-Alcina-
Unruhig wanderte Alcinas Blick von der Tür zum Telefonhörer. Sie wartete, entweder auf einen Anruf oder auf eine Nachricht ihrer Töchter. Sie hatte Bela, Cassandra und Daniela die Befragung der Dienstmädchen überlassen, da die drei das Foltern bestens beherrschten. Gerade Cassandra war eine Meisterin auf diesem Gebiet und verstand sich darauf, einem Opfer unsagbare Qualen zuzufügen, ohne es dabei versehentlich zu töten. Wenn die Dienstmädchen etwas über die Entführung wussten, würden ihre Töchter es schon aus ihnen herausholen. Alcina hatte die qualvolle Wartezeit genutzt, um einige Anrufe zu tätigen. Wie bereits erwartet, wusste Donna nichts über den Verbleib ihrer jüngsten Tochter, weshalb sie wohl endgültig ausschließen konnten, dass die Erpresser nur blufften. Natürlich hätte bereits das abgetrennte Ohr, das eindeutig ihr gehörte, als Beweis gereicht.
Anschließend hatte Alcina Mutter Miranda angerufen und sie über ihre Situation in Kenntnis gesetzt. Mutter Miranda hatte ihr zugestanden, das Haus der Erpresser zu stürmen und jeden einzelnen von ihnen zu töten, doch verlangte gleichzeitig, die unbeteiligten Dorfbewohner zu verschonen. Alcina hatte nichts gegen diese Bedingungen auszusetzen. Es lag nicht in ihrem Interesse, das gesamte Dorf niederzumetzeln. Die Entführer ihrer Tochter jedoch würde sie in ihre Einzelteile zerlegen! Doch dafür brauchte sie zunächst Namen und bestenfalls noch eine Standortbeschreibung. Ungeduldig trommelte Alcina mit ihren Fingern auf ihren Schminktisch und begann sich gerade zu fragen, ob die Idee mit den Dienstmädchen doch eine Sackgasse gewesen war, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde.
Normalerweise hätte Alcina ihre Töchter zurechtgewiesen, dass es unhöflich war, ohne anzuklopfen hineinzustürmen, doch sie war viel zu gespannt auf das, was sie zu berichten hatten. „Cassandra hatte recht! Die Dienstmädchen oder zumindest ein paar von ihnen waren an der Entführung beteiligt! Sie haben ihr Betäubungsmittel in den Wein getan und sie an ein paar Männer aus dem Dorf übergeben!“, erklärte Daniela hastig, kaum dass sie über die Türschwelle geschritten war. Alcina erhob sich von ihrem Hocker und machte eine ungeduldige Handgeste. „Das ist schön und gut, aber habt ihr auch herausgefunden, wo diese Männer sie festhalten?“, hakte sie sofort nach und wäre am liebsten direkt losgelaufen.
Natürlich empörte und verärgerte es Alcina, dass ihre eigenen Dienstmädchen sie so schändlich verraten hatten, aber sie würden schon noch dafür bezahlen, sofern ihre Töchter sie überhaupt am Leben gelassen hatten. Nun gab es erst einmal Wichtigeres! Alcina musste ihre Tochter finden und befreien, bevor dieser Abschaum sich weiter an ihr vergriff! Nun ergriff Bela das Wort, die Alcinas Eile zu teilen schien. „Die Männer wollten sie im Keller eines Hauses festhalten. Zuerst haben die drei Dienstmädchen, die beteiligt gewesen sind, behauptet, dass sie nicht wüssten, um welches Haus es sich handelt, aber mit ein wenig zusätzlichem Druck konnten wir die Antwort aus ihnen herausbekommen. Wir haben sie gezwungen, eine grobe Karte zu zeichnen“, erklärte Bela ernst und hielt ihr ein etwas zerknittertes Blatt Papier hin.
Alcina nahm die mit Blutflecken bedeckte Karte und bemühte sich, die Kritzelei darauf zu entziffern. „Das wird reichen müssen!“, verkündete sie und drängte sich an ihren Töchtern vorbei aus dem Zimmer. „Notfalls schaust du eben in mehreren Häusern nach! Hauptsache du findest sie!“, instruierte sie Cassandra, die wohl um die Ungenauigkeit der Zeichnung wusste. Abwesend gab Alcina ihre Zustimmung, während sie gemeinsam zur Eingangstür liefen. Mutter Miranda hatte ihr schließlich nur untersagt, Unbeteiligte zu verletzen. Vom Stürmen derer Häuser war nicht die Rede gewesen. Dann waren sie an der Eingangstür angekommen, an der sich ihre Wege zwangsläufig scheiden mussten. Es war noch immer Winter und ihre Töchter konnten nicht nach draußen.
„Mutter…“, setzte Bela mit flehendem Blick an und Alcina konnte sich vorstellen, was sie sagen wollte. „Ich werde sie zurückbringen!“, versprach sie ihrer ältesten Tochter, bevor sie hinaus in die winterliche Kälte schlüpfte. Während Alcina mit großen Schritten Richtung Dorf schritt, hoffte sie nur, dass sie dieses Versprechen auch halten konnte. Sie wollte gar nicht an die Alternative denken, weshalb sie den unschönen Gedanken eilig verwarf. Ohne großartig auf ihre Umgebung zu achten, lief sie geradewegs zum Dorf, wobei alle Dorfbewohner, die sie erblickten, schrille Schreie ausstießen und schleunigst das Weite suchten. Alcina wusste, dass sie diese Wirkung auf Menschen hatte, und kümmerte sich nicht darum.
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Blood-red Kisses - Resident Evil Village FF
FanficIn einem kleinen rumänischen Dorf wird ein achtzehnjähriges Waisenmädchen als Opfergabe zum Schloss Dimitrescu geschickt. Sie weiß nicht, was dort mit ihr geschehen soll, geht aber vom Schlimmsten aus. Dennoch ahnt sie noch nicht einmal, was sie dor...