich forsch aber nicht abweisend betrachteten; das seiner Mutter, deren gerötete Augen mich überrascht ansahen; die seiner näheren Verwandtschaft, die mich wie erwartete mit einem misstrauischem Blick verurteilten; das von Harvey, der nicht allzu verwundert über meine Anwesenheit war; selbst das seiner besten Freundin, deren undefinierbaren Emotionen mir nicht verrieten, was sie über meine Ankunft dachte.
All diese Blicke spürte ich auf meiner Haut, sie versuchten mich fast zu durchbohren, doch ein Augenpaar nahm ich nicht wahr. Und zwar das von Cayden selbst.
Als ich nach und nach durch das Zimmer blickte, erkannte ich auch, wieso. Seine Familie versperrte mir mehr oder weniger die Sicht auf ihn, so als hätten sie geahnt, dass ich kommen würde.
Ich senkte den Kopf. Tatsächlich hatte ich mich nicht gefragt, wieso Gregor DeLaurant mir angeboten hatte, Cayden besuchen zu dürfen. Vielleicht um mich der Demütigung und dem Scharm auszusetzen, den ich genau in dieser Sekunde fühlte, vielleicht wollte er mir aber auch die Chance geben, mich persönlich von Caydens Zustand zu informieren. Er war immerhin derjenige, der als Einziger wirklich mitbekommen hatte, wie Cayden und ich miteinander umgingen. Möglich, dass das in ihm etwas ausgelöst hatte, und das obwohl ich dachte, dass Gregor DeLaurant kein Herz besaß.
„Geh'", raunte mir eine männliche Stimme von hinten in mein Ohr, die Caydens nicht ähnlicher hätte sein können.
Ich schluckte meine Angst hinunter und hob den Blick wieder. Vorsichtig setzte ich einen Schritt nach dem Nächsten in Richtung Bett, wo ich bereits Cayden Beine entdecken konnte.
Ich versuchte, nichts zu provozieren, sondern mich einfach ihrer entehrenden Blicke zu ergeben, allerdings hatte auch ich noch meinen Stolz. Ich glaubte kaum, dass sie alle Cayden auch nur im Entferntesten so gut kannten wie ich es tat, deswegen hatte ich irgendwo das Recht, ihn wenigstens sehen zu dürfen.
Plötzlich stellte sich Harvey mir in den Weg. Seine Augen wanderten mein Gesicht ab, doch ich konnte keinerlei Hass in ihnen sehen, was mich um ehrlich zu sein verwunderte. Harvey war der DeLaurant, der meine Familie und mich mit am meisten verabscheute, aber diesen Zorn konnte ich nirgendswo entdecken. Tatsächlich glaubte ich eher, so etwas wie Verständnis und Akzeptanz aus seinem Blick lesen zu können.
Noch bevor ich mir ein klareres Bild über seine Gedanken machen könnte, trat er zur Seite und ließ mich einen meiner letzten Schritte machen.
Doch bevor ich Cayden endlich sehen konnte, war es Lexi, die mir den Zugang verweigerte. Sie erhob sich langsam von der Bettkante, dabei verließen ihre Augen für keine Sekunde mein Gesicht. Ich hatte sie seitdem Vorfall an der Bar nicht wiedergesehen, doch dafür konnte ich mich noch bestens an ihren aufgelösten Blick erinnern. Sie litt, und zwar meinetwegen. Ich würde ihr es also nicht verübeln, wenn sie mich eigenhändig aus dem Zimmer schleifen würde, doch entgegen meinen Erwartungen trat auch sie einen Schritt zur Seite.
Und dann sah ich ihn endlich, Cayden, wie er etwas abgeschlagen und doch quick lebendig auf seiner dunklen Bettwäsche lag.
Er wirkte etwas träge, doch als er mich sah, wandelte sich das sofort. Er schien überraschter als alle anderen, mich hier zu sehen. Ich konnte ihn gut verstehen, ich hatte auch angenommen, dass wir für eine unbestimmte Zeit keinen Kontakt mehr zueinander haben würden. Und jetzt stand ich völlig unerwartet vor ihm und seiner gesamten Familie.
Er versuchte sich sofort, etwas aufzusetzen, wobei er darauf achtete, keine hastigen Bewegungen zu machen.
Ich stand derweil einfach nur da und starrte ihn an, ich konnte noch nicht einmal etwas sagen. Es war nicht so, dass ich den Aussagen von Gregor DeLaurant über den mittlerweile stabilen Zustand seines Sohnes nicht geglaubt hätte, doch Cayden in Wirklichkeit sehen zu können, war noch einmal etwas anderes. Er sah furchtbar aus, dieselben Wunden und Prellungen wie vor ein paar Stunden, allerdings konnte er für mich gerade nicht schöner sein.
Plötzlich stiegen mir vor Erleichterung die Tränen in die Augen. Mit aller Kraft versuchte ich nicht zu weinen, denn es war mir unangenehm vor meinen eigentlichen Feinden auch nur ein bisschen Schwäche zu zeigen.
Vorsichtig ließ ich mich auf der Bettkante nieder, wie zuvor Lexi, dabei achtete ich darauf, ihn nicht zu berühren. Innerlich schrie alles in mir danach wenigstens seine Hand zu nehmen, aber ich wusste nicht, wie viel Nähe zwischen uns erlaubt war – immerhin hatte keiner auch nur ein Wort über unser Verhältnis gesagt, da wollte ich nichts provozieren.
Cayden wusste um meine Sorgen, auch er hielt jegliche Berührungen zurück, was die ganze Sache nicht im Geringsten einfacher für mich machte.
Durch einen Tränenschleier blickte ich in seine wundervollen grünen Augen. Gott, wie ich diese Augen vermisst hatte ...
„Ich", meine Stimme war heiser und fast tonlos, „ich dachte, dass ich dich nie wieder sehen würde." Bis zum Ende wurde ich immer leiser und leiser.
Ich hatte seit den letzten Stunden kaum an etwas anderes gedacht als an Cayden. All meine Gedanken drehten sich nur die Frage, wie es ihm ging und ob er es schaffen würde, und ich würde lügen, wenn ich nicht auch für einen winzigen Moment an ein anderes, schlechteres Ende gedacht hätte.
Die Tränen rannten mir über meine Wangen und landeten auf Caydens Handrücken. Er hob bereits die Hand, um mir mein Gesicht zu berühren, doch er hielt mitten in der Bewegung inne und senkte wieder die Hand. Uns beiden war vollkommen klar, dass wir gerade von allen Seiten beobachtet wurden, und es war für Zärtlichkeiten noch zu früh, auch wenn ich mir diese so sehnlichst wünschte.
„Ich weiß", murmelte er mitfühlend und suchte wieder meinen Blick. Seine Stimme war wie Balsam für meine kaputte Seele. Vorsichtig legte er die Hand auf dem Bettlaken ab, dabei streckte er seine Finger ganz leicht nach vorne zu meiner Hand aus. Die kleine Berührung löste in mir eine Lawine an zurückgehaltenen Emotionen aus.
Ich brauchte einen Moment, um mich an die ganzen Gefühle zuordnen zu können, dann streckte auch ich die Finger nach seiner Hand aus. Eine weitere Welle der Endorphine überrannte mich.
Endlich hob ich meinen Blick wieder. Auf Caydens Gesicht zeichnete sich ein sanftes, aufmunterndes Lächeln ab, das ich sofort erwiderte.
Ich hatte ihm noch so vieles zu sagen, allerdings hatte ich keine Ahnung, womit ich beginnen sollte, denn die bohrenden Augenpaare in meinem Rücken machten es mir schwer, mich nur auf Cayden zu konzentrieren.
„Geben wir ihnen ein paar Minuten", entgegnete Gregor DeLaurant auf einmal, wodurch ich schnell die Berührung zwischen Cayden und mir unterbrach.
Zuerst rührte sich keine einzige Menschenseele, doch nach und nach verließ ein Familienmitglied widerwillig nach dem anderen den Raum, bis wir nur noch zu zweit im Raumwaren.
Die Stille fühlte sich nicht bedrückend an, sondern vielmehr befreiend. Es gab nur noch Cayden und mich, abseits von seiner gesamten Familie, die mich abgrundtief hasste.
Ohne ein Wort zu sagen, legte mir Cayden vorsichtig die Hand um meine Wange. Automatisch schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf die Wärme, die meinen gesamten Körper durchdrang. Ich konnte noch nicht einmal in Worte beschreiben, wie unglaublich gut sich diese zarte und einfache Berührung anfühlte.
Ich schlug erneut die Augen auf und nahm mir einen weiteren Moment Zeit, um das Gesicht zu betrachten, welches mein Herz still und heimlich hatte gestohlen.
Ich verringerte den letzten halben Meter zwischen uns, indem ich mich zu ihm vorbeugte und mich endlich in seine Arme stürzte. Wie von alleine schlang Cayden seine Arme um meinen Oberkörper und zog mich enger zu sich. Tief atmete ich seinen Geruch ein, den ich so sehr vermisst hatte. Ich konnte und wollte keinen einzigen Zentimeter von ihm abrutschten.
„Ich hatte Angst, dich zu verlieren, Cayden", schluchzte ich auf einmal, ohne dass ich es überhaupt wollte, doch da rannten mir bereits wieder die Tränen über mein Gesicht.
„Ich hatte auch Angst, dich nie wieder sehen zu können", raunte er mir in mein Ohr, was mir eine Gänsehaut verschaffte. Seine Stimme klang brüchig, fast so, als stünde er selbst noch an seinen eigenen emotionalen Grenzen. „Aber mir geht es gut, Fallon. Ich habe es geschafft, und zwar deinetwegen."
Automatisch schüttelte ich mit dem Kopf. „Ohne mich wärst du nicht in dieser katastrophalen Lage."
Cayden drückte sich noch näher an mich, dabei fürchtete ich wirklich, dass er sich selbst weh tun könnte.
„Das alles tut mir so unendlich leid, Cayden. Ich wünschte, mein Onkel hätte mich anstatt dich getroffen-"
Sein Körper verspannte sich bei diesen Worten, leicht ließ er mich los.
„Sieh'mich an, Fallon", forderte er mich auf, und ich löste mich nur schwer von seinen Armen. „Dein Onkel ist ein gefährlicher Mann, der in der Lage gewesen wäre, neben zwei seiner Familienmitglieder seine eigene Nichte umzubringen. Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn er dich auch noch tödlich verletzt hätte."
Ich schüttelte weinend den Kopf. „Du hättest bei dem Versuch, mich zu retten, sterben können", hauchte ich mit leiser Stimme. Seine Augen würden mit einem mal feucht und glänzten in der mittlerweile untergehenden Sonne.
„Und das hätte ich mir niemals verzeihen können." Kurz machte ich eine Pause, um meine Gedanken zu sortieren. Vorsichtig legte ich ihm die Hände um sein wundervolles Gesicht. „Ich durfte nicht noch eine Person verlieren, die ich liebe."
Cayden stockte der Atem. Dass ich zugab, ihn zu lieben, war vielleicht nicht ganz überraschend, denn nach der ganzen Sache würde ich es ohne solche großen Gefühle für ihn kaum aushalten, und dennoch war es das erste Mal, dass einer von uns diese Worte bewusst in den Mund nahm.
„Sag' das nochmal", flüsterte er. Seine grünen Augen schimmerten in der Nachmittagssonne wie zwei funkelnde Smaragde.
Meine Mundwinkel hoben sich leicht an. „Ich liebe dich, Cayden DeLaurant."
Er zog mich wieder eng zu sich, seine Stirn legte er auf meine, wodurch sich unsere Nasenspitzen leicht berührten. Fast schon erleichternd entließ er die Luft aus meinen Lungen.
„Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir diese Worte aus deinem Mund gewünscht habe", lächelte er und zog seinen Kopf etwas zurück. Sein Blick durchdrang jede meiner Zellen bis in ihre tiefsten Fasern. Ich liebte diesen Blick so sehr, weil ich wusste, dass er nur mich so ansah.
„Ich liebe dich, Fallon", entgegnete er mit so einer Festigkeit in der Stimme, dass ich ihn für kurze Zeit einfach nur sprachlos ansah. Dieses Mal war ich mir mehr als sicher, dass diese Worte bei vollem Bewusstsein von ihm geäußert wurden.
Caydens Augen wanderten ein kleines Stück hinunter zu meinen Lippen. Automatisch begannen sie leicht zu prickeln unter seinem Blick. Es war lange her, seit wir uns das letzte Mal geküsst hatten, fast schon so lange, dass ich mich kaum an daran erinnern konnte.
Doch ich würde niemals vergessen, wie sich seine Lippen auf meinen anfühlten. Das Kribbeln meiner Haut, die sich steigernde Hitze durch meinen gesamten Körper, das pochende Herz, die Endorphine, die sich kurz vor dem Kuss durch all meine Adern erstreckten. Es war aufregend, fast schon berauschend.
Seine weichen Hände packten sanft meinen Unterkiefer, sein Daumen fuhr vorsichtig über meine Unterlippe. Ich wusste, was er wollte, und um ehrlich zu sein wollte ich es auch. Mehr als alles andere. Ich sehnte mich seit Wochen, wenn nicht Monaten, nach solch intimen Berührungen – und das, obwohl mein Kopf ihn aus meinem Leben streichen wollte.
Leicht beugte er sich nach vorne, aber ich wich seiner Berührung, kurz bevor sich unsere Lippen treffen konnten, aus. Cayden versuchte sich nichts anmerkenzu lassen, doch seine Stirn lag trotzdem in leichten Falten.
Ich hob meinen Blick. „Ich will ...", hauchte ich und schüttelte leicht mit dem Kopf. „..., aber wenn wir ungestört sind." Caydens Augen blickten über meine Schulter in Richtung Zimmertür.
Ich konnte trotz unserer Zweisamkeit meine Gedanken nicht vollkommen abschalten. In meinem Hinterkopf hatte ich immer die Gewissheit, dass sich nur ein paar Metervon uns entfernt aufhielten.
Caydens Mundwinkel hoben sich bei dieser Einsicht. „Stimmt", raunte er und sah mich wieder an. „Wir sollten nichts überstrapazieren."

Forbidden loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt