A NEW AVENGER

21. Erster Auftrag, Teil 2

Die Tür hatte mich in eine riesige Halle geführt, die links und rechts von Säulen flankiert war, die eine Art Allee zu einem Empfangstresen bildeten. Der ganze Raum war menschenleer und totenstill. So leise ich konnte schlich ich, dicht an den Säulen entlang, in Richtung Tresen. Ich wollte nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen um alle Kämpfe zu umgehen, die nicht unbedingt nötig waren.
Doch meine Bedenken waren unbegründet. Als ich am anderen Ende der Halle ankam war immernoch kein Laut zu hören und keine Menschenseele zu sehen. Die Überwachungskameras hatte Hydra vorher gehackt um mich auf den Bildschirmen unsichtbar zu machen. Also hatte ich auf technischer Sicht völlig freie Bahn. Der Tresen war nicht besetzt, doch es standen ein offener Laptop und eine Tasse Kaffee auf der steinernen Platte. Die Tasse war warm, das hieß jemand, der hier vor kurzem noch gesessen hatte, würde bald zurück kommen, ich hatte nicht viel Zeit.

Ich umrundete den Empfangsschalter und nahm auf dem davor stehenden Drehstuhl platz. Der Bildschirm war zu meinem Glück entsperrt, was ich ziemlich sicher Hydra zu verdanken hatte, denn nicht mal der größte Vollidiot würde in diesem Gebäude einen Computer unbewacht und offen rumstehen lassen.

Ich fand recht schnell was ich gesucht hatte... einen Gebäudeplan.
Das Gebäude war auf vier Etagen aufgeteilt. Die in der ich mich befand, sie hatte eine unglaublich hohe Decke und war für ihre weitläufigkeit seltsam leer. Die anderen drei Stockwerke befanden sich im "Keller". Der ganze Betrieb war unterirdisch, was fast noch faszinierender war als das fotografische Gedächtnis, das mir in den letzten Wochen antrainiert worden war. Mein Unterricht hatte sich nämlich nicht nur auf das Kämpfen bezogen, sondern auch auf Spionage, Mentale Stärke bei Folter oder Gefangenschaft (was ich eigentlich dauerhaft lernte, zumindest das mit der Gefangenschaft), Hacker Grundausbildung und natürlich das Fotografische Gedächtnis. Ich speicherte also den Plan ab und begab mich zum Aufzug an der hinteren Wand, der mich in die Tiefen der Erde bringen würde.

***

Leichte Nervosität stieg in mir hoch, als sich der Aufzug kaum merklich in Bewegung setzte. Ein Aufzug war für einen Kampf äußerst unpraktisch, da es überhaupt keine Deckungsmöglichkeiten gab. Unruhig musterte ich die grauen Wände. Der Marmorboden unter meinen nackten Füßen war angenehm kühl im Vergleich zum heißen, sandigen Boden an der Oberfläche. Die Angst, der Person zu begegnen, die ihren Kaffee oben stehen hat lassen, wurde immer größer und ich machte mich in dieser Hinsicht auf einen Kampf gefasst.

Ich hatte keine Ahnung wie tief ich im Erdinneren war, als der Aufzug im zweit tiefsten Geschoss anhielt. Das Büro der Zielperson befand sich auf dieser Etage, das war auf dem Gebäudeplan deutlich gekennzeichnet gewesen.
Als sich die Türen, wie ein Theatervorhang, öffneten fokussierten meine Leopardenaugen sofort drei hochgestufte Gefahren. Drei Agents, sie sahen zumindest aus wie Agents, richteten ihre Waffen auf mich. "HALT! Keine Bewegung, kleine!" Nach einem kurzen Moment der Stille in der ich mir einen Plan zurecht legte antwortete ich mit zusammengebissenen Zähnen, "Nenn mich nicht kleine" und griff an.

Ich hechtete nach vorn, auf den ersten der Agenten zu, sprang auf seinem, für besseren Halt, nach vorn gestellten Knie in die Luft und verpasste ihm mit dem anderen Knie einen saftigen Kinnhacken, der ihn vorerst auf den Boden beförderte. Bei meiner Landung hatte der zweite bereits auf mich gezielt und sein Finger am Abzug krümmte sich. Blitzschnell wich ich aus, wie Athena es mir so oft gezeigt hatte, doch sie hatte damals mit Paintballs auf mich geschossen.

Ich verwandelte meine Hand in eine Tatze und vergrub meine Krallen tief im Unterarm des Schützen, der daraufhin unter Schmerzensschreien seine Pistole los ließ. Diese fing ich geschickt auf und brachte mich mit einer eleganten Drehung aus der Angriffszone des dritten Gegners, der sich wohl eher in Faustkämpfen verstand. Er wusste ganz klar was er tat, denn soblad ich mich nach seinem ersten Angriff einen winzigen Moment in Sicherheit wog, zog er mir mit einer schnellen Bewegung seines Beins den Boden unter den Füßen weg. Ich landete mit einem dumpfen Klang auf dem Rücken, was mir alle Luft aus den Lungen presste. Während ich nach Luft schnappte, zog mein Gegner ein Messer aus seinem Gürtel und ließ sich mit seinem einen Knie, mit voller Wucht, auf meinen Brustkorb fallen, was mich erneut nach Atem ringen ließ und mir auch noch höllische Schmerzen in den Rippen verursachte. Plötzlich kam mir die Pistole wieder in den Sinn, die ich dem zweiten Agenten abgenommen hatte, sie lag etwa zwanzig Zentimeter von meiner Hand entfernt, da sie mir im Fall aus den Fingern geglitten waren. Als er gerade mit dem Messer ausholte um zuzustechen ließ er für einen winzigen Moment lang seinen Kopf ungeschützt, was ich sofort ausnutzte. Meine Hand schnellte nach vorne, griff nach der Pistole und schmetterte den Griff, in einem Halbkreis, mit voller Wucht gegen seine Schläfe. Er viel zu Boden und ich konnte mich gerade noch zur Seite rollen, damit er nicht mit vollem Gewicht auf mir landete.

Trotz der schmerzenden Rippen, war mein Kampf noch nicht vorüber, denn im Gegensatz zu Nummer eins und Nummer drei, war Nummer zwei zwar verletzt, aber  nicht bewusstlos und startete einen neuen Versuch, den Eindringling loszuwerden. Er konnte seinen rechten Arm nicht wirklich einsetzen, was ihn zu keiner großen Bedrohung machte. Nach einem kurzen Kampf brachte ich ihn mit einem gezielten Roundhouse Kick zu Boden.

Als ich humpelnd den Gang nach weiteren Wachen abgesucht hatte, aber nicht fündig wurde, ließ ich mich für eine kurze Pause mit dem Rücken zu einer Wand nieder.
Wow dachte ich das war also mein erster Kampf. Meine Rippen fühlten sich irgendwie matschig an, aber sie waren nicht gebrochen. Ansonsten hatte ich den Kampf ganz gut überstanden. Ich hatte alle drei überwältigt und das Beste... Ich war dabei nicht gestorben.

Phase zwei des Plans: Lokalisierung der Zielperson.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf den abgespeicherten Plan in meinem Kopf. Links, dann zweimal Rechts, geradeaus und wieder links, in diesem Gang, die vorletzte Tür auf der rechten Seite. Ich entschied mich spontan, mich in meine Leopardenform zu verwandeln, da ich so wesentlich leiser laufen, und Menschen schon aus weiterer Entfernung wittern konnte.

Ohne weitere Zwischenfälle schlich ich durch die stillen, grauen, einsamen Gänge der unterirdischen... ja, was war es eigentlich? Es war keine Fabrik, oder ähnliches. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass es ein Bürogebäude war, denn dann wären hier erstens mehr Menschen und zweitens wäre es nicht unterirdisch. Was also war der Zweck dieser Einrichtung?

Grübelnd über diese Frage kam ich schließlich vor besagter Tür an. Sie sah aus wie jede andere an der ich vorbei gekommen war, doch meine Nase verriet mir, dass hinter dieser unbestreitbar ein Mensch war. Ich verwandelte mich wieder in einen Menschen und versuchte vorsichtig die Klinke herunter zu drücken. Sie war nicht abgesperrt und die Tür ging etwa zwei Zentimeter auf. Jetzt kam es auf schnelle Reflexe an. Ich wusste nicht wie der Raum aussah, ob es Deckung für mich gab, wie viele Angreifer dort auf mich warteten... Ich ging meine Möglichkeiten durch und setzte letzten Endes auf den Überraschungsmoment.

Ich schmetterte die Tür gegen die Wand und sprang durch den Türrahmen. Ein gefährliches Rauptier Fauchen entwich meiner Kehle und meine Augen blitzten. Die Türklinke hatte eine leichte Delle in die Wand gehauen, doch das war auch das einzige was passiert war. Etwas verdutzt schaute ich mich um.
Vor mir stand ein Schreibtisch hinter dem ein Mann saß, er war etwa 40 Jahre alt und hatte kurze, braune Haare. Sein Gesicht wirkte weiße, als hätte er schon viel erlebt, und seine Augen waren ernst. Ansonsten war der Raum bis auf einige Schränke leer. Keine Wachen, keine Maschinengewehre an meinem Kopf... nur Stille.