Kapitel 35

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Wie erstarrt stand ich vor Bela und hatte für eine unbestimmte Zeitspanne sogar meinen rasenden Zorn vergessen. Was hatte sie gerade gesagt? Sie hatte meine Gedanken gehört? Irritiert starrte ich Bela an und fragte mich, ob sie nun vollkommen den Verstand verloren hatte. Erst die Sache mit meiner Zunge und jetzt noch das. Offenbar hatte Bela meinen skeptischen Blick bemerkt, denn eilig begann sie, ihren Gedankengang weiter auszuführen. „Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich glaube, du hast telepathisch zu mir gesprochen. Ich schätze, es ist unbewusst geschehen, weil du so wütend warst und keine andere Möglichkeit hattest, dich angemessen auszudrücken. Wenn du mir nicht glaubst, dann versuch es noch einmal! Konzentriere dich einfach auf deine Wut und denke dann das, was du mir unbedingt sagen möchtest!“, erklärte Bela aufgeregt.

Ich stand der Angelegenheit zwar immer noch skeptisch gegenüber, aber ein Versuch konnte nicht schaden. Vermutlich hatte sich Bela das Ganze nur eingebildet oder sie hatte versucht, von ihrer vorherigen Aktion abzulenken. So einfach würde ich sie aber nicht davonkommen lassen! Kaum dachte ich daran, was sie getan hatte, kehrte auch schon die vorherige Wut zurück. Wie es mir Bela geraten hatte, konzentrierte ich mich auf diese Empfindung und schleuderte ihr meine zornige Erwiderung entgegen. Versuch gar nicht erst davon abzulenken, dass du mir die Zunge abgebissen hast! Ich habe allen Grund, wütend zu sein! Wieder sog Bela scharf die Luft ein und auch ich zuckte zusammen.

Dieses Mal hatte ich es selbst gespürt. Es kam mir vor, als wäre dieser Gedanke mit einem seltsamen Echo unterlegt gewesen. „Baby, das mit deiner Zunge tut mir unendlich leid und ich verstehe, dass du wütend bist, aber können wir kurz davon absehen und uns darauf konzentrieren, was hier gerade passiert? Ich habe deine Gedanken nämlich schon wieder gehört“, entgegnete Bela und bestätigte damit das, was ich ohnehin schon gespürt hatte. Falsch, du hörst nicht all meine Gedanken, sondern nur speziell die, die ich mit dir teilen möchte. Es scheint so zu sein, als könnte ich dir bewusst telepathische Nachrichten schicken, belehrte ich Bela und stellte mit Verwunderung fest, dass ich nicht einmal die Wut brauchte, um diese Art der Kommunikation anzuwenden.

Allmählich verstand ich, wie das Prinzip funktionierte, und fragte mich insgeheim, wie lange ich das schon konnte, ohne davon zu wissen. „Das frage ich mich auch, Baby. Existiert diese Fähigkeit schon seit deiner Verwandlung und du wusstest nur nicht, wie du sie einsetzen kannst, oder wurde die Kraft gerade erst aktiviert, möglicherweise durch die starken Emotionen?“, trug Bela zur Überlegung bei und antwortete damit auf meine ungestellte Frage. Warte, das hast du gehört?, fragte ich eilig nach, worauf sie ihre Bestätigung gab. Dann muss ich wohl noch üben, zwischen den Dingen zu differenzieren, die ich übermitteln will, und denen, die wirklich private Gedanken bleiben sollen, erklärte ich zerknirscht, da ich meine neue Fähigkeit längst nicht so spielend leicht beherrschte, wie ich zunächst angenommen hatte.

„Das wird schon noch, Baby. Keine Sorge“, beschwichtigte mich Bela lächelnd. „Aber, du weißt doch, was das heißt? Du hast doch noch andere Kräfte außer der Regeneration! Komm, das müssen wir den anderen sagen!“ Ich erwiderte Belas strahlendes Lächeln, wobei ich nicht so recht wusste, ob ich ihre Euphorie teilen sollte. Natürlich war es eine Erleichterung zu erfahren, dass ich mehr konnte, als schnell zu heilen, aber gleichzeitig fragte ich mich, ob diese Fähigkeit so viel nützlicher war. Ja, ich konnte meine Gedanken mit anderen teilen, ohne dafür den Mund aufmachen zu müssen. Das war durchaus praktisch, wenn ein gewisser blonder Vampir einem die Zunge abgebissen hatte, aber davon abgesehen, war es doch nur eine Alternative zum herkömmlichen Sprechen.

Ich wollte mir meine neue Fähigkeit von solcherlei Gedanken jedoch nicht madig machen lassen und folgte stattdessen Bela. Der Rest ihrer Familie war schnell gefunden. Eilig trommelte Bela alle zusammen, bis wir uns zusammengefunden hatte. Ein Feuer prasselte im Kamin, während Lady Dimitrescu, Daniela und Cassandra uns erwartungsvoll ansahen. „Setzt euch doch“, bot Bela an, die ihre Aufregung kaum verstecken konnte, und deutete auf die Sofas. „Es gibt da etwas, was wir euch sagen oder besser gesagt, zeigen wollen!“ Bela konnte kaum stillhalten und sah mich breit lächelnd an. Sie hatte mir eine Hand auf die Schulter gelegt und schien sich offensichtlich mehr über diese Entwicklung zu freuen als ich.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt