Fallons P.o.V
Mein Herz pochte wie wild gegen meine Brust, gierig schnappte ich nach Luft. Meine Lungenflügel brannten wie Feuer, meine Luftröhre fühlte sich bei jedem Atemzug an wie Sandpapier an, das meine Haut von innen aufriss. Meine Beine zitterten bei jedem Schritt, doch ich konnte nicht aufhören weiterzulaufen, ich musste in Bewegung bleiben. Die kalte Luft, die mir entgegenkam, peitschte mir scharf ins Gesicht, dabei war das einzige, auf das ich mich konzentrierte, der Gedanke an die Flucht. Ich hatte keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin, ich hatte auch keine Ahnung, wo ich hier war. Die Umgebung war mir völlig fremd, ich erkannte nichts wieder, aber mich genauer umzusehen war wohl einer der untersten Prioritäten gerade.
Plötzlich stolperte ich über meine eigenen Füße, verlor dabei das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Mit meinen Handflächen versuchte ich mich abzuschirmen, dabei riss ich mir gewaltig die empfindliche Haut auf. Sofort durchdrang mich ein tiefes Brennen, das ich versuchte, so gut wie irgendwie möglich zu ignorieren.
Gerade als ich mich wieder hochdrücken wollte, presste jemand seine Hände auf meinen Rücken und zwang mich damit wieder auf den Boden. Ich versuchte, mich gegen die Kraft zu wehren, doch ich war meinem Gegner einfach zu unterlegen. Ich rollte mich auf dem kalten Asphalt um und zog bereits meine Beine zu mir, um meinen Gegner wegzustoßen, da hatte er sich bereits auf meinen Beinen niedergelassen. Mit seinen Händen fixierte er meine Arme auf dem Boden, aber ich wehre mich trotzdem dagegen.
Als ich ihm ins Gesicht blicken wollte, erschrak ich so sehr, dass ich für einige Momente stillhielt. Das Paradoxe an der ganzen Sache war jedoch, dass diese Person überhaupt kein Gesicht hatte. Weder Augen noch eine Nase oder einen Mund, da war rein gar nichts, außer eine Schwärze, die so dunkel war, dass ich mich fürchtete. Es war komisch, wie diese Person – falls das überhaupt ein Mensch war – mir so viel Angst machen konnte, obwohl ich sie noch nicht einmal jemanden zuordnen konnte. Aber innerlich wusste ich einfach, dass das jemand sein musste, der seine Dunkelheit nach außen hin zeigen konnte.
Nach ein paar Augenblicken reagierte jedoch wieder mein Verstand. Ich versuchte, mich gegen die Kraft meines Gegners zu wehren, dabei schaffte ich es ihn kurzzeitig von mir zu stoßen. Ich drehte mich auf den Bauch und versuchte wegzurobben, doch ich kam nur ein paar Meter, bis mich erneut jemand festhielt. Die Hand umschloss fest meinen Nacken und wälzte mich wieder auf die andere Seite, die Finger bohrten sich jetzt tief in meine Kehle, sodass mir langsam die Luft abgeschnürt wurde. Mit meinen Nägeln versuchte ich irgendwie, den Griff zu lockern, doch ich hatte das Gefühl, dass je mehr ich mich wehrte desto fester zugepackt wurde.
Mein Gegner griff mit der rechten Hand an seinen Hosenbund und zog ein scharfes Messer hervor. Es kam mir bekannt vor, und plötzlich wusste ich auch, wieso. Die Waffe hatte ziemlich große Ähnlichkeit mit welcher Cory umgebracht wurde. Ich wusste das so genau, weil ich immerhin diejenige war, die sie tot auffand. Ich erinnerte mich an den Holzgriff, der kunstvoll geformt wurde, ich erinnerte mich an die silberne Klinke, die am Ende eine feine Gravur hatte. Mich packte augenblicklich die Panik, denn ich wusste einfach, dass jetzt der Moment gekommen war, in dem ich sterben würde. Ich fragte mich für einen winzigen Moment, ob sich so auch Cory gefühlt hatte. So machtlos, so verängstigt. Mir stiegen die Tränen in die Augen, mein Atem zitterte vor Anspannung. Ich versuchte nochmals mit aller Kraft, die Person von mir wegzustoßen, aber ich war dafür einfach zu kraftlos.
Das Messer hob sich über meiner pochenden Brust, doch ich wandte den Blick ab, um den letzten Moment nicht mitansehen zu müssen, und dann wartete ich auf den stechenden Schmerz. Das Herz schlug wild gegen meine Rippen, in der Hoffnung es würde bei jedem Schlag noch einen weiteren verüben können.
Plötzlich hörte ich ein klirrendes Geräusch neben mir, dann nahm das Gewicht unter meinen Beinen ab. Ich fragte mich, ob sich so das Sterben anfühlen musste, doch nach ein paar Sekunden, in denen nichts passierte, öffnete ich meine Augenlider wieder. Ich lebte noch. In meinem Kopf herrschte ein großes Chaos aus Fragen.
Vorsichtig sah mich um, und jetzt wurde mir auch klar, wieso ich nicht tot war. Mein Gegner kämpfe gegen einen jungen Mann, dessen bloße Statur mir verraten konnte, wer mein Retter war. Cayden drückte die andere Person zu Boden und versuchte, die Hände zu fixieren, dabei versetzte ihm der Gegner einige heftige Schläge gegen die Rippen. Er knickte ein und verlor somit die Kontrolle. Die gesichtslose Person wälzte sich auf Cayden um und versuchte dabei das Messer zu greifen, welches sie bei dem Angriff verloren hatte. Ich konnte mich kaum bewegen, es war so, als würden meine Muskeln nicht reagieren. Ich sah ihnen stumm dabei zu, wie sie sich gegenseitig prügelten, doch schließlich zwang ich mich dazu, mich mit dem Oberkörper aufzurichten.
Ich streckte mich nach dem Messer, um es als erstes greifen zu können, doch die gesichtslose Person war schneller. Sie nahm die Waffe und stach damit tief in Caydens Brust, bevor wir beide überhaupt reagieren konnten. Für ein paar Sekunden herrschte absolute Stille, selbst mein Herz schien für ein paar Momente auszusetzten. Ich riss die Augen auf und starrte auf das Messer, das in Caydens Körper steckte. Bilder, aus der Nacht, in der ich Cory tot aufgefunden hatte, rauschten durch meinen Kopf. Ich sah ihren Körper, der genauso leblos wie Caydens auf dem Boden ruhte. Ich sah die Waffe, die ihr Herz genauso wie Caydens zum Stehen zwang. Ich sah das viele Blut, das sich langsam über den Asphalt ausbreitete.
Der Augenblick schien wie in Zeitlupe zu vergehen, erst als ich Caydens Röcheln wahrnahm, reagierte ich wieder. Ich drückte mich hoch und rannte zu Cayden, der leise nach Luft zu schnappen schien. Sein Blick war hoch in die Ferne gerichtet, seine Augen schienen dabei vollkommen leblos zu sein. In mir brach etwas, wovon ich dachte, dass es nicht noch einmal brechen könnte.
Vorsichtig kniete ich mich zu ihm hin, dabei achtete ich darauf, ihm nicht noch mehr Schmerzen zu zufügen. Mittlerweile liefen mir unkontrolliert die Tränen, die ich jedoch nicht aufhielt.
Mein Kopf war wie leer gefegt. Ich hatte das dringende Bedürfnis, etwas zu tun, irgendwas, aber ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte.
„Cayden?" Meine Stimme war nur ein Hauchen, das sich jedoch unglaublich laut anhörte.
Er reagierte nicht wirklich, sondern ringte nur noch weiter nach Luft.
Ich traute mich fast nicht, ihn zu berühren, weil ich dann merken würde, dass er echt war.
„Cayden?", flüsterte ich mit Tränen erstickter Stimme und presste die Lippen zusammen.
So etwas hatte ich nicht gewollt. Nicht für ihn.
Er hatte mich verletzt, und das so tief, dass ich kaum wieder aus meinem Loch kam. Ich hatte so viel Negatives ihm gegenüber empfunden, und gleichzeitig hielten meine Gefühle für ihn an. Nach allem, was zwischen uns passiert war, durfte es noch nicht enden. Nicht so.
Plötzlich kniff er seine Augen für einen kurzen Moment zusammen, und dann entließ er die Luft aus seinen Lungen. Er bewegte sich nicht mehr. Er atmete auch nicht mehr. Sein Körper lag wie eine leere Hülle auf dem kalten Asphalt, während seine Seele sich abgelöst hatte.
Ich hielt die Luft an. Je länger ich auf ihn starrte desto mehr wurde mir klar, dass er tot war. Genauso wie es bei Cory war.
Mit zittrigen Fingern umfasste ich sein kantiges Gesicht. Das Gesicht, in das ich mich verliebt hatte. Seine Haut war eiskalt und zeigte mir, dass er nicht mehr länger am Leben war. Ich schnappte nach Luft und zog die Hand weg, so als ob ich mich verbrannt hätte.
Er war tot.
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Forbidden love
RomanceIhre Liebe ist verboten. So sind die unausgesprochenen Regeln. Das Leben und der Umgang zwischen den DeLaurants und den Cunninghams ist zwar friedlich, doch eigentlich sind sie bis ins Tiefste seit Jahrzehnten verfeindet. Cayden und Fallon, die Kind...