Von richtigen Gläsern und Verkupplungsaktionen

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Als wir ankamen, nahm Ben uns gleich an der Haustür in Empfang, deckte uns in der Küche mit Getränken ein und führte uns weiter in das Wohnzimmer. Wir setzten uns auf eine Couch und wurden über die Musik hinweg von den Schönen und Reichen willkommen geheißen. Aly und ich lächelten nett in die Runde. Auch Markus war dabei. Meine beste Freundin war sichtlich aufgeregt und nippte immer wieder an ihrem Getränk. Für mein Vorhaben war das gar nicht so schlecht, wenn sie sich ein wenig Mut antrank. Alles in diesem Haus sah sehr teuer und geschmackvoll aus, wir tranken noch nicht einmal aus Plastikbechern, sondern aus richtigen Gläsern. Die Musik war laut, aber noch angenehm, sodass man sich unterhalten konnte und es lagen noch keine Betrunkenen in ihrer eigenen Kotze herum, das war doch schon einmal etwas. Ben unterhielt sich mit einem seiner Freunde und ich hörte nur mit einem halben Ohr zu.

Stattdessen prostete ich Aly zu und feuerte sie an: „Und jetzt einen großen Schluck!" Sie nickte grinsend und trank. Danach rutschte ich näher zu ihr, hakte mich unter und fragte: „Bist du bereit?" Sie sah mich verwirrt an, aber bevor sie weitere Fragen stellen konnten, zog ich sie hoch und platzierte uns auf der gegenüberliegenden Couch neben Markus. Er begrüßte uns lachend und begann sofort mit Smalltalk. Er war schon etwas angetrunken, aber das war lustig. Wir unterhielten uns nett, aber Aly sagte kein Wort. Stattdessen signalisierte sie mir mit zunehmender Deutlichkeit, dass sie gerne gehen würde.

Ich verstand nicht ganz wieso, gab meinen Versuch, sie in das Gespräch miteinzubeziehen aber irgendwann auf und meinte zu Markus, dass ich mal kurz auf die Toilette müsse. Er nickte und Aly zog mich hinter sich her nach draußen.

Kühle Nachtluft schlug uns entgegen und war eine willkommene Abwechslung nach der Mischung aus Schweiß, Alkohol und zu viel Parfüm. „Was sollte das?", blaffte meine beste Freundin mich an. Ich zuckte zusammen. Das hatte ich nicht erwartet. „Was - was meinst du?", stotterte ich geschockt und zog meine Jacke enger um mich. Mir war nicht kalt, doch ich hatte das Gefühl, als würde mich das vor Aly schützen. „Na dieses mega unangenehme Gespräch mit Markus gerade! Wieso hast du das getan?", fragte sie den Tränen nahe, aber ich verstand immer noch nicht. „Ich hab' doch nur versucht euch näher zu bringen.", rechtfertigte ich mich kleinlaut. „Aber wieso? Lia, das will ich doch überhaupt nicht!", entgegnete sie und verschränkte ihr Arme vor ihrer Brust. Ihre Augen funkelten und ich verstand überhaupt nichts. „Aber du willst doch was von ihm? Ich dachte, ich tue dir einen Gefallen und pushe dich ein bisschen." Langsam wurde ich sauer. Sie stöhnte verzweifelt. „Lass es Lia, lass es einfach. Ich will nicht gepusht werden und vor allem nicht zu Markus.", schrie sie mich an. „Aber selbst hättest du das doch nie getan, du wärst den ganzen Abend nur da gesessen und hättest ihn aus der Ferne angeschmachtet! Und dann hättest du dich wieder bei mir ausgeheult!", warf ich ihr vor und im selben Moment bereute ich es. „Aly, nein, tut mir leid, so war das nicht gemeint, so wollte ich das nicht sagen, tut mir leid." Für eine Entschuldigung war es aber zu spät.

„Was heißt hier Ausheulen? Du bist diejenige, die mir irgendetwas verheimlich, dann deswegen heult und die ich dann wieder trösten darf, na vielen Dank auch! Ich brauche deine Hilfe nicht! Und jetzt lass mich in Ruhe!", brüllte sie, machte auf dem Schritt kehrt und lief in die Nacht hinein. „Aly!", schrie ich hinterher, doch es nützte nichts. Die Wut in mir ebbte ab, meine Knie knickten ein und ich sank auf den Boden. Was hatte ich nur getan. Sie war immer so lieb zu mir, sie hatte sich so auf diese Party gefreut und ich versaute es. Was war ich nur für eine furchtbare Freundin.

Ich schluchzte, zum unzähligsten Mal heute. Ich spürte, wie sich eine warme Hand auf meinen Rücken legte und eine andere, die über meine Haare strich. Ben war gekommen und nahm mich in den Arm. „Ich muss ihr hinterher!", jaulte ich, doch er widersprach. „Nein Lia, musst du nicht. Du kannst morgen wieder mit ihr reden. Ich bringe dich jetzt nach Hause. Erst als er mich aufrichtete sah ich, dass sich sämtliche Partybesucher um uns versammelt hatten und scheinbar die ganze Misere beobachtet hatten. Na toll. Ich schämte mich so sehr. Wäre ich doch wenigstens alleine gewesen, aber so habe ich auch noch Aly blamiert.

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