45. Potenzial

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Otto schnitt gerade einige Obstschalen für sich und Elisa zurecht. Draußen war es schon dunkel, während er seit fast drei Stunden immer wieder die Stimmen der Frauen hörte. Karin war mit ihrer Schwester Zoe gekommen. Während Karin Elisas Frisörin war, konnte man ihre Schwester Zoe nur als Allrounder bezeichnen. Sie hatte Kosmetikerin gelernt, hatte eine Umschulung zur Maskenbildnerin gemacht und einige Jahre als solche gearbeitet und vor Kurzem hatte sie sich auch noch eine Qualifikation als Tätowiererin an Land gezogen. Sie hatte vor einigen Wochen auch Otto und Elisa die großen, temporären Tattoos eingelasert.

Was auch immer die beiden mit ihr anstellten, so würde Otto sie wahrscheinlich nur schwer wiedererkennen. Eine weitere halbe Stunde verging, dann wurde die Küchentür geöffnet. Vor ihm stand eine völlig Fremde. Die Frau vor ihm hatte blaue Locken, die in einem weichen Zopf über ihre Schulter bis zu ihrem Busen reichten und einen silbrigen Schimmer aufwiesen. Sie hatte blaue Augen und unter ihrem linken Auge hatte sie die Tätowierung einer kunstvollen Feder. Sie bestand komplett aus dunkelblauer Farbe und einigen Linien.

In ihrem tiefen Ausschnitt hatte sie ein weiteres Tattoo. Es war eine bunte Rose.

„Eli?"

Sie fing an zu grinsen und drehte sich zum Gang um.

„Du hattest recht, Karin. Mein Freund hat mich nicht erkannt."

Otto hörte ein leises Lachen aus dem Nachbarraum. Während Elisa ihm den Rücken zudrehte, erkannte er ein weiteres Tattoo. Ihr Top hatte im Rücken einen recht tief reichenden Ausschnitt. Er sah einen großen, bunten Schmetterling in allerlei Farben auf ihrem rechten Schulterblatt und eine Katzenpfote schien von ihrem bedeckten Rücken hinaufzugreifen.

Er ging auf sie zu und dann nahm er sie von hinten in die Arme. Die beiden Frauen verabschiedeten sich von ihnen, dann gingen sie.

„Wieviel hast du bezahlt?"

„Der Preis ist okay, aber ich habe beiden ein fürstliches Trinkgeld für den Hausbesuch gegeben."

Otto hatte die Ahnung, dass sie mit fürstlich auch das meinte. Er würde nicht einmal ausschließen, dass sie sich mit dem Trinkgeld einen mehrtägigen Urlaub finanzieren konnten.

„Und? Wie sehe ich aus? Wird mich irgendwer erkennen?"

Den letzten Satz sprach sie mit einem amerikanischen Akzent – die Buchstaben so weich, wie es nur ein Amerikaner oder Brite aussprechen würde.

„Verdammt noch mal, nein, du siehst großartig aus. Aber da fehlt noch was."

Er griff in sein Arsenal, dann holte er drei Kosmetiktaschen hervor. Eine war schwarz, eine rot und die letzte lila, dann suchte er nach etwas. In der zweiten Tasche fand er es dann. Elisa sah ihn neugierig an, dann griff er nach ihren Haaren und steckte etwas über die ganze Länge verteilt hinein.

Neugierig ging sie im Spiegel nachsehen, dann lachte sie.

„Ich dachte mir, dass dir der „Girly"-Look vermutlich am besten stehen würde."

Er hatte ihr einige silberne Sternchen und rosane Herzchen ins Haar gesteckt.

„Danke dir."

„Wenn du morgen in die Zentrale kommst, solltest du trotz allem so wenig wie möglich reden. Ausrutscher können auch dir passieren und irgendwer könnte deine Stimme erkennen."

„Meinst du, dass wir gedanklich kommunizieren sollten?"

„Traust dir das bereits? Ich meine: Ich hätte nichts dagegen."

„Lass es uns versuchen. Brauchst du wieder... du weißt schon... oder geht das so?"

„Alles gut, ich brauche erstmal kein Blut. Allerdings Elisa, ich hätte eine Bitte an dich."

[German] Dreams und NightmaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt