Kapitel 30

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„Also, wie mir Alcina bereits am Telefon berichtet hat, scheinst du jetzt über erhöhte Regenerationskräfte zu verfügen. Ist das wahr?“, fragte Mutter Miranda und schritt mit solch einer Selbstverständlichkeit durch den Raum, als sei sie sich sicher, dass ihr die ganze Welt zu Füßen lag. Vermutlich hatte sie damit gar nicht einmal unrecht. Selbst ich, die Mutter Miranda nach den letzten Ereignissen alles andere als sympathisch fand, musste mich zwangsläufig ihrem Willen beugen. Im Zweifelsfall wäre sie mächtig genug, um uns alle zu vernichten, daran hegte ich keinen Zweifel.

Deshalb verhielt ich mich wie eine gehorsame Untergebene und ließ mir meine Abneigung nicht anmerken, als ich ihr antwortete: „Ja, das stimmt. Meine Entstellung am Bein ist vollständig geheilt und wir haben Tests durchgeführt, indem wir meinem Körper Schnitte zugefügt haben. Es dauert zwar ein paar Minuten, aber auch tiefere Schnitte heilen vollständig. Ich könnte das auch kurz vorführen…“ Ich blickte mich bereits nach der Sichel um, als Mutter Miranda mich unterbrach.

„Es bedarf keiner Vorführung. Ich glaube dir. Es ist gut zu hören, dass ihr schon selbst angefangen habt, die Grenzen deiner neuen Fähigkeit auszutesten. Könnt ihr das auch weiterhin machen? Damit würdet ihr mir eine Menge Arbeit abnehmen“, erkundigte sich Mutter Miranda, obwohl ihr fast schon gelangweilter Tonfall deutlich machte, dass es sich weniger um eine Frage als um einen Befehl handelte. „Wir sollen was machen? Ihr weiterhin Wunden zufügen? Reicht es nicht, dass wir von der Regenerationsfähigkeit wissen? Warum ein unnötiges Risiko eingehen?“, hakte Bela reichlich skeptisch nach, die anders als ich ihre Abneigung für Mutter Miranda nur schwer verbergen konnte.

Sie nahm es ihr übel, dass sie mich diesem Eingriff unterzogen hatte, der mich mit weniger Glück getötet hätte. Auch jetzt wurde offensichtlich, wie wenig Bela Mutter Miranda vertraute. Bela hatte die Arme um mich gelegt und hielt mich so fest, als fürchtete sie, man würde mich ihr jede Sekunde entreißen. Ich konnte die Anspannung in Belas Körper fühlen, während sie mich in ihrem schraubstockartigen Griff hielt.

„Ich dachte, ich hätte euch damit ein freundliches Angebot gemacht“, erwiderte Mutter Miranda mit versteinerter Mimik. „Ihr schient interessiert daran zu sein, die Grenzen ihrer Regenerationsfähigkeit zu erproben. Alternativ könnte ich sie natürlich auch in mein Labor mitnehmen und dort selbst einige Tests durchführen, wenn euch das lieber ist…“ Die Drohung in ihren Worten war nicht zu überhören und schon allein beim Gedanken an das sterile, kalte Labor bekam ich Gänsehaut. Ich konnte mir vorstellen, wie Mutter Miranda dort Tests an mir durchführen würde, vermutlich mit Händen und Füßen an den furchtbaren Operationstisch geschnallt.

„Das wird nicht nötig sein, Mutter Miranda! Wir freuen uns natürlich darauf, ihre Fähigkeit selbst zu erforschen. Überlasse das gerne uns und ich erstatte dir dann Bericht“, entgegnete Lady Dimitrescu schnell, die wohl dasselbe Bild vor Augen hatte wie ich. Sie warf Bela noch einen warnenden Blick zu, bevor diese protestieren konnte, doch sie traf eine weise Entscheidung und blieb dieses Mal still. „Das ist sehr erfreulich, Alcina. Dennoch wird das wohl kaum die einzige Fähigkeit sein, die sie nun erlangt hat. Bist du schon auf weitere neue Kräfte gestoßen?“, wandte sich Mutter Miranda nun erneut an mich.

„Nicht, dass ich wüsste…Bis auf die Regeneration fühle ich mich eigentlich wie vorher“, antwortete ich zögerlich und schaffte es nicht, ihrem eindringlichen Blick standzuhalten. „Vielleicht bist du jetzt stärker? Versuch es doch einmal!“, warf Daniela fröhlich ein. Auch wenn ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen konnte, versuchte ich, mich probeweise gegen Belas klammerartigen Griff zu stemmen. Mit beiden Händen drückten ich gegen ihren Arm, den ich aber keinen Zentimeter von meiner Taille wegschieben konnte. „Drückst du schon? Tut mir leid, Baby, aber ich spüre beinahe nichts“, neckte mich Bela lächelnd. Seufzend gab ich den Versuch auf und versuchte nicht einmal, ihr zu erklären, dass ich mit voller Stärke gedrückt hatte.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt