33. New York

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Als ich aufwachte sah und fühlte ich genau das gleiche wie am Vortag, nur das der geschrottete Wagen fehlte. Bäume, das Laub auf dem Boden, der sanfte Wind, der die Äste bewegte. Es hatte etwas einsames und dennoch friedliches.

Mittlerweile schmerzte mein Bein ziemlich, doch es hier im Wald zu behandeln war sinnlos. Ich würde warten müssen bis wir in New York waren. Ich hob den Kopf und merkte erst dann, dass ich noch ein Leopard war. Ich stand auf schüttelte mich und lief zu Jo hinüber. Erst tippte ich sie mit der Pfote an und als das nichts half schob ich meinen Kopf unter ihren Arm und ließ ihn fallen. Das weckte sie auf. Als sie mich sah stieß sie einen überraschend hohen Schrei aus und wich ruckartig zurück. Dann schienen ihr die vergangenen Ereignisse und unser gestriges Gespräch einzufallen und sie hielt inne.

"Ach, du bist es. Bist du doch oder?" Ich nickte. Sprechen konnte ich zwar nicht, aber ich konnte mich einigermaßen verständigen. "Heilige Scheiße, hast du mich erschreckt." Ich brachte ihr die Brötchen und hoffte sie würde selbst darauf kommen, was ich damit sagen wollte. "Oh Frühstück, danke." Sie öffnete die Tüte, griff hinein und wollte gerade hinein beißen, als sie inne hielt und meinen Blick bemerkte. "Willst du irgendwie etwas jagen gehen oder so? Keine Ahnung... so als Leopard. Wie machst du das mit essen?"

Ich nickte eifrig, drehte mich um und rannte davon. "Bis später... Schätze ich." Rief sie mir nach, dann war ich hinter den Bäumen verschwunden.

Es fühlte sie wirklich gut an zu rennen. Ich konnte die ganze angestaute Energie ablassen, den Frust, den Schmerz, einfach alles. Das einzige was mich behinderte war mein angeschossenes Bein. Als Leopard kam ich besser zurecht, da ich auf drei Beinen trotzdem gut laufen konnte.
Heute würde ich zum ersten Mal versuchen zu jagen. Bisher war mir das Fleisch immer vorgefertigt hingeschoben worden, doch heute würde ich es selbst hinbekommen müssen. Ich streifte ein paar Minuten durch den Wald, als ich ein Rascheln hörte. Ich frohr in der Bewegung ein und konzentrierte mich auf die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Ein Reh. Es stakste durch das Unterholz und schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Ich spannte die Muskeln an und machte mich zum Sprung bereit. Mit lautem Gebrüll sprang ich auf das Reh zu und erwischte es mit meiner Pranke am Hinterlauf. Es war vor Schreck zusammengezuckt und als es verstand was vor sich ging schoss es mit einer Geschwindigkeit los, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Ich hetzte hinter ihm her und bekam es nach kurzer Zeit zu fassen. Der verletzte hinterlauf hatte dafür gesorgt, dass es lamte und so langsamer als gewöhnlich war. Ich bescherte dem armen Tier einen schnellen Tod und machte mich daran es zu fressen. Es war unglaublich seltsam. Einerseits kamen Instinkte zum Vorschein die es ein Leichtes werden ließen es zu fressen. Andererseits war meine Menschliche Seite zutiefst angewidert, ein unschuldigen Tier so zu verunstalten. Doch ich würde mich damit abfinden müssen, das die Natur so funktionierte.

Als ich fertig war bedankte ich mich im stillen für sein Opfer und machte mich auf den Rückweg. Ich roch den Rauch des Feuers von weitem und auch wenn er mir garnicht gefiel wusste ich das Jos dort war. Als ich nah genug war, verwandelte ich mich zurück in einen Menschen. Kurz wurde mir schwarz vor Augen, doch ich hatte mich schnell wieder gefangen. Jo hatte bereit alles gepackt und als ich aus dem Gebüsch trat hatte sie die Waffe auf mich gerichtet. Ich schmunzelte. "Du weißt dass da nichts drin ist, oder?" "Ach du bist es nur... na ja wäre es jemand fremdes gewesen hätte er es ja nicht gewusst." Als ich näher kam verzog sie das Gesicht und reichte mir die Wasserflasche. "Du hast Blut im Gesicht und an der Hand. Wenn du so in New York aufkreutzt, denken alle du bist ein Psychopath."

Ich wusch mir das Gesicht und die Hände, dann machten wir uns wieder auf den Weg. "Hast du was dagegen wenn ich als Leopard bis nach New York gehe? Es ist einfacher mit vier Beinen..." "Klar, solange du mich nicht frisst." Sie grinste. Schnell verwandelte ich mich und wir trotteten weiter durch den Wald.

Nach weiteren Stunden, die wir vor uns hingetrottet waren, sanken die Sonne wieder dem Horizont entgegen. Der Wald war schon länger hinter uns verschwunden und die Straßen und Häuser nahmen von Minute zu Minute zu. Wir waren den ganzen Tag marschiert und beide hunde müde. Ich verwandelte mich um weniger Aufsehen zu erregen und wir streiften durch die Straßen. "Also, das Hauptquartier ist am nördlichen Stadtrand. Nehmen wir doch den Bus...", ich war föllig fertig und nicht mehr im stande weiter zu laufen. "Ich hab kein Geld dabei..." erwiderte Jo, doch das war mir ziemlich egal. "Wenn es dir lieber ist klauen wir ein Auto." "Schon gut, Bus ist ok." Keiner hatte mehr Lust auf lange Diskussion, also gingen wir zum nächsten Bus Bahnhof und setzten uns in den ersten Bus, der dort ankam.

Bis auf ein paar verwirrte Blicke gab es keine Störung, worüber ich sehr froh war, denn ich hätte nicht garantieren können, dass der Leopard blieb wo er war. Der Bus fuhr los und brachte uns viel zu langsam in Richtung der Avengers. Eine kleine Pfütze bildete sich unter meinem Sitz. Das Blut war durch meinen Verband gesickert. Ich verbarg es mit meinem Schuh und hoffte nur wir wären bald da.
Das gleichmäßige Dröhnen des Motors und das geschaukel des Busses wirkten einschläfernd und ich sah wie Jo immer wieder die Augen zu fielen. Mir ging es ähnlich. Ich tippte sie ab und zu an um sie wach zu halten. Mich selbst hielt der Schmerz einigermaßen wach.

Nach gefühlten Stunden, es waren vielleicht vierzig Minuten gewesen, hielt der Bus an unserer Haltestelle. Der Fahrer hatte nicht kontrolliert, warum wusste ich nicht, doch wir waren ohne Zwischenfälle angekommen. Als wir ausstiegen hätte man meinen können, wir wären betrunken. Wir waren beide Tod müde, ich humpelte und wir sahen aus als hätten wir drei Wochen nicht geduscht. In meinem Fall war das gar nicht so abwegig.

Schon als wir das Gelände betraten, kam uns Bruce entgegen. "QUENN, ICH FASS ES NICHT. PEPPER, SIE IST WIEDER DA." Er hatte uns anscheinend auf den Kameras gesehen und war uns entgegen gelaufen. "Seid ihr okay? Was ist passiert? Ihr seht grauenvoll aus." "Auch schön sie zu sehen, Dr. Banner." Auf dem Weg zu Eingangstür löcherte er uns mit Fragen. Er war aufgeregter als ich. Als wir in der Eingangshalle ankamen, waren Pepper, Tony, Steve und Natasha ebenfalls eingetroffen. "Oh mein Gott, Quenn!" Peppers Gesicht war Tränen überströmt, doch so froh ich auch war sie zu sehen, ich war zu fertig um Emotionen zu zeigen. Ich versuchte kurz zusammen zu fassen was Sache war um so wenig wie möglich reden zu müssen. "Ich bin angeschossen. Das ist Jo, ich erzähle euch alles morgen, sie ist unterkühlt und wir sind beide zum umfallen müde. Ich will nur noch schlafen."

Danach begann heftiges Gerenne. Ich bekam alles nur noch schleierhaft mit. Ich spürte, wie mich irgendjemand trug. Wohin konnte ich nicht sehen. Ich verlor Jo aus den Augen und schließlich übermannte mich die Dunkelheit.

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