Caydens P.o.V.
Ich sah Fallon bereits am Straßenrand stehen. Sie trug wieder eine ihrer Cappis, die sie tief ins Gesicht gezogen hatte, was mich zum Lächeln brachte. An den meisten sah diese Art von Kopfbedeckung komisch aus, aber ihr standen sie überraschenderweise gut. Außerdem machte es sie mysteriös, was mir sehr gut gefiel.
"Ist er schon weit weg?", fragte sie, als sie sich auf dem Beifahrersitz niederließ und mich ansah. Das Braun ihrer Augen war so dunkel, dass es fast schwarz wirkte. Ich kannte diesen Farbton nur, wenn sie aufgeregt war - wie zum Beispiel, wenn ich sie küsste. Und ich liebte diesen Farbton ihrer Augen, denn in den meisten Fällen dachte sie dabei nur an mich.
"Cayden?" Ich blinzelte mich zurück in die Realität und fuhr los. "Nein."
"Ich habe nochmal über die Sache mit den Bildern und dem Code nachgedacht", begann sie zu erzählen, doch etwas anderes lenkte mich von ihren Worten ab. Ihre Haltung. Sie wirkte so souverän wie immer, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie viel femininer als sonst war. Wie sie ihr linkes um ihr rechtes Bein gelegt hatte und nervös darauf wippte, wie sie sich ab und zu durch ihr dunkles langes Haar fuhr oder wie sie mit ihrer zarten Kette spielte und mit ihren Fingerkuppen sanft über ihren Hals strichen. Sie hatte etwas an sich, dass mir vorher nicht wirklich aufgefallen war. Auf einmal wirkte sie viel reifer als sonst, was mir gefiel.
Fallon wandte den Blick zu mir. "Hörst du mir überhaupt zu?", fragte sie nach einer Weile ihrer Monologes.
Ich hob die Mundwinkel und richtete meine Augen wieder auf die Straße. "Die Bilder, der Code, mein Vater", wiederholte ich die paar Fetzen, die ich mich gemerkt hatte.
Sie verdrehte die Augen und sank tiefer in den Sessel. "Ich hoffe, wir kommen heute irgenwie weiter. Wir sind wieder am Anfang und haben keinen wirklichen Anhaltspunkt, auf den wir uns stützen könnten."
Ich nickte mit einem Lächeln, da ich es mir nicht nehmen lassen konnte, einen Spruch loszulassen. "Du meinst, nachdem wir keine richtigen Beweise in seinem Arbeitszimmer gefunden hatten?"
Sie versuchte ein Schmunzeln zu unterdrücken, aber sie schafte es nicht rechtzeitig. Sie wollte etwas erwiedern, denn ich sah, wie sie die Lippen aufeinander presste, doch sie beließ es dabei und sah sich lieber die Umgebung an.
Ich konnte mich noch genau an den Kuss vor drei Tagen erinnern. Naja, eigentlich konnte ich mich an jeden unserer Küsse erinnern, aber dieser blieb mir besonders gut im Gedächnis. Ich konnte sie mir bis ins kleinste Detail vorstellen. Ihr Körper, der sich gegen den Tisch presste, um meinem zu entgehen, ihren Blick, der mich aufforderte das zu tun, wonach wir uns beide tief im Inneren sehnten, ihre Lippen, die ein Spalt geöffnet waren und mich wortlos dazu einluden, meinen Mund auf ihren zu senken. Automatisch wurde mir ganz heiß.
Bevor ich noch weiter phantasieren konnte, lenkte ich mich schnell ab, indem ich die Musik lauter aufdrehte. In ihrer Nähe konnte ich nicht klar denken, so sehr raubte sie mir den Verstand. Und das war gefährlich.
Nach einer guten Viertelstunde bog ich in eine Straße ein, um zu parken, dann stiegen wir aus und folgten meinem Vater unauffällig. Er war alleine unterwegs, was ungewöhnlich war, denn normalerweise hatte er immer eine Begleitung dabei. Nicht umsonst hatte er nämlich einen Haufen Feinde.
Fallon runzelte plötzlich die Stirn und sah sich um. "Das ist der Rummel", murmelte sie leise und ich folgte ihrem Blick. Und tatsächlich, mein Vater lief auf den belebten, bunten Platz zu, von dem Kindergeschrei auszumachen war. Noch etwas, dass nicht zu meinem Vater passte. Abgesehen davon, dass er noch nie mit einem seiner Söhne auf so einem Rummel war, hatte er nicht die Zeit für solchen Kinderkram. Er war ein viel beschäftigter Mann, der sicherlich andere Sorgen hatte, als die Wahl der Zuckerwatte oder das Zusammenkramen des Kleingeldes für irgendwelche Fahrgeschäfte.
"Wenn er sich hier mit jemandem trifft, dann sicherlich weil man hier gut verloren gehen konnte", meinte ich und Fallon nickte zustimmend. Zuerst liefen wir ihm nach, doch nach einer Weile blieb er an einem Stand stehen und wartete. Fallon zog mich zu einer der unauffälligen kleinen Schießbuden, damit uns mein Vater nicht erkennen konnte.
"Was darf es für das junge Paar denn sein?", fragte uns plötzlich einer der Verkäufer. Ich sah, wie Fallon aufgrund seiner Bemerkung rot wurde und hin- und herstammelte. Irgendwie fand ich es dennoch süß, sie so unsicher zu sehen.
"Wir ... ähm ..."
Schließlich kam ich ihr zur Hilfe. "Einen Schuss", meinte ich, zog Kleingeld aus meiner Jackentasche und nahm die einzige Patrone entgegen, für die ich bezahlt hatte.
Fallon sah mich irritiert an. "Wir sind hier, um deinen Vater nachzuspionieren", erinnerte sie mich, doch ich schenkte ihr nur ein charmantes Lächeln.
"Enspann' dich", entgegnete ich sanft und richtete das Gewehr. "Es sieht so aus, als würde er auf jemanden warten. Die Zeit können wir also auch anders nutzen."
So ganz schien sie nicht überzeugt zu sein, dennoch ließ sie mich schießen. Ich schloss mein linkes Auge, um meine Aufmerksamkeit nur auf die kleine silberne Zielscheibe zu lenken. Tief atmtete ich aus, setzte meinen Finger an den Abzug und drückte ab. Kurz ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch, dann war es still. Ich wandte mich zu Fallon, die ihre Augen auf die Zielscheibe gerichtet hatte.
"Glückstreffer", entgegnete sie mit hochgezogener Augenbraue und einem kleinen Grinsen.
"Ihr Preis", murmelte der Verkäufer und hielt mir den Geschenkekorb voller Kleinkram hin. Ich nahm meinen Blick jedoch nicht von Fallon.
"Nochmal." Der Verkäufer hielt mir eine Patrone hin, ich setzte sie in das Magazin der Waffe ein und wies mit einer Kopfbewegung auf die Wand gegenüber von uns.
"Sag' mir, welche, und ich treffe", forderte ich sie auf und sie biss sich kurz auf die Unterlippe, was meine Augen förmlich anzog.
"Siehst du die Plastikblume an der Wand?" Ich nickte. Kein wirklich schweres Ziel. "Ich will, dass du das unterste ihrer Blätter triffst." Kurz warf ich ihr einen Blick zu. Das Blatt war zwischen der Wand und dem Stängel der Blume eingeklemmt. Es war schwer, aber nicht unmöglich. Ich setzte erneut an und fokusierte meinen Blick auf mein Ziel, dann schoss ich. Und ich traf.
Mit einem Grinsen legte ich die Waffe zur Seite und nahm mir eine der Plastikrosen als Gewinn. Ich hielt sie Fallon unter die Nase.
"Für meine Herzdame", schmunzelte ich und sie nahm sie lächelnd entgegen.
"Das wäre doch nicht nötig gewesen."
Mein Blick wanderte von ihr zu dem Stand, an dem mein Vater stand. Mittlerweile unterhielt er sich mit zwei mir fremden Männern.
"Fallon", flüsterte ich und sie nickte.
"Wir müssen näher ran." Damit zog sie mich an der Hand an eine andere Bude. Mein Körper durchfuhr ein Wärmeschauer, der von ihren Fingern ausgestrahlt wurde. Ich konnte und wollte meine Hand nicht von ihrer lösen.
"Ich kenne die Männer nicht", murmelte ich und Fallon lehnte sich etwas mehr nach vorne.
"Es scheint so, als würden sie etwas austauschen. Dein Vater gibt ihnen gerade einen gelden Umschlag."
"Geld", schnaubte ich verächtlich. Mein Vater übergab Geld immer nur in gelben Umschlägen.
"Er bekommt dafür einen weißen", flüsterte sie und ich schüttelte den Kopf. "Das kann alles mögliche -", begann ich, doch Fallon unterbrach mich gleich.
"Warte. Er nimmt den Inhalt raus." Mein Vater drehte den kleinen Gegenstand in seinen Fingern.
"Ein USB-Stick?", vermutete ich.
"Viel zu klein, womöglich eine Speicherkarte", wisperte sie. Und plötzlich zog sie mich an der Hand in einen der Gänge.
"Was ist los?", fragte ich schnell und sie sah sich panisch um.
"Ich glaube, eine der Männer hat mich entdeckt und erkannt."
"Verdammt", fluchte ich leise vor mich hin und rannte neben hinter ihr her. zuerst bogen wir in eine ander Straße ein, dann liefen wir durch die Buden durch. Ich sah mich um, doch ich konnte den Mann nirgendwo entdecken. Fallon zog mich weiter bis sie mich in eine der Fotoboxen drängte und den Vorhang zu zog. Tief atmete sie aus und spähte durch den Vorhang.
"Sind sie weg?", fragte ich mit gedimmter Stimme, doch sie schüttelte den Kopf.
"Verdammter Mist", flüsterte sie und rieb sich müde die Schläfen. Sie schien plötzlich so viel ausgelaugter als zu Beginn, was mir sorgen machte. Ich setzte mich auf den einzigen Hocker und zog sie auf meinen Schoß. Zwar durften wir uns in der Öffentlichkeit nie so zeigen, trotzdem hatten wir hier in der kleinen Box unsere Privatsphäre.
"Wir werden die Karte schon bekommen", versuchte ich sie aufzuheitern, doch sie warf mir nur einen unzufriedenen Blick zu.
"Wie sollen wir es schaffen, an den einzigen brauchbaren Beweis zu kommen, den dein Vater vermutlich nicht unbeaufsichtigt lassen wird?"
Ich lehnte mich gegen die Lehne und zog sie enger zu mir. "Wir sind ein gutes Team, wir werden auch das irgendwie hinbekommen."
Fallon schien über irgendetwas nachzudenken, während sie unbewusst auf ihrer Lippe kaute. Das tat sie immer, wenn sie in Gedanken schwelgte.
Kurz lehnte ich mich nach vorne und drückte den Auslöser der Kamera. Fallon erschrack und schlug mir zugleich auf die Schulter.
"Verdammt, was sollte das?", fragte sie empört, obwohl ich in ihren Augen Belustigung sah. Ab da lief ein zehn sekündiger Countdown, der runter zählte.
"Ich will den Moment einfangen", flüsterte ich und sie schüttelte lächelnd den Kopf. Sie gab endlich nach und legte ihre Arme um meinen Nacken.
Das nächste Foto wurde geschossen. Wieder zehn Sekunden.
"Du weißt, dass wir diese Fotos anschließend verbrennen müssen", hauchte sie und ich drückte ihren Körper enger an meinen. Ich konnte jede ihrer Wimper zählen, jede ihrer Hautschuppen betrachten, das Farbspiel aus Brauntönen in ihren Augen bewundern, so nah war sie mir bereits.
Das nächste Foto wurde geschossen und zum letzten mal setzten zehn Sekunden an.
"Deswegen sollten wir sie so pikant wie möglich machen", forderte ich sie auf und sie lachte. Und wie ich ihr Lachen liebte. Ihre Augen glitzerten und ihre Austrahlung war wunderschön. Sie ließ sich Zeit, aber das machte die ganze Sache nur noch interessanter. Schließlich lehnte sie sich leicht nach vorne. Ihr heißer Atmen streifte dabei meine gierigen Lippen.
"Halte dich an dein Versprechen, Cayden", flüsterte sie mit einem süffisanten Grinsen. Dann stand sie auf und wies mit einer Kopfbewegung daraufhin, dass wir nun nicht mehr verfolgt wurden.
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Forbidden love
RomanceIhre Liebe ist verboten. So sind die unausgesprochenen Regeln. Das Leben und der Umgang zwischen den DeLaurants und den Cunninghams ist zwar friedlich, doch eigentlich sind sie bis ins Tiefste seit Jahrzehnten verfeindet. Cayden und Fallon, die Kind...