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Nach einer sehr unruhigen Nacht wurde ich am frühen Morgen schweißgebadet wach. Ich saß senkrecht im Bett und hielt mir meine Hand auf den Brustkorb. Mein Herz raste und ich hatte Schwierigkeiten dabei, Luft zu bekommen. Es fühlte sich an, als würde mir irgendetwas die Luft abschnüren.

»Kim, hey .. alles in Ordnung?«, die beruhigende Stimme von Richy holte mich schließlich in die Wirklichkeit zurück und das Gefühl der Atemnot verschwand schlagartig.

Was war das? War das etwa noch ein Traum?

Verwirrt sah ich Richy an, der besorgt seine Stirn in Falten gelegt hatte. Seine rechte Hand ruhte auf meinem linken Arm, woraufhin mir direkt eine wohlige Wärme durch den Körper schoss. Ich hatte keine Ahnung, warum ich auf seine Berührungen immer so reagierte, aber ich fühlte mich in seiner Gegenwart einfach wohl und sicher.

»Entschuldige .. Hab' ich dich etwa geweckt?«, fragte ich leise nach, doch er schüttelte nur den Kopf.

»Nein, alles gut. Ich war bereits wach. Ich schlafe hier generell nicht viel – da ist mir mein eigenes Bett lieber«, erwiderte er lächelnd und ich konnte ihn sehr gut verstehen.

Ob ich mein Bett irgendwann noch mal wiedersehen würde? Wahrscheinlich nicht in allzu naher Zukunft. Zu Hause erwartete mich keiner und auch wenn ich nach Hause fahren würde, wäre ich selbst dort nicht sicher. Alan würde erst aufhören, wenn ihn jemand stoppen würde und das war eindeutig meine Aufgabe.

Richy rührte sich keinen Zentimeter und auch seine Hand lag noch immer auf meinem Arm. Es schien beinahe so, als wäre sie festgeklebt. Er wollte mich nicht loslassen – ob er Angst hatte, ich würde dann einfach so verschwinden? Vermutlich.

»Danke, dass du da bist, Richy. Ich wüsste nicht, ob ich die Tage hier sonst überstehen würde«, lächelte ich zaghaft, woraufhin sich ein Schmunzeln auf seine Lippen legte.

»Dafür sind Freunde doch da«, meinte er und ich nickte leicht. Freunde. War es das, was ich von ihm hören wollte?

Er zog seine Hand zurück und setzte sich dann noch mal auf sein Bett, denn nur kurz darauf ging die Tür auf und zwei Schwestern kamen herein. Morgendliche Routine sozusagen.

»Guten Morgen, Miss Hoover und Mister Roger. Haben Sie gut geschlafen?«, fragte die etwas ältere Schwester uns.

»Nein«, antworteten wir zeitgleich und mussten darüber doch ein bisschen lachen.

Als Richy mich schließlich ansah, hatte ich das Gefühl als würden seine Augen glänzen. Er fixierte mich regelrecht mit diesem Blick und es war so intensiv, dass ich ein leichtes Kribbeln im Bauch spürte. Was war nur los mit mir?

»Na, da sind sich aber zwei einig. Aber ich kann das gut verstehen. Bald dürfen Sie ja nach Hause, dann schlafen Sie sicher auch besser ... Okay, gut. Mister Roger, dann fange ich nun bei Ihnen an und wechsel den Verband.«

Er sah die Schwester an und nickte, dann setzte er sich seitlich aufs Bett, damit die Schwester an den Verband kommen konnte – denn sein Bett stand mit einer Seite direkt an der Wand. Mein Blick wanderte auf das große Pflaster, was die Schwester nun langsam Stück für Stück abzog.

Ich zog die Luft ein und für einen kurzen Moment hörte ich sogar auf zu Atmen. Die Wunde an seinem Rücken war so groß, dass ich mir die Tränen wirklich unterdrücken musste. Schlagartig kamen mir wieder die Bilder vor Augen.

Von diesem Angriff.
Von dem Blut, was aus seinem Mund kam.
Von dem Versuch, mir etwas zu sagen.
Von der Angst in seinen Augen.

Ich drehte mich von ihm weg und versuchte tief durchzuatmen, doch stattdessen war ich kurz davor zu hyperventilieren. Ich merkte, wie mein Herz immer schneller schlug und mir langsam schwindelig wurde, bis mir schließlich schwarz vor Augen wurde und ich seitlich vom Bett fiel.

Duskwood - Falsche Entscheidungen ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt