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"Können wir nicht jetzt mal eine kleine Pause machen? Hinter den Zebras ist ein kleiner Kiosk und ich habe einen Bärenhunger", quengelte Niall und sah mich mit einem flehenden Gesichtsausdruck an.

"Aber ich wollte vor 14:00 Uhr noch die Phoca vitulina sehen", quengelte ich zurück, "können wir nicht danach etwas essen? Dann passt das auch besser, ich esse nämlich in der Regel immer erst um 14:00 Mittag."

"Dann machst du heute halt mal eine Ausnahme. Bitte Louis, ich verhungere sonst. Und was zur Hölle sind Phoca irgendwas?" Niall sah mich mit einem verwunderten Blick an.

"Seehunde", meinte ich nur und er nickte anerkennend. "Ich fand deine Ausdrucksweise schon immer faszinierend", grinste er, "Können wir nicht einen Kompromiss machen? Du gehst zu deinen Seehunden und ich hole mir beim Kiosk eben einen Burger. Dann treffen wir uns wieder hier und du kannst dann pünktlich zu deiner Mittagsessenszeit auch etwas verdrücken."

Ich überlegte kurz, willigte dann aber ein. Wenn Nialls Gejammer noch schlimmer werden würde, wäre es bald nicht mehr auszuhalten und ich wollte auch nicht dafür verantwortlich sein, wenn er an einem qualvollen Hungertod sterben würde. So kam es also, dass ich kurz darauf alleine auf einem der Trampelpfade, die durch den Zoo führten, unterwegs war.

Ich sah mich um und genoss die warme Sonne, die auf mich hinab schien. Dieser Zoo hier war wirklich schön. Er war nicht so überfüllt wie andere und lag in einem kleinen Wäldchen, was alles irgendwie ein wenig natürlicher wirken ließ. Es gab keine gepflasterten Wege oder Straßen, sondern nur diese kleinen Trampelpfade, die gerade mal so breit waren, dass ein kleines Auto darauf fahren konnte. Doch hier fuhren natürlich keine Autos, nur ab und zu sah man eines dieser kleinen Mobile mit offenem Dach und zwei Sitzen, mit denen die Mitarbeiter und Tierpfleger unterwegs waren.

Bald endete der Trampelpfad und ich stand an einer Weggabelung. Wenn ich nach rechts ging, würde ich zu den Seehunden kommen, also schlug ich diese Richtung ein. Es dauerte auch nicht lange, da war ich schon angekommen. Es war ein großes quadratisches Becken, das am Rand mit hohen Glasscheiben umzäunt war. Ich ging ganz nah an eine dieser Scheiben und drückte mein Gesicht daran platt, doch sehen konnte ich nichts. Wo waren die Seehunde?

Ein wenig frustriert wandte ich mein Gesicht wieder ab und drehte mich so gedankenverloren um, dass ich gar nicht merkte, dass hinter mir ein junger Mann stand mit dem ich nun zusammen stieß.

"Oops", stieß der Mann mit einer fröhlichen tiefen Stimme aus.

"Hi", erwiderte ich nur dümmlich und stand da wie bestellt und nicht abgeholt, unfähig mich zu bewegen.

Der junge Mann hatte dunkelbraune Locken, die ihm bis über die Schultern reichten. Außerdem trug er einen dunkelgrünen Hut, der ihn wohl vor der Sommersonne schützten sollte. Als ich ihm ins Gesicht blickte, stockte mir fast der Atem. noch nie in meinem Leben hatte ich einen so wunderschönen Menschen gesehen. Seine Augen funkelten grün wie Smaragde und seine Augenbrauen waren perfekt geschwungen. Die auffälligen Grübchen, die sich auf seinen Wangen abzeichneten, wenn er lächelte, so wie jetzt, ließen ihn total sympathisch wirken. Auch strahlte er eine so herzliche Wärme aus, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte.

"Verzeihung", grinste er, "Ich wollte nicht in Sie hinein laufen. Aber ich habe gesehen, dass Sie die Seehunde beobachten wollen. Die sind ein bisschen scheu und kommen nur selten hier herauf aber ich kann Ihnen einen Platz zeigen, wo Sie sie besser beobachten können."

"Okay?", meinte ich nur etwas schüchtern.

Zum Glück schien sich der Lockenkopf von meiner Unsicherheit nicht beirren zu lassen, denn er machte sich schon auf den Weg, mir seinen super Beobachtungsplatz zu zeigen. Wie ein kleines Hündchen tapperte ich ihm hinterher.


610 Wörter - Ivy

All your little things - LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt