Von Oversizepullovern und Spaghettiträgertops

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Am nächsten Montag stand das erste Treffen von Backstageteam und Schauspielern auf dem Plan. Es war sicher erst einmal seltsam anzusehen, die Leute von Requisite, Technik und Kostüm waren schwer beladen mit den verschiedensten Dingen, während wir höchstens eine Wasserflasche trugen. Während wir erste Text- und Choreoproben mit Requisiten machten und besprochen wurde, welche Bühnenbilder wir brauchten, wurden wir der Reihe nach in einen Raum gerufen, in dem sich das Kostümbildnerteam eingenistet hatte.

Als ich dran war, verabschiedete ich mich schnell von Diana. Da wir beide für die gleiche Rolle besetzt waren, probten wir immer zusammen. Auf dem Weg zu den Kostümbildnern dachte ich darüber nach, was am Freitag passiert war. Ich würde Aly jetzt sowieso gleich sehen, dann könnte ich ihr das auch gleich erzählen. Jetzt war wirklich endgültig Schluss mit der Geheimniskrämerei.

Sie nahm mich gleich freudestrahlend entgegen. Man merkte, dass sie gerade absolut in ihrem Element war und das machte mich glücklich. Trotzdem blieb ein mulmiges Gefühl in meiner Magengrube zurück, schließlich hatte ich sie immer wieder angelogen und das tat mir wahnsinnig leid. „Also Lia, wir nehmen heute erstmal deine Maße, damit wir dann später bei den Fittings hoffentlich nicht mehr ganz so viel ändern müssen. Du kannst dich da auf das kleine Podest stellen.", wies sie mich ein und ich kam ihr nach. Sie glühte förmlich vor Freude. Während sie ein Maßband holte, ging die Tür auf und ein hellblonder Schopf kam herein.

„Alyssa, könntest du bitte in den Fundus gehen und nachsehen, ob du da was brauchbares findest? Du kennst dich da sicher besser aus als ich.", sagte er ohne aufzusehen, ganz vertieft in sein Klemmbrett. Er kritzelte etwas darauf herum und mir schlug das Herz bis zum Hals. Was zum Teufel machte er hier? Ich traute mich nicht, mich zu bewegen und hoffte, er würde mich dann vielleicht nicht entdecken, obwohl ich doch mitten im Raum auf einem Podest stand.

Er schrieb immer noch etwas auf diesem Zettel. Konnte er mich nicht endlich erlösen, indem er mich wenigstens anschaute? War das zu viel verlangt? Eigentlich sollte ich doch gar nicht nervös sein. Ich hatte ihm klar gemacht, dass ich nur eine Schülerin war und er nur ein Lehrer und nicht mehr. Und so würden wir auch in Zukunft miteinander umgehen. Wo war das Problem?

„Klar, mach ich. Können sie dann dafür die Maße nehmen?", fragte sie und er nickte. „Jaja, das mach ich schon." Immer noch war der Blick starr auf das Klemmbrett gerichtet.

„Dann bis später.", sagte sie und verabschiedete sich mit einem entschuldigenden Lächeln von mir, das ihr Dauergrinsen aber nur für kurze Zeit verschwinden ließ. Herr Visnes hob seinen Kopf und lächelte ihr noch einmal dankbar zu, als sie an ihm vorbeiging und ihm das Maßband in die Hand drückte, was sie noch mehr strahlen ließ.

Im nächsten Moment trafen sich unsere Blicke und seine Kinnlade fiel klappte auf. „Alyssa, warte!", rief er noch, doch sie war schon weg. Die Tür fiel ins Schloss und wir waren alleine. Mal wieder. Ich lächelte dümmlich, als er sich wieder zu mir umdrehte. Dahin war meine Idee, Aly von den Ereignissen der letzten Wochen zu erzählen.

„Hey.", sagte er lahm und ich entgegnete nur: „Hey."

Er fuhr sich mal wieder durch die Haare und ich musste meinen Kiefer fest zusammenpressen, um ihm nicht endlich zu sagen, wie nervig ich das fand. Im ersten Moment schien er etwas ratlos zu sein, bis ihm das Maßband in seiner Hand wieder einfiel. Na toll, echt. Noch unpassender ging's nicht. Ich seufzte entnervt: „Fangen wir einfach an." Doch eigentlich kribbelte es ganz gewaltig in mir.

Er nickte eifrig, als hätte ich ihm einen Lolli versprochen, wenn er seine Hausaufgaben brav machte, legte sein blödes Klemmbrett endlich weg und stand dann wieder etwas hilflos vor mir.

„Das ist jetzt vielleicht blöd, aber du müsstest dafür deinen Pulli ausziehen.", meinte er schüchtern. Ich trug einen sehr grob gestrickten, fliederfarbenen Oversize-Pullover, der meine Figur mehr versteckte als verspielte. Machte also Sinn, sonst wären alle Maße verfälscht. Ich zögerte und er verstand. „Wenn dir das unangenehm ist, kann ich auch rausgehen.", bot er schnell an und machte schon einen Schritt auf die Tür zu, aber ich schüttelte nur den Kopf. „Umdrehen reicht.", presste ich hervor. Er nickte und kam meiner Bitte nach. Obwohl ich meine wärmende Schicht jetzt auszog, wurde mir verdammt heiß, ich begann zu schwitzen. Darunter trug ich nur ein Spaghettiträgertop und natürlich meinen BH, der leicht darunter hervorblitzte. Ich zupfte etwas daran herum, bis ich mich einigermaßen wohlfühlte und legte dann meinen Pulli weg. Währenddessen ließ ich meinen Lehrer nicht aus den Augen. Ich beobachtete ihn dabei, wie er an dem Maßband herumnestelte und verschränkte meine Arme. Ich wusste nicht, ob mich plötzlich fröstelte oder aus einem anderen Grund.

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