Kapitel 33

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Es dauerte etwa zweieinhalb Stunden, bis die Bisswunde vollständig verheilt war. Das war an sich keine Überraschung, da das Loch in meinem Unterarm deutlich größer war als der kleine Biss, den mir Bela zuvor zugefügt hatte. Wir hatten uns die Zeit gut vertrieben, wobei Bela irgendwann sogar vergessen hatte, dass sie Daniela eigentlich böse war. Generell war das etwas, das ich schon vermehrt bei den Schwestern beobachtet hatte. Sie gerieten zwar des Öfteren aneinander, doch vertrugen sich auch recht schnell wieder. Ich war zutiefst erleichtert, als die widerliche Bewegung meines Fleisches endlich ein Ende gefunden hatte und ich das Tuch vom Arm nehmen konnte.

„Das ist schon faszinierend“, merkte Cassandra an, als sie meinen unverletzten Arm besah. „Dein Fleisch wächst einfach wieder nach und alles was du dafür tun musst, ist, selbst regelmäßig Fleisch zu essen, damit dein Körper genug Energie für die Regeneration hat.“ Damit hatte Cassandra die neue Funktion meines Körpers treffend zusammengefasst. Es war ein recht simples System, das sich bestimmt noch als praktisch erweisen würde. Vielleicht sogar in mehreren Hinsichten… „Im Grunde bin ich jetzt so etwas wie eine endlose Fleischquelle. Also, wenn ihr wollt, könntet ihr…“, setzte ich an, doch Bela unterbrach mich augenblicklich.

„Nein, daran brauchst du gar nicht erst zu denken!“, entgegnete sie energisch. „Wir werden nicht dein Fleischen essen, nur weil es jetzt nachwächst! Das kommt gar nicht infrage!“ Natürlich hatte ich bereits mit einer heftigen Ablehnung seitens Bela gerechnet, doch auch mein Vorschlag kam nicht von ungefähr. Die Idee geisterte schon durch meinen Kopf, seitdem ich von meinen Regenerationskräften erfahren hatte. „Ich möchte mich nun einmal nützlich machen!“, widersprach ich und verstand im selben Augenblick erst, wie wichtig mir dieser Gedanke eigentlich war. „Wir würden schließlich aufpassen, dass ich nicht sterbe, und auf diese Weise könnte ich Teil der Familie sein und trotzdem auch den Zweck erfüllen, wegen dem ich eigentlich hergebracht wurde. Du musst da auch nicht mitmachen, Bela, aber ich bin mir sicher, Daniela wird das schon eher gefallen.“

Bela seufzte tief und wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, doch zu unser aller Überraschung war es Lady Dimitrescu, die das Wort ergriff. „Du musst doch keine Gegenleistung erbringen, damit du bei uns leben kannst! Es spielt keine Rolle, dass du als Opfermensch zu uns gekommen bist, denn jetzt gehörst du zu uns und wir wollen dich hier haben, egal ob du dich nützlich machst oder nicht!“, erklärte sie mir energisch und nahezu liebevoll, doch das konnte ich mir auch nur eingebildet haben. Dennoch hatte mich ihre Wortmeldung dermaßen überrumpelt, dass ich keine Widerworte fand.

„Außerdem geht dein Modell der unendlichen Fleischquelle nicht auf, wenn du selbst wiederum Fleisch essen musst!“, warf Bela entschieden ein. „Dann können wir auch gleich so weitermachen wie bisher und versteh das nicht als Beleidigung, aber so gut schmeckst du auch wieder nicht. Überraschend gut für eine Frau, aber die meisten Männer sind trotzdem besser. Betrachte deinen Vorschlag also als abgelehnt!“ Ich seufzte und warf Daniela einen fast schon flehenden Blick zu, doch diese musterte mich schuldbewusst. „Tut mir leid, aber ich will das auch nicht. Also, ich finde, dass du toll schmeckst, doch die Situation vorhin hat mir schon gereicht. Ich will dich nicht aus Versehen töten oder so!“, entschuldigte sich Daniela und begrub damit meine letzten Hoffnungen, dass mein Vorschlag eine Chance erhielt.

Ich konnte gar nicht einmal so recht sagen, weshalb mir das dermaßen wichtig war, aber es war eben so. Vermutlich lag es an dem Gefühl, immer nur eine Belastung für meine neue Familie zu sein. Ich war nach wie vor schwach, musste gerettet werden und hatte bisher allen nur Sorgen bereitet. Ich hätte es schön gefunden, ihnen etwas zurückzugeben, wenn es auch nur Fleisch gewesen wäre. Allerdings hatte ich ihrem Entschluss nichts entgegenzusetzen. „Würdest du mir dann einen anderen Gefallen tun, Daniela? Keine Sorge, dabei werde ich wohl kaum sterben können, aber ein letztes Experiment würde ich trotzdem noch gerne durchführen“, bat ich Daniela, wobei Bela ihre Schwester nicht einmal zu Wort kommen ließ.

Blood-red Kisses - Resident Evil Village FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt