Chapter 05 🌈

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,,Da ist ja mein äußerst hübscher bester Freund endlich!"

Kichernd ließ ich mich von Jisung fest in die Arme ziehen, als wir uns am nächsten Morgen vor dem Unterrichtsbeginn in einem kleinen Café trafen. Das machten wir oft, wenn uns noch etwas Zeit blieb und da ich sowieso nicht lange am Morgen brauchte, war das hier eine gute Möglichkeit, mal etwas Ruhe zu haben, anstatt direkt in den Tag mit vielen Menschen zu starten. Zumal hier so früh kaum jemand war, es war immerhin erst halb sieben. Und auch wenn mein bester Freund deutlich müde wirkte, hatte er wieder sein strahlendes Lächeln auf den Lippen, als er einen starken Kaffee bestellte. Wie konnte man das überhaupt zu sich nehmen? Kaffee war nicht lecker. Für mich zumindest. Dennoch verstand ich Menschen nicht, die praktisch davon lebten.

Aber jeder hatte natürlich seinen eigenen Geschmack.

,,Du bist manchmal so doof", schmunzelte ich jedoch nur und holte mir selbst eine heiße Schokolade. Mit unseren Getränken ließen wir uns hinten auf unsere Plätze fallen und hatten jetzt fast eine Stunde Zeit, miteinander zu reden. Da wir etwas außerhalb wohnten, mussten wir mit dem Bus zur Schule fahren und da die anderen erst viel später fuhren, kam es vor, dass wir ziemlich früh da waren. Irgendwann hatte Jisung das Café hier entdeckt und seitdem gingen wir beide immer zusammen dahin. Es war wie unser eigenes, kleines Ritual und ich mochte es. Ich brauchte Pläne und Rituale in meinem Leben, ansonsten wäre alles so ein großes Durcheinander, dass ich damit nicht klarkommen könnte. Diese Ordnung half mir aber ganz gut auf den eigenen Beinen zu bleiben.

,,Also, erzähl mal. Wie war das Essen denn jetzt mit euren neuen Nachbarn?"

,,Ganz okay... Denke ich", seufzte ich leise auf und dachte wieder an gestern, aber das wollte ich nicht einmal. Am liebsten würde ich es ganz vergessen, obwohl da nicht einmal etwas Schlimmes passierte. ,,Sie haben zwei Kinder. Hyunjin und Yeji. Beide sind wirklich nett, aber ich habe mich eher weniger mit ihnen unterhalten... Und Hyunjin hat mich sogar von dort befreit. Ah! Er kommt auch auf unsere Schule und womöglich in unsere Klasse. Er ist erst im März 17 geworden." Aber der Gedanke gefiel mir nicht. Zwar hatte ich nichts gegen Hyunjin, keinesfalls. So lange kannte ich ihn nun einmal nicht, um mir ein Urteil bilden zu können. Aber ich hatte dennoch Angst. Was würde wohl passieren, wenn er sich an Jisung und mich heften würde und dabei unsere Gespräche belauschen konnte?

Oder ich wurde einfach zunehmend paranoid.

,,In unsere Klasse? Interessant", nickte der Ältere leicht und nahm einen Schluck von seinem Kaffee, verzog nicht einmal das Gesicht, was ich bei dieser Bitterkeit wohl mehr als einmal getan hätte. ,,Vielleicht solltest du dich besser mit ihm anfreunden. Er könnte eine gute Hilfe sein, wenn du mal wieder vor deinen Eltern abhauen möchtest. Mich kannst du ja leider nicht immer als Ausrede benutzen, vor allem nicht, seit sie uns das letzte Mal bei einer Lüge erwischt hatten." Einmal hatte ich meine Eltern angelogen und gesagt, ich sei mit Jisung in der Stadt unterwegs. Dabei war ich in einer ganz anderen Stadt gewesen, in der mich niemand kannte und hatte mich so angezogen, wie ich es wollte. Nur leider hatte meine Mutter Jisung anschließend draußen erwischt und da ich nicht dabei war, flog die Lüge auf. Seitdem waren sie jedes Mal misstrauisch.

Und ich hasste es. Würden sie mir endlich mal das Gefühl von richtiger Akzeptanz geben, hätte ich keine Angst und müsste sie auch nicht ständig anlügen.

,,Ich weiß nicht... Hyunjin erscheint sehr nett zu sein, aber ich glaube nicht, dass er mich je wirklich akzeptieren würde..."

𝐒𝐤𝐢𝐫𝐭𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐝𝐫𝐞𝐬𝐬𝐞𝐬 ✦ 𝖧𝖸𝖴𝖭𝖫𝖨𝖷Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt