31. Night hike

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Ich blinzelte. Wind strich über mein Gesicht. Hoch über mir wogten die Baumkronen im Wind. Außer dem rauschen der Blätter, war nichts zu hören. Langsam fielen mir die vergangenen Ereignisse wieder ein. Ich fasste mit an den schmerzenden Kopf. Mit Mühe richtete ich mich auf und sah an mir herunter. Alles noch dran. Der behelfsmäßige 'Verband' war mit Blut durchtränkt. Links von mir stand das völlig zerstörte Auto. Die Motorhaube war bis zu den Vorderreifen eingedellt und der komplette Wagen war zerlöchert.

"Jo?" Ein Krächzen, mehr bekam ich nicht raus. Keine Antwort. Ich zog mich an der offenen Autotür hoch und humpelte auf einem Bein um das Auto herum, um nach ihr zu sehen. Jo lag auf dem Boden, die Augen geschlossen. Sie hatte die Knie angewinkelt und einen Arm hinter den Kopf gelegt. Ich kniete mich neben sie. "Jo, komm schon. Wach auf." Ich tippte sie an der Schulter an und es schien genügen, um sie auf zu wecken. Sie hatte anscheinend nicht gerade tief geschlafen. Verwirrt schaute sie mich an. "Ach du bist es." Dann fiel ihr Blick auf den Wagen. "Verdammt, mein schönes Auto. Der war nicht versichert." "Tut mir leid." Mehr als das fiel mir vor Überraschung nicht ein.

Wir wurden gerade von einem Killerkomando angegriffen und alles was sie kümmert ist ihr Auto. Wie auch immer, ich würde ihr den Wagen ersetzen, wenn wir in NewYork waren.
"Hast du eine grobe Ahnung wie weit es noch nach New York ist?" "Mit dem Auto ca eine Stunde, aber ich habe keine Ahnung wie lange man zu Fuß brauchen würde. Glaubst du hier im Wald findet uns der Abschleppdienst?" "Keine Anrufe! Das macht es für sie viel leichter uns zu Orten, falls sie das nicht eh schon getan haben..." Ich humpelte zum Wagen und durchsuchte Ihn nach Dingen die wir noch brauchen könnten.
"Wer sind sie ?" "Ich erkläre dir alles unterwegs, das dauert sonst zu lange. Kannst du aufstehen?" rief ich während ich den Kofferraum inspizierte. "Ich denke schon. Warum hast du es so eilig? Und warum durchwühlst du mein Auto?" "Hast du eine Tasche oder einen Rucksack?" Ich beachtete ihre Fragen vorerst nicht. Wir mussten verschwinden, so schnell wie möglich. "Auf dem Rücksitz liegt ein Rucksack."

Nach etwa einer virtel Stunde hatte ich alles brauchbare zusammen gesammelt. In dem Rucksack waren ein Feuerzeug, ein Handy Ladegerät, eine Tüte Brötchen. Ansonsten hatte ich aus dem Kofferraum eine Decke und ein erste-Hilfe-Set gefischt. Zuletzt stopfte ich das Gewehr in die Rucksacköffnung und verschloss ihn. "Wie gut, dass du vorher beim Bäcker warst. Das ist unser Abendessen. Na los, komm schon." Verwundert sah sie mich an. Sie schien meinen Plan noch nicht ganz verstanden zu haben.
"Schön, ich komme ja schon, aber ich erwarte eine ausführliche Erklärung!" Mit diesen Worten stand sie auf und wagte ein paar vorsichtige Schritte. "Nicht mal schwindlig, sieht so aus als hätte ich echt Glück gehabt."

Bevor wir uns auf den Weg machten, öffnete ich das Erste Hilfe Set und verband mein Bein etwas professioneller. Als alles wieder verstaut war setzte ich den Rucksack auf und schloss die Türen. 
"Also dann, wir haben ein ganzes Stück vor uns."
Jo erwiderte nichts. Anscheinend hatte sie keine Lust auf eine weitere Diskussion, solange ich ihr nichts erklärte, doch das hatte ich noch nicht so bald vor.
Auch die nächsten Stunden verliefen ohne Gespräche. Wir kamen langsamer voran als ich es mir gewünscht hätte, aber mit meinem Bein und Jos leichter Gehirnerschütterung ging das nun einmal nicht. Ich hätte als Leopard schneller sein können, doch wenn ich mich jetzt auch noch verwandeln würde, würde Jo einen Herzstillstand erleiden. Ich hatte mich schon gewundert, wie sie den Angriff weggesteckt hatte, doch sie schien sich nicht so leicht unterkriegen zu lassen.

Immer weiter senkte sich die Dämmerung über uns herab. Das Auto war schon lange hinter uns verschwunden und wir stolperten, der groben Richtung nach, in die Nacht hinein. Nach weiterer Zeit hörte ich Jo zittern. Ihre Zähne klapperten und ich merkte das wir beide langsamer geworden waren. "Suchen wir uns was zum übernachten?" Fragte ich nach einer Weile vorsichtig. "Hier draußen? Bist du sicher?" "Ich glaube kaum das hier irgendwo ein Hotel rumsteht... was bleibt uns anderes übrig." "Aber es wird bestimmt ziemlich kalt und was machen wir, wenn es hier wilde Tiere gibt?" In Gedanken schmunzelte ich nur. Die Dachse, die hier nachts rumkriechen, haben bestimmt noch nie einen Leoparden gesehen. "Keine Sorge, Tiere werden von Feuer abgehalten und zur Not haben wir immernoch das Gewehr." "...ohne Munition." Sie zog eine Augenbraue hoch. "Ja... aber damit kann man... draufhauen?" Ich fing an zu grinsen.

Sie lachte. Es tat der Seele gut jemanden Lachen zu hören. Das hatte ich vermisst. In all der Zeit allein, hatte mir das am meisten gefehlt. Ich dachte an meine Tante und... meine Mutter. Mein Lachen erstarb.
"Alles okay?" "Ja... wir sollten uns beeilen, bevor die Sonne komplett untergeht." Ich wandte mich schnell ab, damit sie die Tränen nicht sah, die mir über die Wangen liefen. Ich durchstreifte den Wald und suchte Feuerholz zusammen. Jo tat es mir gleich und nach kurzer Zeit hatten wir einen passablen Haufen zusammengesammelt. Unter einer großen Tanne war schnell ein Feuer entzündet und wir setzten uns daneben. Ich nahm den Rucksack ab und hielt Jo die Tüte mit den Brötchen hin. "Hast du Hunger?" "Nicht gerade Appetit, aber mein Körper schreit förmlich danach." Sie nahm sich zwei der Brötchen und wollte die Tüte zurück geben, doch ich lehnte ab. "Keinen Hunger." Es war zwar nicht ganz wahrheitsgemäß, denn mein Leopard war kurz davor sich vor Hunger selbst zu verspeisen, aber ich würde keinen Bissen herunter bringen, selbst wenn ich es wollte.

"Wenn du es sagst." Sie ließ die Tüte auf den Boden sinken und richtete den Blick ins Feuer. "Quenn?" Ihre Stimme wurde ganz leise und man konnte fast ein zittern darin hören. "Was ist?" "Du hast vorhin im Auto nicht zum ersten Mal geschossen oder? Du schienst genau gewusst zu haben was du tust." Ich sah keinen Sinn mehr sie weiter an zu lügen. "Nein, es war nicht das erste Mal. Ich... habe dir in der ein oder anderen Einzelheit nicht ganz die Wahrheit gesagt." "Das habe ich mir schon fast gedacht..." sagte sie lächelnd. "Wie wärs, du erzählst mir deine Geschichte und ich erzähle dir meine." "Na schön..."

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