54. Gesprengte Ketten

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„Genug mit dem Thema. Elisa, würdest du mir mit etwas helfen?"

„Geht es um die anderen Erzengel?"

„Ja. Bitte hilf mir dabei sie zu befreien. Wobei... Kannst du inzwischen unsere Präsenz spüren?"

Als Dream hatte sie eine Art zusätzlichen Sinn um Dämonen zu spüren. Naturgeister waren jedoch anders. Anstatt sie zu fühlen, war es eher passend zu sagen, dass sie deren Präsenz nur ertasten und erahnen konnte. Sie fühlten sich eher wie... weniger transparente Dreams an. Auf Gabriels Frage konnte sie nur den Kopf schütteln.

„Dann lehre ich es dir. Darf ich?"

Elisa nickte und dann rückte er etwas näher. Er ergriff ihre Hände. Gabriel ließ seine goldbesprenkelten Flügel erscheinen und entfachte seine Aura. Fast sofort wurden seine Flügel ganz Golden und selbst seine Haut wurde von einem leichten Goldschimmer überzogen. Einige vereinzelte blonde Haarsträhnen wurden nun von einer strahlenden Goldschicht überzogen und traten deutlich hervor und selbst Gabriels Augen wurden golden.

Zugleich wich Elisa schweren Herzens von ihm. Sie hatte ihm gerade erst mithilfe von dem Tee seine Stärke zurückgegeben. Er sah immer noch ziemlich zerzaust aus. Gabriels Blick wirkte verletzt, doch Elisa ging hinter ihn und dann ließ sie sich in seinem Rücken auf den Boden herab. Neugierig senkte er einen Flügel und sah zu ihr nach hinten. Elisa ergriff dagegen sein Haar. Er schmerzte sie fast, dass er so zerzaust aussah. Aus ihrem Arsenal nahm sie Haarbürste und Kamm hervor, dann begann sie vorsichtig, dass Wirrwarr auszubürsten. Wenigstens hatte er sich in all der Zeit nicht bewegt, wodurch es nicht noch unnötig schlimmer wurde. Sie wollte bei diesem prächtigen Haar nur ungern die Schere ansetzen müssen.

Zugleich konnte Gabriel froh sein. Als Naturgeist hatte er keine Körperausdünstungen. Er schwitzte nicht und selbst noch über hundert Jahren roch er noch wie ein Engel – nach frischer Regenluft und etwas, dass ganz zu ihm gehörte. Von seinem Bart und dem Haar abgesehen, wirkte er äußerlich eher, als ob er nur ein paar Minuten, statt über hundert Jahren dort gehangen hatte. An ihm hing einfach nur der Staub mehrerer Jahrzehnte. Sie holte ein Handtuch hervor und warf es ihm in die Arme, dann begann er sich den trockenen Staub abzuwischen.

„Willst du den Bart eigentlich behalten?"

Er gab ihr keine Antwort, stattdessen fuhr er sich mit dem Daumen so über den Bart. Augenblicklich verschwand die unschöne Zierde. Obwohl er dasselbe machen konnte, um seinen Haarschopf zu richten, sagte er nichts zu ihr. Elisa hatte diese Angewohnheit schon im letzten Leben gehabt. Männer mit langen Haaren galten in der modernen Zeit als unschick und selbst unter den Engeln gab es eine alte Tradition. Ungebundene Engel hatten lange Haare und wenn sie ihre Gebundenen fanden, schnitten sie sich die Mähne ab. Gabriel hatte damals schon mit dieser Regel gebrochen. Zugleich hatte ihm das auch eine ganze Menge an Missverständnissen eingebracht.

Elisa hielt sein Haar mit einer Hand fest, während sie mit der Bürste leicht darüber fuhr und sich nach und nach immer tiefer arbeitete. Gabriel versuchte möglichst still dazusitzen, während er immer wieder langsam Arme oder Flügel bewegte. Seine Stärke mochte zurück sein, doch steckte in seinen Gliedmaßen noch immer das Gefühl angekettet zu sein. Ein Mensch hätte unter gleichen Bedingungen niemals überlebt. Selbst nach ein paar Monaten hätte ein Mensch schon unter ernstem Muskelverfall gelitten und sich kaum bewegen können. Noch dazu waren die wichtigsten Grundbedürfnisse für die Naturgeister eine kleine Nebensächlichkeit. Sie aßen nicht aus Zwang zum Überleben und auch trinken mussten sie nicht. Sie konnten sich die wichtigsten Dinge wie Energie aus der Luft ziehen.

Für Menschen war das etwas ganz anderes. Drei Tage ohne Wasser war bereits lebensgefährlich...

„Deine Aura ist golden, Luzifers ist schwarz. Während sich deine eher... flüchtig anfühlt, ist seine sehr dominant."

[German] Dreams und NightmaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt