13

2.3K 80 3
                                    

Fallons P.o.V.

Ich wartete auf der gegenüber liegende Seite und sah mich um. Cayden ließ sich ganz schön viel Zeit dafür, dass er mir vor einer halben Stunde geschrieben hatte, dass Harvey vor hatte, sich mit jemand Unbekanntem zu treffen. Ein schwarzer Wagen fuhr an den Rand und das dunkle Fenster senkte sich.
"Hast du noch überlegt, deine Haare zu frisieren oder wieso hast du so lange gebraucht?", frage ich in einem zynischen Ton und stieg auf der Beifahrerseite ein.
Er rollte die Augen. "Harvey wurde noch aufgehalten", meinte er und ich schnallte mich an.
"Hast du mitbekommen, wohin er wollte?" Doch Cayden schüttelte nur den Kopf.
"Er müsste gleich an uns vorbei fahr-" In diesem Moment raste ein dunkler Wagen über die Straßen.
"Er scheint keine Zeit verlieren zu wollen", murmelete ich, doch Cayden anscheinend auch nicht. Er beschleunigte schnell, sodass wir dem Auto in einem unauffälligen Abstand folgen konnten.
"Vielleicht trifft er sich nur mir einem Freund", schlug ich vor, aber Cayden schüttelte gleich den Kopf.
"Das glaube ich nicht. Ich habe deutlich gehört, dass Harvey einen ernsten Ton benutzt hatte. Es hat sich nicht nach enger Freundschaft angehört." 
Harveys Wagen blieb nach ein paar Straßen stehen. Die Gegend, in der wir uns befanden, war berüchtigt für seine Kriminalität.
"Nett hier", überkam es meine Lippen als ich eine Gruppe heimloser Männer betrachtete, die um ein brennenden Kanister herum standen.
"Es it womöglich Tarnung. Mit wem sich Harvey auch immer treffen will, es muss unauffällig sein. Wo könnte ein Treffen besser stattfinden als hier?"
Zustimmend nickte ich. Wir beobachteten Caydens Cousin wie er in eine Gasse einbog.
"Wir müssen warten bis er wieder rauskommt", murmelte er neben mir, doch ich nahm meine Tasche auf den Schoß und durchwühlte sie kurz. Cayden warf mir einen fragenden Blick zu als ich mir eine schwarze Cappi aufsetzte und die Tür öffnete. Ich lief zu der Gasse, doch bevor ich diese passieren konnte, zog mich jemand am Arm zurück und drückte mich gewaltsam gegen die Hausmauer.
"Was soll das, Fallon?", zischte Cayden. Er sah definitiv aufgebracht aus. Seine grünen Augen schienen trotz der ansetztenden Dämmerung zu funkeln - vermutlich vor Wut.
"Ich werde nicht brav im Wagen warten und die ganze Action verpassen, nur um nicht erwischt zu werden", antwortete ich streng. Cayden seufzte tief und sah sich um. Mir fiel auf, wie nah wir uns eigentlich waren. Er befand sich definitiv in meiner Privatzone, was sonst niemand außer einigen Personen durfte. Es juckte mich in den Fingern, ihn von mir zu stoßen, doch ich wusste, dass er sich keinen Zentimeter rühren würde.
"Je länger wir warten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, Harvey mit seiner Begegnung zu verpassen", setzte ich erneut an und tatsächlich schien Cayden meine Worte Folge zu leisten.
"Okay, aber kein Eingreifen. Egal, was passiert. Wir sind einfach nur stille Beobachter", flüsterte er eindringlich. Seine Augen ließen mich nicht los.
"Von mir aus", wisperte ich eilig und Cayden ging wieder auf einen normalen Abstand. Er lehnte sich über die Kante und sah sich um.
"Sie stehen genau in der dunkelsten Ecke", meinte er genervt und ich warf ebenfalls ein Blick um die Mauer. Ich duckte mich und schlich hinter eine große Mülltonne. Cayden schien mir dicht zu folgen. Immerhin konnte man den Umriss beider Personen sehen.
"Erkennst du ihn?", fragte ich so leise wie möglich, doch Cayden schüttelte den Kopf.
"Es ist immer noch zu dunkel. Warte-" Die beiden unterhielten sich aufgebracht, doch ich verstand immer nur einzelne Wörter und keine ganzen Sätze. Ich sah zu Cayden, der angestrengt nachdachte.
"Ich kenne die Stimme." Mit einem weiteren Blick forderte ich ihn auf, mir mehr Informationen zu geben. "Es ist Nicolás Sanchez. Der engste Geschäftspartner meiner Familie." Ich hatte noch nie von diesem Nicolás gehört, aber in Caydens Augen sah ich, wie aufgebracht er war. Ich legte ihm kurz die Hand auf den Arm.
Ich konnte selber nicht glauben, dass ich die nächsten Worte von mir gab. "Das muss noch nichts bedeuten. Harvey könnte auch nur unwichtiges mit ihm besprechen."
Wir beide wussten, dass es gelogen war. Es steckte definitiv mehr dahinter, aber ich musste Cayden beruhigen, damit er nichts unüberlegtes machen würde.
"Los, komm." Ich griff nach seinem Handgelenk und zog ihn wieder um die Kante.
"Ich werde ihn umbringen", murmelter er aufgebracht und fuhr sich durch das Haar.
"Du wirst gar nichts tun, Cayden. Nicht solange wir absolut sicher sind, was Harvey mit diesem Nicolás zu tun hat." Cayden schien meinen Worten nicht keinem Gehör zu schenken.
"Harvey hintergeht womöglich meine gesamte Familie, um irgendwelche eignen Geschäfte zu treiben. Wie kann ich da ruhig bleiben?"
Ich wäre vermutlich genauso in Wut, wenn ich so etwas erfahren hätte, aber er durfte jetzt nichts falsches tun. Ansonsten wäre der ganze Plan umsonst.
Wir hörten plötzlich Schritte, die auf uns zu kamen. Cayden drückte mich gegen die Wand und verbarg sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Sein heißer Atem streifte meine kalte Haut. Ich war so perplex, dass ich nichts weiteres tun oder sagen konnte. Erst nach einigen Sekunden verstand ich, worauf er hinaus wollte. Cayden passte sich mit mir an diese Umgebung an, indem er mich Prostituierte darstellte. Charmant.
Als Harvey außer Reichweite war, drückte ich ihn weg von mir.
"Mach das noch einmal und ich ramm' dir ein Messer in deinen Arm", zischte ich leise, doch Cayden schien nur belustigt über die Situation.
"Wäre es dir lieber, er hätte uns entdeckt?"
"Es wäre mir lieber, würdest du mich vorher in deine Handlungen einweisen, anstatt die Sizustion auszunutzen, um mich zu begrapschen", entgegnete ich empört und stemmte die Hände gegen die Hüfte.
Cayden rollte mit seinen Augen und lief zu seinem Auto. Der Wagen von Harvey war bereits verschwunden, weshalb Cayden die Beleuchtung anmachen konnte. Wir fuhren zurück in die Straße, in der wir beide wohnten. Cayden machte den Motor aus. Wir hielten beide inne. Keine sagte ein Wort.
Ich verstand ihn gut, er wollte nicht glauben, dass seine eigener Cousin womöglich seine Familie hintergehen würde. Doch wir lebten nun einmal in einer Welt, wo Lügen und Geheimnisse an der Tagesordnung standen.
"Wie soll ich ihm jetzt gegenüber treten? Auch noch heute, wo diese Party ist", fragte er in die Stille. Den Blick auf die leere Straße gerichtet. Ich hatte keine Antwort für ihn parat, ich konnte einfach nur hoffen, er würde sich anständig benehmen.
"Es tut mir leid", flüsterte ich und kaute auf meiner Unterlippe.
Ob er mir das nun glaubte oder nicht, das tat es wirklich. Er und Harvey standen sich seit Anfang an sehr nah, sie schienen fast wie Brüder. Da war ein Betrug nicht gerade leicht zu schlucken.
"Ich werde dort sein", murmelte ich und warf ihm einen prüfenden Blick zu. "Ich werde darauf achten, euch nicht alleine zu lassen, sodass du keine Chance bekommen wirst, ihn eigenhändig umzubringen."
Cayden schmunzelte und lehnte sich tief gegen die Lehne. "Ich denke, das würde erst einmal helfen."
Er sah mich von der Seite aus an. Unsere Blicken verfingen sich für einen kurzen Moment. Mein aller erster Gedank war nicht, wie angenommen, spöttisch, sondern eher faszinierend. Er verhielt sich anders als ich ihn eingeschätzt hatte. Er war zwar irgendwo immer noch ein Arschloch, aber kein großes mehr.
"Okay, genug der Sentimentalitäten", murmelte ich und griff in meiner Tasche nach einem Kleid. "Ich muss mich hier umziehen, also raus hier."
Cayden sah auf das Kleid in meiner Hand, sein Blick war irritiert. "Du willst dich in meinem Auto umziehen? Mitten auf der Straße?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Zeit mehr mich zu Hause fertig zu machen. Außerdem habe ich mit meinem Vater ausgemacht, dass wir uns in eurem Anwesen treffen würden."
Cayden schüttelte den Kopf. "Du wirst mir dabei helfen, Harvey auf der Party nicht umzubringen und ich werde dir dafür einen Ort geben, an dem du dich wie ein normaler Mensch umziehen kannst."
Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte, aber ich folgte ihm aus dem Auto. Wir schlichen uns an der Grenze zu meinem Zuhause in Richtung Haus. Cayden benutzte, wie ich es tat, eine Feuerleiter, um in den ersten Stock zu gelangen. Wir liefen auf dem flache Dach zu einem großen Balkon. Cayden half mir dabei, ihn ohne einen Genickbruch zu erleiden.
"Willkommen bei mir daheim", grinste er und stieß die Balkontüren auf. Sein Zimmer war rießengroß. Es war ganz anders, als ich gedacht hatte. Es war sehr dunkel gehalten und sorgte daher für eine männliche Eleganz. Ein prachtvoller Schreibtisch stand rechts an der Wand, genauso wie ein hoher, breiter Schrank, dessen Spiegel schwach ausgeleuchtet wurde. Das Bett hingegen stand mitten im Raum und zog somit alle Aufmerksamkeit auf sich. Er liebte es wohl auch im Schlaf im Mittelpunkt zu stehen. Was auch sonst.
"Das Badezimmer ist gleich hier links." Er zeigte auf eine hohe Tür. Ich nickte dankend und schloss den Raum hinter mir ab. Das Badezimmer wirkte nur noch eleganter als sein eigentliches Zimmer. Dunkle Mamorfliesen ziehrten den Raum, selbst eine frei stehende Badewanne stand vor einem großen Panoramafenster. Dieser Raum hatte alles, was man sich nur wünschen konnte. Ich war tatsächlich ein bisschen neidisch, doch ich schüttelte diesen Gedanken sofort ab und konzentrierte mich lieber auf das Umziehen. Ich schlüpfte aus meinen Alltagsklamotten und zog mir ein kurzes Kleid aus edlem, dunkelblauem Satin an. Spätestens bei den hinteren Schnürungen an meunem Rücken gab ich es jedoch auf. Ich entließ Luft aus meinen Lungen und schüttelte meinen Kopf. Unglaublich, dass ich die nächste Frage jetzt stellen würde, sicherlich ist mir die Ironie, meinen Feind um Hilfe zu bitten, den ich verabscheute, nicht entgangen.
"Cayden, kannst du mir mit meinem Kleid helfen?", fragte ich, nachdem ich die Tür geöffnet hatte und mich am Türrahmen stützte. Er sah mich durch seinen großen Ganzkörperspiegel an, während er sich die letzten Knöpfe zumachte. Ich drehte mich um und strich mir die Haare aus dem Nacken. In langen Schritten durchquerte er das Zimmer, er griff nach den langen Bändern und begann sie durch einige Öffnungen zu fädeln. Seine rauen Fingerkuppeln strichen sanft über meine Haut, was mich unruhig machte. So viel Körperkontakt hatte ich schon lange nicht mehr. Das es ausgerechnet Cayden DeLauarnt war, der mich berührte, machte die Situation nur noch merkwürdiger.
"Keine Sprüche", murmelte ich, da ich wusste, wie ihm etwas auf der Zunge lag.
"Ich werde es versuchen", raunte er und zog in dem Moment die Schnürung fest zu, sodass ich mich stärker am Türrahmen festkrallte. Ich versuchte nicht zu lächeln, aber es gelang mir nicht.
Cayden ließ von mir ab und griff nach einer Kravatte. Ich schlüpfte in hohen Schuhe, die ich absolut verabscheute, als ich im Augenwinkel sah, wie er Probleme hatte, sich das Accessoire selber umzubinden.
"Gib' schon her", entgegnete ich abwartend und nahm ihm die Kravatte ab.
Es war schon seltsam normal, wie wir uns verhielten. Vor ein paar Wochen hätte ich Cayden noch nicht einmal freiwillig angefasst, und heute band ich ihm eine Kravatte um den Hals.
Er blickte auf mich nieder. "Woher kannst du das?", fragte er, während er mich beobachtete. Seine grünen Augen suchten die Aufmerksamkeit meiner, doch ich ignorierte ihn, auch wenn ich innerlich seiner Forderung nachgehen wollte.
"Ich bin vielleicht ein Einzelkind, dafür habe ich genügend Familienmitglieder, die das auch nicht schaffen", erklärte ich und zog die Kravatte fest.
Es entstand eine kurze Pause, in der wir uns still ansahen. Ich wusste nicht, was es war, dass meine Meinung zu ihm geändert hatte, aber er bewies mir, dass hinter dem arroganten Schnösel auch ein normaler junger Mann stecken konnte.
"Wir sind ein eingespieltes Team, findest du nicht, Cunnigham?", fragte er mit einem Grinsen auf den Lippen und unterbrach damit die Stille. Die Doppeldeutigkeit hinter seiner Aussage entging mir dabei sicherlich nicht.
Ich schmunzelte und strich seinen Hemdkragen platt. "Übertreib' es nicht, DeLauarant", murmelte ich und tätschelte ihm kurz die Brust.

Forbidden loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt