Nachdem die Schule endlich ihr Ende genommen hatte, kam Jisung auf die glorreiche Idee, dass wir unbedingt gemeinsam Enten füttern sollten. Manchmal hinterfragte ich meinen besten Freund wirklich, dennoch würde ich ihn niemals verurteilen. Immerhin tat er dasselbe bei mir ebenso wenig und akzeptierte mich so, wie ich nun einmal war. Die Dankbarkeit dafür konnte ich nicht einmal in Worte fassen, denn sie war so groß, dass es mich schon fast überwältigte. Ich liebte Jisung wie einen eigenen älteren Bruder und ohne ihn hätte ich längst mit allem aufgehört und mich weiterhin jahrelang gequält. Darum sagte ich nichts gegen seine Idee und zu meiner Überraschung stimmte selbst Hyunjin fröhlich dem Ganzen zu.
Und so machten wir uns zu dritt auf zum Supermarkt, damit wir Getreide oder Obststücke besorgen konnten.
Viele dachten, dass Brot für Enten gut sei, aber dem war tatsächlich nicht so. Eher war es ungesund für diese und deshalb hatten wir uns für Getreide und Obst entschieden, zumal wir sicherheitshalber im Internet nachgelesen hatten. Etwas fröhlich lief ich neben den beiden Jungs her und lauschte ihren Gesprächen, die über die heutigen Hausaufgaben handelten. Ab da schaltete sich mein Gehirn bereits aus, denn ich wollte nicht daran denken, wie viel mir von den schulischen Sachen noch fehlte. Viel eher konzentrierte ich mich auf mein Crossdressing, was zwar nicht das Beste war, aber es machte mich schließlich auch glücklich, wenngleich ich noch immer das Gefühl hatte, mit mir könnte psychisch etwas nicht stimmen. Aber selbst dieser Gedanke war so absurd. Ich trug nun einmal gerne die Kleidung, die als feminin angesehen wurde. Das konnte nicht schlimm sein. Es schadet niemandem. Oder?
,,Lixie? Lix! Du hörst mir ja gar nicht zu!", beschwerte sich Jisung und blieb nun vor mir stehen, sodass ich gegen meinen besten Freund lief und mich dabei quietschend erschreckte. Er wusste doch ganz genau, wie sehr ich es hasste, erschreckt zu werden! Unschuldig sah ich den Älteren vor mir einfach nur an, wusste genau, wie er diesem Blick nicht widerstehen konnte, und demnach war er auch gar nicht wirklich sauer auf mich. Noch nie hatten wir uns beide gestritten oder waren länger als eine Stunde auf den jeweils anderen böse. Wir liebten uns so sehr, dass es praktisch unmöglich war, je einen Keil zwischen uns zu treiben. Und natürlich hatten es andere toxische Menschen zwar versucht, aber sie waren darin gescheitert. Und so würde es immer auch sein. Wahre Freunde ließen sich nicht trennen.
,,Entschuldige, Sungie. Aber schau mal, da ist der Supermarkt!"
Damit wechselte ich das Thema und rannte direkt los. Hinter mir hörte ich Hyunjin leise lachen, während Jisung mir noch eine Beleidigung hinterherwarf, was ich aber gekonnt ignorierte. Natürlich meinte er das nicht ernst. So war er eben. Und während ich den Laden betrat, wollte ich mich wirklich nach dem Essen für die Enten umschauen. Aber etwas anderes erweckte meine Aufmerksamkeit und ich sah wunderschöne Stiefeletten mit einem nicht allzu hohen Absatz und in einer weinroten Farbe. Mit großen Augen näherte ich mich den Schuhen und erkannte sogar erfreut, dass sie meine Größe hatten. Leicht biss ich mir auf die Lippen und widerstand dem Drang, sie anzuprobieren. Das konnte ich hier nicht tun, zumal Hyunjin ebenso mit uns war. Mein Geheimnis sollte nicht auffliegen.
Ich fürchtete mich zu sehr vor den Reaktionen.
Nur deshalb legte ich schweren Herzens die Schuhe zurück und seufzte enttäuscht auf, wandte mich ab und erkannte leider, wie Hyunjin mich genauestens dabei beobachtet hatte, während Jisung bereits bei dem Obst stand. Kurz erwiderte ich den Blick des Blondhaarigen und senkte anschließend den Kopf, lief mit schnellen Schritten zu meinem besten Freund. Mein Nachbar konnte nicht wissen, wie sehr ich diese Schuhe wollte. Niemals hatte er das jetzt schon erraten und bestimmt dachte er, ich wolle sie für meine nicht vorhandene Freundin oder für meine Mutter holen. Nur weil ich etwas anstarrte, hieß es ja nicht gleich, dass ich so etwas anziehen würde, nicht wahr? Ich war grundlos paranoid.
Vielleicht sollte ich doch lieber alles über das Internet bestellen und nie wieder einen Laden betreten.
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𝐒𝐤𝐢𝐫𝐭𝐬 𝐚𝐧𝐝 𝐝𝐫𝐞𝐬𝐬𝐞𝐬 ✦ 𝖧𝖸𝖴𝖭𝖫𝖨𝖷
FanfictionFelix wusste schon immer, dass er anders war als die anderen. Das lag nicht nur daran, dass er aus Australien stammte und die koreanische Sprache noch nicht perfekt beherrschte, sondern auch an der Tatsache, dass er Kleidung trug, die laut der Gesel...