Glück ist das Einzige, was wir anderen geben können, ohne es selbst zu haben. – Carmen Sylva
Am nächsten Tag widmete ich mich sofort meiner Aufgabe. Jede Nacht erstattete ich dem Kommandanten persönlich Bericht, damit es keinem auffiel. Es blieb nach der ersten Nacht jedoch nie bloß bei der Berichterstattung.
Wir saßen lange an seinem großen Bürotisch, tranken Tee und diskutierten unsere Theorien über die Identität sowie die Motive des Spiones. Sein scharfer Verstand überraschte mich oft mit neuen brillanten Ideen und Vermutungen. Er war der geborene Kommandant. Außer seinen Fragen nach meinem Wohlergehen, blieb es bei diesem Thema.Auch heute tauschten wir uns über meine neusten Beobachtungen aus. Als unser Gespräch langsam zum Ende kam und wir unsere Gedanken beredet hatten, entdeckte ich wieder mein Zeichenbuch in seinem Bücherregal. Er hatte es mir immer noch nicht zurückgegeben. Da wir in den letzten Tagen ein gutes Verhältnis aufgebaut hatten, entschloss ich mich danach zu fragen.
»Bevor ich gehe, wollte ich fragen, ob ich mein Buch zurück haben könnte.«, wechselte ich kurz das Thema.
Sein Blick fiel auf den Lederumschlag meines Buches.
»Selbstverständlich«, antwortete er, während er sich von seinen Stuhl erhob und zum Regal schlenderte, »ich habe vergessen, es dir wieder zu geben.«
Mit einer lockeren Handbewegung hielt er es mir hin. Als ich es entgegen nahm, streifte meine Hand versehentlich über seinen Handrücken. Abrupt hielt ich inne. Sie war so warm – rau, aber warm. Obwohl alles in meinem Körper mich zwang meine Hand weitergeleiten zu lassen, konnte ich sie keinen weiteren Zentimeter bewegen. Aus Scham konnte ich ihm nicht in die Augen blicken.
»Gibt es ein Problem?« Seine klare Stimme holte mich wieder in die Realität zurück. Ruckartig nahm ich das Zeichenbuch wieder an mich.
»Nein, es tut mir leid, ich war nur kurz in Gedanken.«
Er hob eine seiner buschigen Augenbrauen skeptisch nach oben, doch beließ es glücklicherweise dabei.
»Willst du die Zeichnung auch zurück haben?«, fragte er mich, während er eine Schublade im Schreibtisch herauszog. Anschließend legte er das Porträt vor mir auf den langen Holztisch.
Ich schüttelte aufgeregt den Kopf. Warum hatte er es immer noch nicht weggeschmissen?
»Wie gesagt ich fand es nicht gut.« beteuerte ich abermals.
Lächelnd ließ er sich wieder in den Stuhl fallen.
»Ich glaube, dass ich dir einfach nicht gefalle, denn das Porträt hat mich ausgezeichnet getroffen.«, erwiderte er immer noch schmunzelnd.
Seine Aussage traf mich wie ein Schlag. Perplex starrte ich auf meine Hände, die aufgeregt an meinen Shirt fummelten.
»W-was? Nein, das... Also…«
Ich schluckte.
»Sie haben Recht, die Zeichnung ist sehr gut, ich bin viel zu streng zu mir selbst.«
Mit einem sanften Schmunzeln schüttelte er den Kopf.
»Adaina, ich habe dir doch gesagt, dass du mich gerne duzen kannst. Es machen sowieso fast alle.«
»Ich habe es vergessen…«, murmelte ich.
»Ist schon gut.«
Angestrengt atmete ich aus. Warum war ich dermaßen nervös in seiner Nähe? Hastig trank ich einen Schluck des Schwarztees in der Hoffnung den Kloß in meinem Hals hinunterspülen zu können.
»Du zeichnest ausgesprochen gut. Wie lange machst du das schon?«
Sein Blick nahm wieder an Ernsthaftigkeit zu.

DU LIEST GERADE
Till Forever Falls Apart (Erwin X OC)
FanfictionAls Adaina Dalton sich dem Aufklärungstrupp anschließt, hat sie nur ein einziges Ziel: Nicht auffallen. Doch Erwin Smith, dem talentierten Kommandanten des Aufklärungstrupps, entgeht nichts und niemand. Durch ein großes Missverständnis kreuzen sich...