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Caydens P.o.V.

Ich parkte an einer der Straßenparkplätze und stieg zusammen mit ihr aus. "Das ist es", flüsterte ich, obwohl wir auf der Straße mutterseelen alleine waren. Sie legte den Kopf in den Nacken, um das Anwesen zu begutachten. Es war nicht größer oder pompöser wie unser Zuhause, aber hier konnte man sicherlich ein entspanntes und vor allem sorgenfreies Leben ohne den Einfluss der Familie leben.
"Wie sollen wir uns da nur zurecht finden?", fragte Fallon in die Stille und ich sah mich um. Irgendwie würden wir schon in das Innere dieses Gebäudes vordringen.
"Benutzen wir den Hintereingang", schlug ich vor und sie stimmte mir zu. Wir liefen einmal um das Gebäude herum und gingen auf eine Tür zu, die wahrscheinlich nur für Bedienstete oder ungeladene Gäste war. Als Fallon die Tür bereits öffnen wollte, drückte jemand diese von der anderen Seite auf. Ich reagierte sofort, packte sie am Handgelenk und drückte sie gegen die Wand, um sie mit dem Schatten verschwinden zu lassen. Fallon schnappte leise nach Luft und warf mir einen anschließend Blick zu. Mir war gar nicht aufgefallen, wie nah wir uns deswegen standen. Ich konnte womögliche jede ihrer dunklen Wimpern zählen. Ihr heißer Atem streifte meine Lippen, was mich plötzlich ganz unruhig machte. Ihre glitzernden Augen fixierten mich. Ich wusste nicht, wie sie es immer wieder schaffte, mich aus dem Konzept zu bringen, aber ihr gelang es Tag für Tag ein kleines bisschen mehr.
"Ich denke, sie sind weg", wisperte sie so leise, dass ich sie fast nicht verstanden hätte.
Für eine Milisekunde senkte sich ihr Blick auf meine Lippen. Ich nickte und ging auf Abstand. In einigen Momenten, in denen ich mit Fallon zusammen war, konnte ich mich nicht beherrschen. Meine Gedanken wurde schnell gefährlich, wenn ich ihr zu nahe kam. So wie jetzt auch. Ich hatte so viele Ideen in meinem Kopf, wie der Moment hätte anders enden können, doch die Vernunft brachte mich jedes mal wieder zurück.
"Wir müssen weiter", flüsterte ich und Fallon griff erneut an die Tür, welche jedoch einen Türcode hatte. "Mist", fluchte ich leise hinter ihr, aber sie schien völlig unbeeindruckt zu sein. Viel eher dachte sie nach. "Was stand auf dem Zettel, den du mir bei dem Familienessen gezeigt hast?" Ich wusste, worauf sie hinaus wollte. Meine Hände glitten in meine Hosentaschen und kramten nach den Zettel, den ich seither immer bei mir trug. Schließlich fand ich ihn und entknüllte ihn.
"GA50", murmelte ich. Ein paar Momente später blitzte grünes Licht in dem Kästchen auf und die Tür öffnete sich einen Spalt. Fallon warf mir einen Blick zu, den ich nur zu gerne mit einem siegerischen Grinsen kommentierte. Wir liefen durch einen langen, engen Gang, der schließlich in einer Gablun endete.
"Links oder rechts?" Fallon seufzte und sah sich um.
"Vielleicht trennen wir uns lieber", schlug ich auf einmal vor und sie verzog augenblicklich das Gesicht.
"Schaust du keine Horrorfilme?"
Ich schmunzelte und nahm ihre Hand, um sie nach links zu ziehen. Ihre Haut fühlte sich so weich unter meinen Fingern an, dass ich mich ermahnen musste, sie auch wieder loszulassen. Wir hörten einige Schritte auf dem Fußmoden, sodass wir inne hielten. Ich gab ihr ein Zeichen, dass sie über die Kante spähen sollte.
"Drei Männer", flüsterte sie und ich sah mich nach einem anderen Weg um. Wir sollten immerhin nicht gleich auffliegen.
Diesesmal war es Fallon, die mich an der Hand nahm und in einen anderen Gang zog. Mich durchfuhr plötzlich ein Wärmeschauer, der sich tief in meine Haut einbrannte.
Ich sah mich mit ihr um. Das Haus war ein einziges Labyrinth. Ich würde wirklich gerne wissen, ob sich Harvey hier gut auskennen konnte, aber vermutlich war es extra so gebaut worden, damit Fremde sich verirren. So wie wir eben.
"Cayden", flüsterte sie neben mir und winkte mich zu sich. Ich spähte über eine Kante und sah, wie ein großer, junger Mann in eines der Zimmer lief. Harvey. Er kam mir plötzlich so fremd vor. Seine Haltung und Gestik war vollkommen anders als ich sie bei ihm kannte. Viel erwachsener als sonst.
Jemand zog mich plötzlich so stark nach hinten, dass ich fast umfiel. Ein großer, dunkelhaariger Mann packte mich an der Kehle und drückte mich gewaltsam gegen die Wand. Ich keuchte nach Luft. Mit aller Kraft schob ich ihn ein Stück weg von mir und holte zu einem Schlag aus. Der Mann fiel auf seine Knie und hielt sich seine blutige Nase, die ich ihm vermutlich gerade gebrochen hatte. Ich ignorierte seine Schmerz erfüllten Laute und sah mich lieber nach Fallon um, die auf dem Boden gedrückt wurde. Ein anderer Mann lehnte über sie und versuchte, ihre Hände über ihrem Kopf zu fixieren. Sie zog ihr linkes Bein zu sich, und stieß ihn weg von sich. Er taumelte einge Meter weg von ihr. Ich lief auf sie zu und half ihr hoch, doch genau in diesem Moment versetzte mir jemand einen harten Schlag gegen die Rippen. Ich biss die Zähne zusammen, aber ich konnte ein leises Aufjaulen einfach nicht unterdrücken. Fallon lehnte sich vor mich und griff ihren Gegner an. Sie schlug ihm zweimal gegen die Beine, sodass er einknickte, sie allerdings dabei mit auf den Boden zog.
Ich fasste mich wieder und schlag meinen Arm um den Hals des Mannes. Er rangte nach Luft, aber ich ließ nicht locker. Meine Gedanknen hielten sich so sehr an dem Vorfall von Fallon fest, dass ich nicht loslassen konnte.
"Cayden, du bringst ihn noch um", wisperte sie. "Cayden."
Als ich nicht reagierte, berührte sie mich an meiner Wange und zog die Aufmerksamkeit auf sich. Ich ließ von dem Mann ab, der augenblicklich zu Boden fiel.
"Alles okay?", fragte ich sie sofort. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Sie nickte lächelnd, was mich aufatmen ließ.
"Cayden?" Eine männliche, tiefe Stimme erfüllte den Raum mit Leben. Innerlich rutschte mir gerade das Herz in die Hose. Mein Puls verdoppelte sich vermutlich.
Fallon reagierte sofort und drückte sich gegen die Wand, in den Schatten, wo sie fast unsichtbar wirkte. Es wäre ihr Ende gewesen, würde man sie hier im Anwesen eines DeLauarnts entdecken.
Langsam drehte ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Harvey hatte die Hände tief in die Hosentaschen gesteckt. Er sah von mir auf die zwei Männer, die sich auf dem Boden krümmten. Es schien nicht so, als hätte er Fallon bemerkt, was mich etwas beruhigte. Das hieß allerdings noch nicht, dass ich es auch aus dieser Situation herausschaffen würde.
"Harvey." Es war eigentlich eine Feststellung aber es klang wie eine Frage.
Harvey hob die Mundwinkel. "Was tust du hier?", fragte er mich irritiert, aber ich konnte ihm keine schnelle Antwort liefern.
"Was tust du hier?", stellte ich ihm lieber eine Gegenfrage.
Harvey sah sich im Gang um. "Ich erkläre es dir, aber nicht hier." Mit einer Kopfbewegung forderte er mich auf, ihm in ein Zimmer zu folgen. Ich drehte mich kurz zu Fallon um, die immer noch an genau derselben Stelle stand. Sie nickte mir unauffällig zu.
"Cayden", rief Harvey nach mir und ich folgte meinem Cousin schließlich in ein Büro.
"Was ist das hier?", fragte ich schnell, bevor er mir irgendwelche Fragen stellen konnte.
Harvey ließ sich auf dem riesigen Schreibtischsessel nieder und legte die Hände hinter den Kopf. "Mein eigenes Haus, Baby. Wie gefällt es dir?"
Ich starrte ihn förmlich an. Das war sein Haus? Harvey wusste doch noch nicht einmal mit Geld umzugehen, und jetzt besaß er ein eigenes Anwesen? "Woher kommt das Geld?" Meine Tonlage war weder vorwürflich, noch neidisch.
"Es ist mein Geld. Selbst eingenommen."
"Du bist noch nicht einmal Teil des Familiengeschäfts", warf ich ein, aber er lachte nur.
Sein Grinsen irritierte mich nur noch mehr. "Richtig, und deshalb habe ich mein eigenes Geschäft", meinte er, stand auf und zog einen silbernen Aktenkoffer hervor. Ich wusste nicht, was ich hätte erwarten sollen. Es konnte alles mögliche sein.
"Die reinste Ware", grinste er, aber ich achtete nur auf den Inhalt. Kleine braune Papiertütchen reihten sich neben einander auf, auf der Vorderseite waren ein paar Tulpen abgebildet, die in ihrer schönsten Form blühten.
"Düngermittel", murmelte ich und hob meine Augenbraue. War das ein Scherz?
"Kein Dünger", flüsterte er und öffnete eine Packung. "Das ist reinstes LSD."
Mein Blick hob sich augenblicklich. "Du dealst mit Drogen?", fragte ich nach und Harvey nickte. Er war also ein verdammter Drogendealer. "Hast du sie noch alle?", erhob ich meine Stimme und packte ihm am Kragen. Er drückte mich von sich weg.
"Du weißt, wie gefährlich der Drogenmarkt ist. Unsere Familie steht eh schon den ersten Plätzen der nationalen Fahndungsliste und dir fällt nichts besseres ein, als den Cops noch andere Möglichkeiten zu bieten, uns zu überführen?" Der Mann, der vor mir stand, war definitv nicht Harvey.
"Wie sollte die Polizei mich in Verbindung mit unserer Familie bringen, wenn sie nichts damit zu tun hat?"
Ich musste mich wirklich beherrschen, Harvey nicht eine reinzuhauen. Er war wahnsinnig geworden, das musste es sein. "Wenn sie das hier finden, ...", ich griff in den Koffer und hielt ihm die kleinen Tütchen vor die Nase, "..., dann werden sie uns alle verhaften, Harvey. Das ist der Beweis, den sie brauchen, um uns dran zu bekommen."
Harvey schnaubte nur. "Dafür müssten sie mich erst einmal ausfindig machen. "
"Du hast Recht. Dieses Anwesen schreit gar nicht nach Drogenkartell", murmelte ich ironisch, was Harvey wütend machte.
"Woher hast du das Zeug überhaupt?" Ich erkannte, wie er wirklich darüber nachdachte, ob er mir davon erzählen würde.
"Nicolás hatte mir ein Angebot gemacht."
"Sanchez?", wiederholte ich ungläubig. Eigentlich war es nicht sehr überraschend, dass die beiden miteinander handelten, dennoch konnte ich nicht anders reagieren. Er war immerhin jahrelang unser engster Handelsmann in der Familie. Er trieb anscheinend noch gefährlichere Spielchen mit anderen als mit uns.
"Er hat dir ein Angebot gemacht?", wiederholte ich und Harvey nickte.
"Er meinte, dass das Familiengeschäft ihn langweilen würde. Er hatte von einem anderen Partner das LSD angeboten bekommen, da er aber keine Ahnung vom Vertrieb und Handel hat, hat er mich dazu geholt."
Ich versuchte ein verächtliches Schnauben zu unterdrücken. Harvey verhielt sich selber wie ein Kind. Wie konnte er also ein ganzes Drogengeschäft leiten?
"Das hast du also getan, als du weg warst", flüsterte ich und er zuckte mit den Schultern. Ich wusste, dass meine nächste Frage gewagt war, aber ich brauchte endlich ein paar Antworten von ihm. "An dem Tag, an dem Edwart Cunnigam starb, warst du da hier?"
Harveys Augen warfen mir einen scharfen Blick zu. "Wieso fragst du mich das?"
"Du weißt, wieso."
Mein Cousin ließ sich wieder auf seinem Sessel nieder. "Ich war hier. Die ganze Nacht. Und wenn du mir nicht glauben solltest, kannst du gerne meine Männer fragen, die du vor ein paar Minuten noch vermöbelt hast."
Innerlich atmete ich auf. Harvey war also nicht der Mörder, doch somit war die ganze Arbeit, der ganze Aufwand, umsonst.

Forbidden loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt