Kapitel 48

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Angespannt tigerte ich durch die Eingangshalle und warf der großen Flügeltür dann und wann böse Blicke zu. Plötzlich spürte ich eine unerwartete Berührung und schreckte zu Bela herum, die mich an den Schultern festhielt. „Du machst mich ganz nervös! Donna kommt, wann sie eben kommt. Mach dir keine Sorgen deswegen“, beschwichtigte mich Bela, was jedoch nur geringfügig gegen meine Ruhelosigkeit half. Heute sollte uns Donna zum ersten Mal im Schloss besuchen und den Schaden, den sie angerichtet hatte, wieder gutmachen. Wenngleich keiner von uns es gewagt hatte, Mutter Mirandas Befehl zu widersprechen, war ich doch unglücklich über diesen Umstand. Nach dem, das Donna zuletzt mit mir gemacht hatte, fühlte ich mich unwohl bei dem Gedanken, wieder Zeit mit ihr zu verbringen, doch wir hatten keine Wahl.

Als Donna schließlich kam, war alles weitaus unspektakulärer, als ich es mir ausgemalt hatte. Unsicher, fast schon schüchtern, betrat sie den Eingangsbereich, wobei Daniela und Cassandra sie sofort umringten. „Ich hoffe, du hast keine miesen Tricks geplant! Mutter Miranda hat uns zwar verboten dir etwas anzutun, aber wenn du etwas Hinterhältiges versuchst, haben wir vielleicht keine Wahl! Das wäre dann Notwehr!“, erklärte ihr Cassandra mit drohendem Unterton, die Sichel bereits in der Hand haltend. „Sollen wir sie vielleicht durchsuchen? Du weißt schon, nach diesen Kräutern“, fragte Daniela und musterte Donna skeptisch.

„Donna ist unser Gast und wir werden sie auch dementsprechend behandeln! Habt ihr das verstanden?“, polterte plötzlich Alcinas herrische Stimme durch den Raum, die sich für eine Frau ihrer Größe wieder erstaunlich leise genähert hatte. Enttäuscht gaben ihre Töchter ihre Zustimmung und zogen sich schließlich widerwillig von Donna zurück. „Wir wollen gute und vor allem höfliche Gastgeber sein, aber das heißt noch lange nicht, dass wir vergessen haben, was du getan hast, Donna! Für keinen von uns ist diese Situation besonders angenehm, weshalb ich vorschlage, dass du sobald wie möglich mit dem beginnst, weswegen du hier bist“, fügte Alcina dann in hartem Tonfall hinzu.

Donna, die bisher nicht zu Wort gekommen war, sah unsicher von einem zum anderen. „Ich habe keine miesen Tricks geplant und habe wirklich nicht vor, euch zu schaden. Ich bin sogar wie verlangt ohne Angie gekommen, obwohl ich mich sehr unbehaglich ohne sie fühle. Reicht das, um meine guten Absichten zu beweisen? Ich will nur Mutter Mirandas Befehl befolgen und nichts weiter“, erklärte Donna mit ihrer leisen, freundlichen Stimme, auf die ich schon einmal hereingefallen war. Dennoch glaubte ich, dass sie es dieses Mal aufrichtig meinte. Donna würde sich gewiss keinen Gefallen tun, wenn sie etwas Linkes versuchte, denn hier war sie in unserem Reich und würde wie angekündigt die Konsequenzen zu spüren bekommen.

Allerdings konnte man allein Donnas unsicherer Körperhaltung entnehmen, dass sie nichts dergleichen plante. Wenn meine Fähigkeit funktionieren würde, hätte ich ihr Unbehagen deutlich spüren können, aber genau da lag schließlich das Problem. „Alcina hat recht. Wir sollten besser anfangen, statt hier den ganzen Tag herumzustehen. Wollen wir uns dazu in unsere Gemächer zurückziehen? Ich würde dir ja eine Tasse Tee anbieten, aber hinsichtlich der letzten Ereignisse lasse ich das lieber“, wandte ich mich mit überraschend ruhiger Stimme an Donna. Sie so unsicher zu sehen, vertrieb meine Angst und gab mir eine unerschütterliche Sicherheit. In meiner Vorstellung war Donna noch die gnadenlose Sadistin gewesen, die mich stundenlang mit ihren Illusionen gequält hatte, aber so hilflos wie sie gerade war, konnte ich mich kaum vor ihr fürchten.

Donna gab zögerlich ihre Zustimmung und ließ sich von Bela und mir zu unserem Zimmer führen. Nach meiner Aufforderung setzte sie sich steif auf das Sofa, während ich gegenüber von ihr auf dem Sessel Platz nahm. Nur Bela blieb mitten im Raum stehen und fixierte Donna mit einem feindseligen Blick. Unruhig rutschte Donna auf dem Sofa herum. „Ich muss gestehen, dass ich mich unwohl fühle, wenn du mich so ansiehst, Bela“, gab Donna kleinlaut zu, was Bela jedoch nicht dazu veranlasste, damit aufzuhören. „Weißt du, das war genau die Intention dahinter! Du solltest dich schlecht fühlen! Eigentlich sollte ich dich leiden lassen, für das, was du getan hast! Wenn Mutter Miranda es nicht verboten hätte, würde ich die verdiente Rache an dir nehmen! Auge um Auge würde ich dir all die Verletzungen zufügen, die sie deinetwegen erlitten hat, nur dass deine Finger wohl nicht nachwachsen!“, zischte Bela voller unterdrückter Wut.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt