30.5 KURZGESCHICHTE Devils Caliber

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30.5 Teuflisches Kaliber

Sie hasste die Session der Touristen. Während sich die meisten Mitglieder zusammen mit den Besuchern am Abend den Kopf zuschütteten, wanderte sich die Wege ab. Sie war die stille Nachtwache und dafür fürchtete man sie.

Obwohl es Sommer war waren die Nächte sehr frisch. Sie seufzte schwer, dann betrat sie durch eine Art Hinterhof die Bar des Teuflischen Giftes. Wie immer brachen die Gespräche ab und alle starrten sie angsterfüllt an. Sie sah sich nach Ihresgleichen um und entdeckte wie zumeist den Teuflischen Richter in einer Ecke. Wie sie wollte es keiner mit ihm zu tun bekommen. Zugleich unterschieden sie sich grundsätzlich. Der Teuflische Richter wurde gefürchtet, doch nicht so sehr, dass die anderen nichts mit ihm zu schaffen haben wollten.

„Gift, gib mir das übliche."

„Kommt sofort."

Der Teuflische griff nach etwas unter seiner Bar, dann mischte er etwas hinter seinem Tresen zusammen. Die gesamte Zeit sah er sie an, bis er ein Schnapsglas mit einer schwarzen, blubbernden Flüssigkeit hervor nahm.

„Kann ich dich um einen Gefallen bitten, Kaliber?"

„Das übliche?"

„Ja, das übliche."

„Ich werde sehen, wie schnell ich es hinkriege."

Das war die Freundschaft zwischen ihnen. Er war der Barkeeper der Gemeinschaft und seine Gebräus waren weltberühmt. Tatsächlich wusste sie von seinem versteckten Garten mitten im Höhlensystem. Hier pflanzte er allerhand Grünzeug an. Jedoch wuchsen etliche Pflanzen dort nicht, wie gewünscht. Deshalb hatte das Teuflische Gift schon vor langem mehrere Gärten außerhalb und oberhalb des Tals angelegt. Meist waren es nur kleine Beete.

Das Teuflische Kaliber besuchte oft diese Gärten außerhalb für ihn, wenn sie auf nächtlicher Patrouille unterwegs war und brachte ihm die eine oder andere Spezialzutat mit. Ganz besonders war jedoch der sehr versteckte Minigarten am Fuße der Schlucht. Die Pflanzen dort nützten nur, wenn sie bei Vollmond geerntet wurden und waren in dieser Zeit aber auch ein Magnet für die Dämonen. Das Teuflische Gift bat sie alle zwei Monate die Pflanzen zu ernten, denn sie war eine der wenigen, die auf Distanz Dämonen abwehren konnten.

Sie setzte sich seitlich an die Bar, sodass sie die anderen Teuflischen im Blick hatte. Während der Teuflische Richter ruhig an dem Tisch in der Ecke saß und einen Schluck von seinem Getränk nahm, standen und saßen drei andere um ihn herum.

Das war kein fremder Anblick. Nachdem sie sich alle zusammen versammelt und beraten hatten, traf man diese vier fast immer zusammen an. Das Teuflische Ohr, das Teuflische Auge und der Teuflische Kopf waren eine besondere Dreierkombination. Jeder war für sich stark, doch erst zu dritt entfalteten sie ihre gesamte Kraft. Das Teuflische Kaliber wusste, dass die drei es geheim halten wollten, doch man konnte sie schwer täuschen. Das Teuflische Auge besaß die gefährliche Gabe in die Zukunft zu sehen.

Andere Teuflische hätten wahrscheinlich längst darüber getuschelt, doch sie nicht. Was brachte es ihr? Wenn die drei es für sich behalten wollten, warum sollte sie ihnen dann Steine in den Weg legen? Tatsächlich kannte sie zahllose Geheimnisse der Teuflischen. Ihresgleichen würde ihr vermutlich den Kopf von den Schultern reißen, wenn sie das erfuhren. Darum schwieg sie.

Sie vertraue der Gemeinschaft, egal wie man sie ansah. Sollte es jemals zum schlimmsten kommen, würde das Teuflische Auge seine Gabe offenbaren, die Teuflische Flamme ihr wahres Gesicht zeigen und die Prinzessin...

Das Teuflische Kaliber wollte gar nicht daran denken.

Sie seufzte schwer, dann nahm sie das Glas und ging nach draußen. Die meisten Teuflischen besaßen Masken, bei denen das Stück am Mund abgenommen werden konnte und die Trennung unauffällig mit dem Rest der Maske verbunden war. Selbst in der Bar nahm keiner die Maske ganz ab. Besonders wichtig waren ihnen dieses unausgesprochene Gesetz bei derartig vielen Besuchern.

[German] Dreams und NightmaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt