Kapitel 59

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-Bela-

Schnaubend schlug Bela die Kerkertür hinter sich zu, was ihr einen irritierten Blick von Daniela und Cassandra einbrachte. „Was ist denn in dich gefahren?“, fragte Daniela mit gerunzelter Stirn, was Bela lediglich mit einem genervten Seufzen beantwortete. „Gibt es etwa Ärger in Paradies?“, fragte Cassandra dann spöttisch, die sich wohl schon zusammengereimt hatte, was geschehen war. Schließlich hatte Bela wie so oft Zeit mit ihrer Geliebten verbracht, bevor sie zornig in den Kerker gestürmt war. „Kann man so sagen“, entgegnete sie knapp, da Cassandra ins Schwarze getroffen hatte. „Das war wohl unser erster Streit!“

Sie konnte es selbst kaum fassen, dass sie sich in den zwei Jahren, die ihre Geliebte schon bei ihnen lebte, noch nie richtig gestritten hatten, doch genau das war der Fall. Bela machte sich nun einmal Sorgen um ihre verwundbare, zerbrechliche Freundin und hatte es nicht ertragen, dass sie aufgrund ihrer letzten Erfolge nun noch leichtsinniger wurde. Das hätte sie gewiss freundlicher ausdrücken können, doch die Wut war einfach mit ihr durchgegangen. Auf Danielas Nachfrage erzählte sie ihren Schwestern von dem Streit, wobei Bela erst beim Erzählen klar wurde, wie dämlich all das doch gewesen war. Bela liebte ihre Freundin und wollte nicht wütend auf sie sein.

Am liebsten wäre sie direkt zu ihr gegangen und hätte alles wieder gutgemacht, doch das erschien ihr momentan zu riskant. Wenn sie das Gespräch suchte, bevor ihrer beider Ärger gänzlich abgeklungen war, liefen sie Gefahr, erneut in Rage zu geraten. „Hey, das wird schon wieder! In jeder Beziehung gibt es einmal den ein oder anderen Streit“, versuchte Cassandra, sie zu beruhigen, und Bela war einfach froh, dass sie die sonstigen Sticheleien einmal beiseiteließ. Also lenkte sich Bela vorerst gemeinsam mit ihren Schwestern ab, um auch den letzten Rest der Wut loszuwerden. Ihr Streit hatte sich unmittelbar nach dem Abendessen ereignet, weshalb es keinen guten Vorwand gab, ihre Geliebte zu sehen.

Der Morgen brach bereits an, als Bela dann beschloss, dass genug Zeit vergangen war. Sie hatten beide ausreichend Zeit gehabt, um sich zu beruhigen und über den vergangenen Streit nachzudenken. Als Bela jedoch zögerlich an der Tür ihres gemeinsamen Zimmers klopfte, erhielt sie keine Antwort. Kurz fragte sie sich, ob das ein Zeichen war, dass ihre Geliebte noch nicht bereit für ein klärendes Gespräch war, doch dann öffnete sie einfach die Tür. Mit gerunzelter Stirn besah Bela das leere Zimmer. Sie war nicht da? Wo denn dann? Unschlüssig streifte Bela durch das Schloss und fragte ihre Mutter und ihre Schwestern, ob sie ihre Geliebte gesehen hatten. Alle drei verneinten und Bela wollte gerade ihre Suche fortsetzen, als eines der Dienstmädchen unsicher die Stimme erhob.

„Die Lady wollte sich ein wenig an der frischen Luft die Beine vertreten. Zumindest hat sie das gesagt. Sie schien ziemlich aufgebracht zu sein. Ist sie denn immer noch nicht zurück?“, erklärte das Dienstmädchen und sah ängstlich von einem zum anderen. „Sie hat was! Wann war das?“, verlangte Bela zu wissen, worauf das Dienstmädchen vor ihrem harschen Tonfall zurückwich. „Ge…Gestern Abend…Ich dachte, sie wäre längst zurück“, antwortete die junge Frau verängstigt. „Nein, das ist sie offensichtlich nicht!“, rief Bela erzürnt und hätte das Dienstmädchen am liebsten zurechtgewiesen, weil sie ihre Geliebte überhaupt aus dem Schloss gelassen hatte, ohne sie zu informieren. Allerdings rief sie sich rechtzeitig ins Gedächtnis, dass das Dienstmädchen schließlich nichts dafür konnte. Ihre Anweisung war es lediglich, die Befehle ihrer Herrinnen zu befolgen, und da gehörte Belas Geliebte nun einmal dazu.

Natürlich wäre es nicht richtig von Bela, ihre Geliebte wie eine Gefangene im Schloss einzusperren, aber dann hätte es nicht hierzu kommen können. Irgendetwas musste vorgefallen sein! Wenn sie bereits vor mehreren Stunden das Schloss verlassen hatte und immer noch nicht zurück war, musste ihr etwas zugestoßen sein. „Wir müssen sie suchen! Also, nicht wir alle…Es ist zu kalt. Mutter? Kannst du sie suchen gehen? Vielleicht hat Heisenberg sie wieder entführt oder…“, setzte Bela verzweifelt an, doch wollte den Gedankengang gar nicht erst zu Ende führen. Dort draußen konnte ihrer Geliebten alles Mögliche zugestoßen sein. Lycans, Werwölfe, die Dorfbewohner…Die Stimme ihrer Mutter riss Bela aus ihren panischen Gedanken.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt