Kapitel 44

173 13 1
                                    

-Bela-

Unruhig lief Bela auf und ab, bis sich schließlich die Tür öffnete und sich Lady Dimitrescu unter dem Türrahmen hindurchduckte. Sie quittierte Belas fragenden Blick mit einem Kopfschütteln. „Nichts. Ich konnte Donna nicht erreichen, aber das muss noch nichts heißen. Vielleicht sind sie gerade zu beschäftigt, um ans Telefon zu gehen. Das heißt noch lange nicht, dass etwas vorgefallen ist", erklärte sie ihrer Tochter beschwichtigend, aber Bela wollte sich nicht beruhigen lassen. Jeder Muskel in ihrem Körper war bis zum Zerreißen gespannt und sie fühlte sich, als stände sie unter Strom. Schon seit Stunden tigerte sie ruhelos durch die Räume und Gänge des Schlosses, während die Sonne immer tiefer gesunken und letztendlich untergegangen war.

„Sie wollte sich melden, wenn ich sie abholen soll! Es muss etwas vorgefallen sein! Es stand schließlich nie zur Debatte, dass sie bei Donna übernachtet, zumindest nicht, ohne sich vorher zu melden!", entgegnete Bela gereizt. Lady Dimitrescu nahm ihrer ältesten Tochter den scharfen Tonfall jedoch nicht übel. Sie konnte sich bestens vorstellen, wie angespannt und geradezu krank vor Sorge Bela gerade war, denn ihr ging es ähnlich. Natürlich war auch Lady Dimitrescu besorgt um ihr kleines Menschlein, das strenggenommen kein Mensch mehr war. Sie hatten sie eher widerwillig Donnas Obhut überlassen und nun schon seit Stunden nichts mehr von ihr gehört. Dennoch bemühte sich Lady Dimitrescu darum, die Ruhe zu bewahren, Bela zuliebe.

„Sie haben sicher nur die Zeit aus den Augen verloren. Bestimmt machst du dich völlig umsonst verrückt! Wenn du willst, kann ich in einer halben Stunde noch einmal anrufen, und dann geht bestimmt jemand dran. Du weißt doch, dass es Donna nicht einmal erlaubt ist, ihr etwas anzutun", erinnerte sie Bela, die daraufhin seufzend nachgab. Bela gab sich geschlagen und entfernte sich unter dem Vorwand, ein wenig zu lesen. Insgeheim hatte sie jedoch einen Entschluss gefasst. Sie würde sich gewiss nicht mit einer guten Lektüre entspannen, während ihrer Geliebten gerade Undenkbares angetan werden konnte!

Die halbe Stunde Wartezeit, die ihr ihre Mutter angeboten hatte, war genau dreißig Minuten zu lang für Bela. Sie wollte nicht länger untätig herumsitzen und auf einen Anruf warten, nein, sie brauchte jetzt Gewissheit! Bela musste handeln! Sie bewaffnete sich noch mit ihrer Sichel, bevor sie geradewegs die große Eingangstür ansteuerte. Bela wollte gerade die schwere Flügeltür aufstemmen, was sie dank ihrer übermenschlichen Kräfte kaum Anstrengung kosten würde, als ein vertrautes Summen ihre Aufmerksamkeit weckte.

„Wo denkst du, dass du hingehst?", erklang plötzlich eine Stimme hinter ihr und ertappt wandte sich Bela zu ihren Schwestern um. Mit verschränkten Armen musterte sie Cassandra, während Daniela neben ihr besorgt dreinblickte. „Ich muss nach ihr sehen und das wisst ihr! Ich kann hier nicht einfach warten, wenn ihr womöglich etwas zugestoßen ist!", erklärte Bela energisch und warf einen ungeduldigen Blick zur Tür. Sie wusste nicht, wie es ihrer Geliebten gerade ging und ob sie überhaupt Hilfe brauchte, aber im Zweifelsfall konnte jede Sekunde entscheidend sein. „Hat Mutter es erlaubt?", fragte Cassandra lediglich und konnte sich im selben Moment schon denken, wie die Antwort lautete.

„Ich muss einfach dorthin und ihr werdet mich bestimmt nicht aufhalten! Macht euch keine Sorgen um mich. Die Temperatur wird auch in der Nacht nicht unter zehn Grad fallen und von daher kann mir nichts passieren!", betonte Bela und rechnete bereits mit weiterem Protest, als sich Daniela plötzlich zu Wort meldete. „Ich mache mir doch auch Sorgen! Mutter kann noch so oft betonen, dass Donna harmlos ist, aber ich habe ein ganz schlechtes Gefühl bei der Angelegenheit! Am besten gehen wir zusammen!", schlug Daniela sichtlich beunruhigt vor, aber Bela wollte ihre jüngeren Schwestern ungern in die Sache hineinziehen. Sie war es, die sich Mutters Befehl widersetzte, wenngleich Bela einen guten Grund dafür hatte.

„Nein, das müsst ihr wirklich nicht! Donna ist körperlich gesehen nicht stark, von daher werde ich das schon alleine schaffen. Also, gesetzt des Falles, dass sie überhaupt etwas getan hat...Bleibt ihr nur hier und richtet Mutter aus, wohin ich gegangen bin. Sie wird es sowieso erfahren, da mache ich mir keine Hoffnungen", instruierte Bela ihre Schwestern, die ihr zögerlich zustimmten. Besonders Daniela war anzusehen, dass sie lieber mitgekommen wäre, aber sie hatten keine Zeit für ausführliche Diskussionen. Jegliche Widerworte wären zeitraubend und das wusste Daniela auch. Deshalb ließen sie und Cassandra Bela ziehen. „Wir halten hier die Stellung. Pass auf dich auf und versuche, Donna nicht zu sehr zu verärgern, falls wir vollkommen falsch liegen und ihr doch Unrecht getan haben", rief Cassandra ihr noch hinterher, als Bela bereits aufbrach.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt