Kapitel 10 ✔️

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Yoongis Pov

"Yoongi. Pst, Yoongi. YOONGI. EY YOONGI!", weckte mich eine sehr laute Stimme. Ich drehte mich auf die andere Seite und versuchte weiter zu schlafen.

"Sayuri, der wacht immer noch nicht auf. Was soll ich noch machen?", fragte die Stimme, zu der ich immer noch kein Gesicht zuordnen konnte. Eine Weile hörte ich nichts mehr, dann Schritte die sich vom Bett entfernten.

Ich wollte schon erleichtert aufatmen und wieder einschlafen, weil diese Person nach fünf Minuten immer noch nicht wieder gekommen war. Aber zu früh gefreut. Die Schritte näherten sich wieder meinem Bett. Und eine Sekunde später spürte ich eine kalte Flüssigkeit auf mir. Seit wann regnet es denn im Haus?

Mein müdes Gehirn brauchte eine Weile um zu verarbeiten, was gerade passiert war. Ich wurde geweckt, mit Wasser, von einer fremden Person und diese befand sich auch noch in meinem Haus.

Ich glaube so schnell hatte ich mich noch nie aufgesetzt. Nun saß ich nass im Bett und starrte meinen halb vor Lachen sterbenden Therapeuten an, der gerade den Anruf mit Sayuri beendet hatte und sein Handy zurück in die Tasche steckte. Stimmt, da war ja was gewesen.

Sayuri hatte mir gestern Abend, kurz bevor ich eingeschlafen war, noch gesagt, dass sie morgen mit den Kindern und Tae einkaufen geht, die Kinder wachsen einfach zu schnell, und sie deshalb den Termin mit Jesoo verlegt hatte. Sonst wäre er nämlich heute Nachmittag gekommen, aber da ich ja sonst den ganzen Vormittag lang schlafen und faulenzen würde, hatte sie ihn verschoben. Übrigens das war nicht meine Sicht auf die Dinge.

"So, da wir nun jetzt auch alle wach sind, können wir ja beginnen. Ich habe mir überlegt, weil du ja schon nass bist, können wir heute mal wieder in den Pool gehen.", rief ein sehr über motivierter Therapeut und klatschen dabei in seine, für einen Mann, kleine Hände.

Ich strafe ihn mit einem Todesblick und versuchte mit der Hand an meinen Rollstuhl ranzukommen. Wie gesagt, versuchte. Jesoo zog ihn mir kurz bevor ich ihn erreicht hatte weg und machte dabei ein Geräusch, wie wenn man eines machen würde um einen Hund auszuschimpfen.

Zum zweiten Mal an diesem Tag warf ich ihn einen Todesblick zu. Aber irgendwie schien er gegen die immun zu sein. Meinen letzten Therapeuten hatte ich damit erfolgreich verscheucht. Ich fand ihn etwas zu bunt und er hatte förmlich gestrahlt wenn er redete. Das ging selbst Sayuri nach einer Weile auf den Keks.

Ich stützte mich auf meine Arme ab und stand sehr vorsichtig und langsam auf. Gerade als ich dachte, dass ich wieder Bekanntschaft mit dem Boden machen würde, setzte ich schnell einen Fuß nach vorne. Stand somit mit den Füßen versetzt da und versuchte das Gleichgewicht zu halten.

"Wow, ich habe von Sayuri gehört das du Fortschritte gemacht hast, aber das hätte ich nicht erwartet. Das war gerade dein erster Schritt nach zwei Jahren. Wie hast du das gemacht?", ertönte die begeisterte Stimme von Jesoo neben mir. "Glaub mir, ich habe keine Ahnung, was gerade passiert ist. Aber könntest du mich bitte festhalten, ich falle in ein paar Sekunden.", antwortete ich ihm.

Mein Therapeut kam der Aufforderung schnell nach und beförderte mich in meinen Rollstuhl. Danach fuhr ich ins Bad zog mir eine Badehose an, fuhr dann noch in die Küche um mir ein Brötchen zu holen und anschließend rollte ich mit dem Brötchen im Mund auf unsere Terrasse, wo sich auch ein großer Pool befand.

Jesoo befand sich schon in diesem und fordert mich auf ihm zu folgen. Ich aß aber noch in aller Ruhe mein Brötchen zu Ende und begab mich dann erst in den Pool.

Wir waren ungefähr eine Stunde drin und er machte mit mir meine Übungen, zeigte mir aber auch neue. Die ich machen sollte, wenn mir langweilig wäre. Also nie.

Danach verabschiedete er sich von mir und so war ich wieder allein. Ich schaute auf die Uhr und beschloss Mittagessen zu machen. Sayuri hatte mir vorhin über KakaoTalk mitgeteilt, dass sie dann wieder da sein will.

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Gerade haben wir Abendbrot gegessen und Sayuri hatte mir die ehrenvolle Aufgabe aufgetragen die Kinder zu bespaßen, während sie duschen ging.

Lennox hat sich wieder an einem Stuhl hochgezogen und versucht sich schon in kleine tippelige Schritte zu machen. Namida saß daneben und quengelt wieder rum. Ich würde mich am liebsten neben sie setzten und mit quengeln.

Während ich mit Namida spielte, schaute ich immer mal zu Lennox, ob noch alles in Ordnung bei ihm war. Als ich mich wieder zu Lennox umdrehte sah ich ihn vorsichtig um einen Stuhl herum laufen, an dem er sich festklammerte. Ich schaute ihm kurz länger zu und fühlte nichts außer pure Freude.

Ich drehte mich wieder zu Namida um, denn sie gab schon ungeduldige Geräusche von sich. Aber sie saß nicht mehr dort, wo sie eigentlich sitzen sollte, sie ist zu einem andern Stuhl gekrabbelt und hatte sich genau so wie Lennox an ihm hochgezogen. Ich schaute ihr dabei zu, wie sie versuchte zu laufen genauso wie ihr Bruder, sie schaffte es aber noch nicht und fiel auf ihren Po.

Ich beobachtete die Zwillinge noch eine Weile, wie sie sich hochzogen um wenig später wieder umzufallen und fasste einen Entschluss. Wenn 20 Monate alte Kinder das können, kann ich das auch.

Also fuhr ich mit dem Rollstuhl zum Tisch, stützte mich auf die Armlehnen und stand sehr vorsichtig und langsam auf. Ich glich wirklich einem Kind, dass gerade laufen lernte.

Ich stand eine Weile nur da und wartete bis ich mir sicher in meinem Stand war, dann versuchte ich einen Fuß nach vorne zustellen, genau so wie heute früh. Dabei klammerte ich mich, wie ein ertrinkender an den Tisch. Ich fing an zu schwitzen durch die Anstrengung. Aber nach einer Weile standen meine Füße wieder versetzt da.

Aus Freude lief mir eine Träne über die Wange, wahrscheinlich auch wegen der Anstrengung, ich konnte das nicht so genau sagen. Langsam versuchte ich den anderen Fuß nachzuziehen. Dies klappte auch nach einer Weile. Ich war gelaufen, das erste Mal seit Jahren. Mir lief erneut eine Träne über die Wange, aber diesmal ganz klar aus Freude.

"Hey Yoongi, ich..." Sayuri kam gerade ins Zimmer, aber ihr blieb der Satz den sie gerade sagen wollte im Hals stecken. Sie stand in der Tür und schaute mich überrascht und auch leicht ungläubig an. Dann wandelte sich ihr Gesichtsausdruck in Staunen um. Sie kam auf mich zu und nahm mich stürmig in den Arm. "Ich liebe dich!", flüsterte sie mir ins Ohr und küsste danach meine Wange.

Ich lachte leicht und wollte gerade etwas erwidern, da spürte ich wie sich kleine Hände an meiner Hose hoch zogen. Ich schaute runter und sah Lennox der sich an meine Hose festkrallte hatte. Namida kam auch auf uns zu gekrabbelt und zog sich bei ihrer Mutter hoch. So standen wir umarmend da, wie eine kleine Familie. Ich war in diesem Moment mehr als nur glücklich und schwor mir ihn für immer in meinem Herz zu behalten.

Wenn es nur meine eigenen Kinder wären.

First LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt