34.5 Teuflisches Gift
„Gut, damit wäre das entschieden."
Das Teuflische Gift tauchte gerade einen Keks in seinen Kaffee, ehe er ihn den Mund steckte, die anderen stimmten der Teuflischen Rechten zu. Nach ihrer Versammlung würde das Teuflische Gift zu seiner Bar gehen und alles für den kommenden Abend vorbereiten.
Er schnappte sich noch weitere Kekse, stürzte den Rest seines Kaffees mit einem Schluck hinter und dann verließ er als erstes den Saal. Ehe er jedoch ins Freie trat, zog er seine schlichte, dunkelrote, fast schwarze Maske hervor und setzte sie auf. Zugleich klebte ihm eine goldblonde Strähne auf der Stirn. Er wischte sie weg und versuchte sie erneut unter seine Löckchen zu schieben.
Vor vier Wochen erst hatte der letzte Streit zwischen der Teuflischen Kralle und der Teuflischen Haut eine der wichtigsten Brücken niedergebrannt. Darum musste das Teuflische Gift nun auch einen großen Umweg nehmen. Man hatte die beiden natürlich dazu verdonnert sie gemeinsam wiederaufzubauen. Seither war erst einmal Ruhe mit ihren Kämpfen. Dafür hörte man ihr Gegifte und Gekeife im gesamten Tal. Das sie nicht längst heißer waren, blieb dem Teuflischen Gift ein Rätsel.
Als er nach einem gewaltigen Fußmarsch schließlich seine Bar erreichte, schloss er die Tür auf und verschwand schnell nach innen. Die Lichter waren vom Teuflischen Licht speziell für ihn gemacht worden. Sobald er seine Bar betrat, entzündeten sich die Lampen eigenständig und tauchten den nun riesig erscheinenden Raum in ein gemütliches Licht.
„Dann mal an die Arbeit."
Wie jeden Tag hatte er auch heute seine Standardroutine. Er wischte die Tische ab und breitete neue Tischdecken darüber. Er hatte sie am Abend zuvor bereits abgewischt, doch tat er das grundsätzlich am darauffolgenden Tag noch einmal. Dann schob er die Gardinen in den Fenstern auseinander und raufte sie an der Wand zusammen.
Im Winter stellte er Kerzen auf die Tische, doch sie hatten Spätsommer, womit er sich für eine kleine Vase mit Blumen entschied. Er stellte auf jeden Tisch eine kleine, weiße Vase mit zwei bis drei Blumen darin. Nachdem er die letzte Vase abgestellt hatte, griff er in seine Hosentasche und klappte seine altertümliche Taschenuhr auf. Sie war sogar durch eine Kette mit der Horde verbunden. Dann warf er einen Blick darauf. Diese Uhr hatte er einst vom Teuflischen Licht geschenkt bekommen. Angeblich stammte sie von seiner Frau. Das Teuflische Gift nannte sie die Alice Uhr. Der Grund dafür war einfach. Wie jede normale Uhr vergingen auf ihr vierundzwanzig Stunden an einem Tag. Jedoch vergingen diese Stunden anders, wie in echt. Die Alice Uhr zeigte den Tag nach seinen Maßstäben. So begann sein Tag beim Aufstehen bei Null Uhr, obwohl es hell am Tag war. Wenn er seinen Vormittag hinter sich hatte und die Versammlung am Nachmittag begann, war es meist kurz vor zehn Uhr. Auf der Uhr war es dann meistens Elf, wenn die Versammlung vorbei war und er seine Bar erreichte.
Nun war es kurz vor zwölf, was so fiel hieß, wie dass der erste Teuflische nicht mehr lange auf sich warten ließ. Das Teuflische Gift beendete seine letzten Vorbereitungen und dann nahm er seinen ewigen Platz hinter dem Tresen ein. Er löste die Alice Uhr von seiner Hose und schob sie so in eine Nische unter dem Tresen, dass nur er sie sehen konnte. Er sah auf den Sekundenzeiger und Punkt zwölf, ging die Vordertür auf und die ersten beiden Teuflischen traten ein. Zugleich nahm das Teuflische Gift den Mundteil seiner Maske ab.
„Hi Gift."
„Gibst du uns das übliche?"
„Klar, Ohr."
Das Teuflische Ohr und der Teuflische Kopf waren stets die ersten. Sie nahmen am Tresen Platz und warteten, dass das Teuflische Gift ihnen ihre Gläser hinstellte. Der Teuflische Kopf trank stets ein leichtes Bier mit einem Kräuterlikör dazu, während das Teuflische Ohr gleich ein dunkles Starkbier bestellte. Das Teuflische Ohr nahm sein Glas und dann ging er zum Klavier in der Ecke hinüber. Er zog sich einen Stuhl heran und stellte das Bier darauf, dann zog er den Hocker unter dem Klavier hervor und begann eine Weile zu spielen. Das war etwas, dass nur wenige, über das Teuflische Ohr wussten. Er war ein leidenschaftlicher Musiker, stoppte aber stets, bevor noch andere dazu kamen. Nur zweimal hatte er das Instrument erst zu ihren Feiern für alle gespielt.
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[German] Dreams und Nightmares
Ficção CientíficaVor einigen Jahren materialisierte sich die Dunkelheit der Menschen in Form schwarzer Schemen, die das Land verseuchen und Menschen angriffen. Keine Waffe der Menschheit vermochte sich gegen sie durchzusetzen. Die Leute konnten nur angsterfühlt davo...