Etwas verzweifelt blieb ich vor meinem Schrank stehen und betrachtete die vielen, verschiedenen Tüten, die etwas versteckt hinten an der Wand standen. Erneut war ich heute einkaufen gewesen und hatte mir diverse Sachen gekauft, die ich früher oder später anziehen wollte. Leider konnte ich das erst, wenn meine Eltern auf der Arbeit waren und ich somit die Chance hatte, mich so anzuziehen, wie ich es wollte. Leise seufzte ich schwer auf und schloss dann meinen Schrank, warf einen Blick auf die Kleidung, die ich so eben trug. Es war schlicht, nur eine Jogginghose und ein großer Pullover, der mir bis zu den Knien reichte. Ganz wohl fühlte ich mich in diesem Moment damit nicht, aber es könnte leider jederzeit passieren, dass meine Eltern einfach ins Zimmer kamen.
Und das ohne vorher angeklopft zu haben.
Etwas traurig schloss ich nun die Schranktür und ließ mich zurück auf mein Bett nieder, griff dabei nach meinem Handy und wählte die Nummer von meinem besten Freund. Er war die einzige Person, die von einem Geheimnis wusste. Und ich wusste, dass ich mich nicht dafür schämen sollte, was ich trug und was nicht. Schließlich waren wir im 21. Jahrhundert, langsam sollte die Menschheit wissen, dass es völlig egal war, was jemand anzog oder wen jemand liebte. Nur leider war das hier in Südkorea noch nicht ganz angekommen und ich fürchtete mich zu sehr vor den möglichen, gemeinen Reaktionen der anderen Menschen. Unter anderem auch die meiner Mitschüler, wenn sie davon erfuhren. Dabei war ich nur eine normale Person, hatte nichts Besonderes an mir und war auch nicht interessant. Dabei wollte ich am liebsten für mich selbst einstehen und mich akzeptieren.
Warum musste die Gesellschaft es mir nur so schwer machen?
,,Hey, Lixie. Alles in Ordnung?", hörte ich es an der anderen Leitung von Jisung, meinem besten Freund. Ihm vertraute ich als einzigen und auch wenn wir zu einem Freundeskreis gehören, war ich mir bei ihm erst recht sicher, dass er mir niemals wehtun könnte. Vielleicht war das auch nur naives Denken von mir und es könnte mich in mein Verderben stürzen, aber umso schwieriger war es, wenn ich gar niemanden hatte, mit dem ich reden konnte. Darum war ich doch ganz froh, jemanden an meiner Seite haben zu können. ,,Bist du schon wieder in deinen Gedanken versunken oder wieso redest du nicht?", schmunzelte Jisung nun etwas, nachdem ich noch immer nichts gesagt hatte. Vermutlich musste ich wohl lernen, weniger mit mir selbst zu reden. War zwar nicht einfach, aber sollte machbar sein.
,,Ich habe nur daran gedacht, dass ich den tollsten besten Freund habe, den ich nur bekommen konnte", erwiderte ich kichernd und ließ mich auf den Rücken fallen. ,,Aber ich habe auch daran gedacht, dass meine Eltern endlich mal gehen sollen... Ich möchte die neuen Sachen anprobieren, die ich letztens gekauft habe. Die sehen so gut aus, Ji! Zwar hat die Verkäuferin mich schräg angesehen, aber es ist doch schon einmal gut, dass ich mich überhaupt getraut habe, in die Stadt zu gehen, nicht wahr?" Ich wollte unbedingt hören, dass er stolz auf mich war. Dass ich es geschafft hatte, einkaufen zu gehen, anstatt alles zu bestellen, wie ich es sonst getan hatte. Und auch das war nicht einmal einfach, denn immerhin musste ich die Pakete abfangen, bevor meine Eltern sie sehen konnten. Wie ich sie kannte, würden sie es ohne meine Erlaubnis einfach öffnen und dann wäre ich so ziemlich am Ende gewesen.
,,Ich bin wirklich stolz auf dich, Felix! Das ist ein großer Schritt. Und irgendwann traust du dich bestimmt, auch in der Öffentlichkeit alles zu tragen, was du möchtest."
Es war ein großer Wunsch von mir, genau das endlich tun zu können. Mit jedem Tag wurde das Verlangen danach etwas größer und ich spürte die Sehnsucht nach meinen Klamotten, in denen ich mich auch wohlfühlen konnte. Aber es war nicht so, dass ich mich deshalb anzog, weil ich mich mit meinem Geschlecht nicht identifizieren konnte. Eher gesagt mochte ich es, ein Junge zu sein. Nur fand ich Klamotten, die eigentlich eher für das weibliche Geschlecht waren, so viel hübscher und interessanter. Darin fühlte ich mich wohl, angefangen mit den süßen Röcken, die es in verschiedenen Farben gab. Nicht nur in der typischen Farbe rosa, sondern ich trug auch viel schwarz und weiß. Doch mehr konnte ich nicht darüber nachdenken, da genau in diesem Moment meine Zimmertür weit von meinen Eltern aufgerissen wurde.
,,Felix, mach dich mal hübsch. Die neuen Nachbarn sind da und wir wollen sie begrüßen."
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𝐒𝐤𝐢𝐫𝐭𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐝𝐫𝐞𝐬𝐬𝐞𝐬 ✦ 𝖧𝖸𝖴𝖭𝖫𝖨𝖷
FanfictionFelix wusste schon immer, dass er anders war als die anderen. Das lag nicht nur daran, dass er aus Australien stammte und die koreanische Sprache noch nicht perfekt beherrschte, sondern auch an der Tatsache, dass er Kleidung trug, die laut der Gesel...