„Hey, was soll das?! Was ist mit dir?!“, drang Belas geradezu panische Stimme an meine Ohren. Die Welt hatte immer noch nicht aufgehört, sich zu drehen, wobei ich doch den harten Boden unter mir spürte. Schwarze Flecken tanzten vor meinen Augen, während Belas Stimme klang, als dränge sie durch mehrere Schichten Watte zu mir. Das Summen von Fliegen war zu hören und plötzlich kniete Bela direkt neben mir. Ich war viel zu kraftlos, um mich deswegen zu erschrecken, wobei ich momentan ohnehin keinen Ton herausbrachte. „Du darfst noch nicht sterben! Nicht jetzt! Das ist viel zu früh!“, fluchte Bela vor sich hin.
Plötzlich verlor ich den Kontakt zum Boden und stellte mit reichlich Verzögerung fest, dass Bela mich einfach so hochgehoben hatte. Wie eine Puppe trug sie mich mit Leichtigkeit in den Armen, doch nach dem, was ich über sie und ihre übermenschliche Stärke wusste, sollte mich das eigentlich nicht mehr wundern. Ehe ich zu Protest ansetzen konnte, hatte mich Bela schon auf dem Bett abgelegt, wobei ihr eindringlicher Blick den meinen suchte. „Was ist los? Was fehlt dir? Antworte, verdammt!“, forderte sie in einem Tonfall, der mich unwillkürlich zurückzucken ließ. Dennoch konnte ich nur allzu deutlich aus ihrem Blick herauslesen, dass es Sorge war, die ihren Ärger erzeugte. Bela war allen Ernstes besorgt um mich.
Als die Welt um mich herum wieder einigermaßen zum Stillstand gekommen war, fand ich dann auch die Kraft, einige Worte zu sprechen. „Ich…brauche etwas zu essen. Dringend", erklärte ich ihr knapp. Seit Tagen hatte ich nichts gegessen und ich war mir sicher, dass mich nun endlich das Schwächegefühl einholte, das sich schon länger angekündigt hatte. „Verstehe…ja…Essen. Das lässt sich einrichten", murmelte Bela mehr vor sich hin, als dass sie zu mir sprach. Dann verwandelte sie sich bereits wieder in einen Fliegenschwarm, manifestierte sich, um die Tür aufzureißen, und flog hinaus. Aus der Ferne konnte ich hören, wie sie nach einem Dienstmädchen schrie.
Nur wenige Augenblicke später war Bela wieder bei mir. Sorgenfalten zeigten sich auf ihrem schönen Gesicht und sie wirkte irgendwie ganz zerknirscht. „Gleich bringt dir jemand etwas zu essen. Du musst dich nur noch kurz gedulden, also bitte halte durch!“, erklärte sie mir beschwichtigend, bevor dann jedoch ein kurzer Anflug von Ärger über ihr Gesicht huschte. „Warum hast du nicht einfach gesagt, dass du etwas zu essen brauchst?! Wäre das denn so schwer gewesen?“, herrschte sie mich verärgert an. Ich zuckte vor ihrer plötzlichen Wut zurück, doch sobald sie meine Reaktion bemerkte, glätteten sich ihre Züge.
„Ich habe nur gedacht, dass es auch dein Ziel ist, möglichst lange am Leben zu bleiben", fügte sie dann sanfter hinzu. Natürlich hatte sie damit nicht unrecht, doch auch meine Perspektive hatte Sinn ergeben. „Ich habe angenommen, dass du mich absichtlich hungern lässt, dass das zu deinem Spiel dazugehört", erklärte ich aufrichtig. Schließlich wäre das eine effektive Maßnahme gewesen, um meine Flucht noch unwahrscheinlicher zu machen. So schwach, wie ich mich gerade fühlte, könnte ich nirgendwohin fliehen. Bela seufzte tief und betrachtete mich mit einem beinahe entschuldigenden Blick.
„Nein, das war keine Absicht. Es wird sich vielleicht seltsam für dich anhören, aber ich habe tatsächlich völlig vergessen, dass Menschen Nahrung zum Überleben brauchen“, rechtfertigte sie sich kopfschüttelnd. Bela behielt recht. Das klang wirklich sehr seltsam für mich. Wie konnte man denn so etwas Essentielles vergessen? Irgendwie klang das für mich wie eine schwache Ausrede. „Du hast wirklich vergessen, dass ich Essen brauche? Das sind schreckliche Voraussetzungen, um sich ein Haustier zu halten oder in meinem Fall eben einen Menschen! Warst du nicht selbst einmal ein Mensch?“, erwiderte ich skeptisch, wobei ich mich bemühte, meine Worte eher humorvoll als vorwurfsvoll klingen zu lassen.
Bela ließ ein kurzes Auflachen verlauten und wirkte tatsächlich so, als ob ihr die ganze Angelegenheit peinlich wäre. „So dämlich es auch klingt, genauso war es!“, verteidigte sie sich schmunzelnd. „Ich habe nicht viel mit Menschen zu tun und es ist schon lange her, dass einer meiner Spielgefährten lange genug überlebt hat, dass Nahrung ein Thema war! Außerdem habe ich keinerlei Erinnerungen an mein menschliches Leben! Es stimmt wohl, dass ich vor meiner Verwandlung ein Mensch gewesen bin, aber jetzt habe ich keinerlei Bezug mehr zu allem Menschlichen. Sei froh, dass ich daran gedacht habe, dass ihr Schlaf und eine Toilette für eure menschlichen Bedürfnisse braucht!“
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Blood-red Kisses - Resident Evil Village FF
FanfictionIn einem kleinen rumänischen Dorf wird ein achtzehnjähriges Waisenmädchen als Opfergabe zum Schloss Dimitrescu geschickt. Sie weiß nicht, was dort mit ihr geschehen soll, geht aber vom Schlimmsten aus. Dennoch ahnt sie noch nicht einmal, was sie dor...