~𝟙𝟝~

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Mitten in der Nacht wurde ich von etwas Kleinem geweckt, dass auf mir herum kletterte und laut miaute. Ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren und fand mich auf ausklappbaren Matratze neben Nialls Bett auf dem Boden wieder. Wie war ich hierher gekommen? Wenn ich mich recht erinnerte, war ich auf dem Sofa eingeschlafen und ich konnte mich nicht daran erinnern, noch einmal aufgewacht zu sein. Verschlafen tastete ich nach der kleinen Katze, die nun endlich Ruhe gab, als sie merkte, dass ich wach war.

Ich setzte mich auf und da meine Augen sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich erkennen, dass auch Niall hier war. Er lag in seinem Bett und schlief seelenruhig. Ich warf einen Blick auf mein Handy, dass neben der Matratze lag und kniff die Augen zusammen, als mich das helle Licht blendete. Es war vier Uhr mitten in der Nacht. Ich stöhnte.

"Warum hast du mich denn geweckt, du kleines Monster?", fragte ich die Katze, die natürlich nicht antwortete.

Ich wollte mich gerade wieder hinlegen, als ich plötzlich ein Geräusch vernahm. Es war nicht besonders laut, aber ich hörte es dennoch. Verwundert runzelte ich die Stirn. Was war das bloß?

Neugierig stand ich, mit der kleinen Katze auf dem Arm, auf und ging hinaus in den Flur. Jetzt konnte ich es ganz deutlich hören, jemand weinte. Das Schluchzen und Wimmern kam aus Harrys Zimmer und ich konnte einen leichten Lichtschein unter der Tür hervor leuchten sehen.

"Harry?", rief ich leise und öffnete vorsichtig die Tür, die nur angelehnt gewesen war.

Das Bild, das sich im Inneren des Raumes ergab, zerbrach mir beinahe das Herz. Die kleine Nachttischlampe leuchtete wieder und war anscheinend auch die Ursache für den Lichtschein unter der Tür. Harry saß, mit dem Rücken dicht an die Wand mit den Schränken gepresst, auf dem Boden und weinte. Er hatte seine Beine angewinkelt und mit seinen Armen umschlossen, den Kopf auf die Knie gestützt, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Obwohl es im Raum nicht besonders hell war, konnte ich erkennen, dass Harry am ganzen Körper zitterte.

Vorsichtig setzte ich die Katze auf dem Boden ab und ging dann langsam auf Harry zu. "Harry?"", fragte ich und ging neben ihm in die Hocke, "Harry, ich bin's Louis."

Keine Reaktion. Er schien völlig gefangen in seiner Welt zu sein. Hatte er mich überhaupt bemerkt? Mich wahrgenommen? Immer wieder schluchzte er laut auf und Zittern durchfuhr seinen ganzen Körper.

"Harry", sagte ich noch einmal sanft und berührte ihn vorsichtig an der Schulter.

Als hätte ein Blitz ihn getroffen, zuckte dieser zusammen und schnellte mit dem Kopf in die Höhe. Seine Augen waren gerötet vom vielen Weinen und ich konnte seine Angst und Anspannung beinahe spüren. Sein Atem ging schnell und unkontrolliert, als er mich panisch anstarrte.

"Ich bin's Louis", flüsterte ich, meine Hand immer noch auf seiner Schulter ruhend, "Du musst keine Angst vor mir haben, ich tue dir nichts. Ich bin Nialls Kumpel, weißt du noch?"

"Ich... kriege keine... Luft... mehr", brachte Harry unter lauten Schluchzen hervor.

"Okay, alles ist gut Harry, wir kriegen das hin, vertrau mir", sagte ich leise, "Versuch mal, ganz tief ein zu atmen."

Harry nickte stumm und tat, was ich ihm sagte. Wirklich langsam atmete er nicht, aber schon deutlich gelassener als zuvor.

"Und jetzt atme ganz langsam wieder aus. Atme ruhig richtig laut aus, das hilft, vertrau mir", setzte ich fort und streichelte ihm vorsichtig mit den Fingern die Schulter.

Ich ließ Harry diese Übung noch oft wiederholen und merkte, wie er immer ruhiger wurde. Inzwischen saß ich ganz dicht neben ihm, mit dem Rücken an den Schränken und den Beinen ausgestreckt. Ich strich ihm beruhigend über den Arm. Niemand von uns sagte ein Wort, man hörte nur Harry, der ab und zu laut ausatmete.

"Louis ich habe Angst", unterbrach Harry schließlich nach einer Weile das Schweigen.

"Komm her Harry, dir wird nichts passieren", flüsterte ich leise und breitete meine Arme aus.

Ohne auch nur einen Moment zu zögern, lehnte Harry sich zu mir hinüber und platzierte seinen Kopf auf meiner Brust. Die Arme schloss er um meine Taille und schien zu versuchen, sich an mir fest zu klammern, als bräuchte er irgendetwas, was ihm Halt gab. Ich war froh, dass ich noch mein T-Shirt trug, denn andernfalls wusste ich nicht, wie mein Körper reagieren würde. Schon jetzt war es schwierig genug, die Kontrolle zu behalten.

Harry hingegen trug nur seine Brief-Boxer und als ich meinen Arm um seinen nackten Rücken legte, spürte ich, wie verschwitzt er war. Auch Zittern tat er noch ein wenig, doch als ich ihn mit kreisenden Bewegungen vorsichtig streichelte, spürte ich, wie er sich entspannte.

"Schhh, alles ist gut, ich bin bei dir", murmelte ich leise und Harry gab ein gedämpftes Brummen von sich.

Wir saßen eine ganze Weile so am Boden und ich betrachtete fasziniert die vielen Tattoos, die seinen Arm schmückten. Auf der Brust und am Bauch hatte er auch welche, das hatte ich vorhin gesehen, doch da er mit dem Bauch auf mir lag, konnte ich sie nicht sehen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde es schließlich ungemütlich auf dem harten Boden und ich musste immer wieder gähnen. Harry war inzwischen ganz ruhig. Er atmete gleichmäßig und sein Körper hatte wieder eine normale Temperatur erreicht, auch das Zittern hatte aufgehört.

"Ich glaube, wir sollten beide wieder ins Bett gehen und noch ein wenig Schlaf bekommen, meinst du nicht?", fragte ich zögerlich.

"Okay", flüsterte Harry leise und ich schob ihn sanft von mir herunter. Wir standen beide auf und ich brachte Harry noch zurück zu seinem Bett, deckte ihn zu und knipste das Nachtlicht aus, bevor ich in Richtung Zimmertür ging.

"Louis", rief Harry, als ich gerade auf den Flur hinaustreten wollte, "Kannst du bei mir bleiben? Bitte... lass mich jetzt nicht alleine."

Ich zögerte kurz. War das wirklich so eine gute Idee? Zusammen mit Harry in einem Bett schlafen? Wollte ich das? Ich spürte, wie alles in mir drinnen sich danach sehnte, aber ich würde morgen zurück nach Hause fahren. Ich musste mich auf mein Studium konzentrieren, da konnte ich diese Gefühlsduselei nicht gebrauchen.

"Bitte Louis", flehte Harry beinahe schon.

Ich schloss die Tür hinter mir und ging dann zurück zu Harry. Er war jetzt wichtiger als meine Prinzipien. Er war jetzt wichtiger als mein Studium. Jetzt gerade in diesem Moment war er wichtiger als alles andere. Ich schlug die Decke zurück und legte mich neben Harry, ehe ich sie wieder über uns zog. Ich würde ihn jetzt nicht alleine lassen.

"Danke", flüsterte er leise.

Dann rollte er sich auf die Seite, von mir weg. Er kam mir so hilflos vor, so verloren. Wie er da vorhin am Boden gesessen hatte. Das war das Schlimmste gewesen, was ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Zu gerne würde ich ihm sagen, dass ich für ihn da war, dass er sich nicht fürchten musste und dass ich ihn beschützen würde. Doch das alles waren nur leere Versprechungen. Morgen würde ich zurück nach Hause fahren und dann würde ich mein Studium beenden, einen gut bezahlten Job bekommen und ihn nie wieder sehen.


Bisschen lang geworden das Kapitel... Oops

1162 Wörter - Ivy


All your little things - LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt