Mission "Trust" (Teil 2)

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Von grimmiger Entschlossenheit erfasst, stürzte ich mich auf die Treppenstufen, gerade noch rechtzeitig genug, um zu hören, wie unten die Kellertür ins Schloss fiel.

Mit einem triumphierenden Grinsen hob ich mir das winzige Mikro an meinem Kragen an den Mund und nahm mir nicht einmal die Zeit, kurz meinen stoßweise gehenden Atem zu beruhigen. Liam sollte ruhig wissen, dass ich gerade alles daran setzte, unseren Patzer wieder geradezubiegen.

„Leeroy!" Mein Hecheln war irgendwie erbärmlich. „Entriegelung der Kellertür!"

Noch während ich mithilfe weniger Sätze die Treppenstufen hinter mich brachte, bestätigte Liam meine Anordnung mit einem knappen „Check", mit dem Resultat, dass sich die schwere, massive Echtholztür am untersten Absatz ungehindert öffnen ließ.

Erst jetzt zwang ich mich dazu, kurz innezuhalten, um meinen viel zu lauten Atem unter Kontrolle zu bekommen, ehe ich meine Waffe fester umfasste und mit dem Fuß die Tür komplett aufschob.

Gähnende Dunkelheit schwappte mir entgegen.

Ich wusste, dass es vernünftiger wäre, auf Harry zu warten und dann zusammen mit gegenseitiger Rückendeckung in das Gebäude vorzudringen, doch in diesem Fall schlug ich unser gewohntes Vorgangsprotokoll in den Wind.

Wenn ich nun wartete, verschaffte das dem Eindringling unnötige Zeit, die am Ende zur Rettung von Livsey womöglich ausschlaggebend sein könnte. Und Livseys Überleben war oberste Priorität.

Gleich nach meinem Wunsch, mein Gedächtnis behalten zu dürfen.

Und Harry, versteht sich.

„Will an Edward", murmelte ich in das Mikro. „Ich bin drin. Setze den Weg fort."

Harry reagierte nicht, doch ich zwang mich dazu, nicht in Besorgnis zu verfallen. Mein Kollege war mir um ganze Erfahrungsjahre überlegen. Wenn hier einer von uns dem anderen den Arsch retten musste, dann war das garantiert Harry, nicht umgekehrt.

Mithilfe dreimaligen Zwinkerns aktivierte ich meine Kontaktlinse – etwas, das ich in all der Hektik kurz vor Aufnahme der Verfolgung vollends vergessen hatte – und wurde einen weiteren Wimpernschlag später mit grünlicher, leicht undeutlicher Nachtsicht beschenkt.

Ein großer, unübersichtlicher Kellerraum tauchte vor mir auf, gespickt mit haufenweise alten Möbeln, einigen Fahrrädern, vollgestopften Regalen an den Seitenwänden sowie eine mobile Tischtennisplatte und Golfausrüstung in der Ecke.

Das Chaos streifte ich nur mit einem flüchtigen Blick. Dort war nichts, was sich als Versteck für einen Menschen eignete, und war daher für mich nicht relevant.

Unvermittelt drang unterdrücktes Fluchen aus meinem In-Ear-Piece, dicht gefolgt von einer mit meinem Namen kombinierten Verwünschung. Offenbar wusste Harold meinen Alleingang nicht zu schätzen.

„Ich habe einen kleinen Abgang hingelegt." Er klang alles andere als amüsiert. „Bin sofort bei dir."

Trotz allem musste ich grinsen. Harry hatte es in all seiner sportlichen Leistungsfähigkeit und mit all dem Training in problematischen Verhältnissen also tatsächlich geschafft, sich beim Laufen auf die Fresse zu legen. Wäre das hier eine Übung gewesen, hätte ich ihn gnadenlos ausgelacht.

Doch leider war es keine Übung, also zwang ich mich dazu, ernst zu bleiben und meinen Fokus zu halten – genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte den Kopf kaum wieder gehoben, da glaubte ich, auf der gegenüberliegenden Seite des Kellers, direkt hinter der einen Spaltbreit offenstehenden Tür einen Schatten wahrnehmen zu können. Jemand drang gerade ins Herz der Villa vor.

One Shots (Larry, Ziall, Niam, Narry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt