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»Wie konnte sie entkommen?«, stellte er eine berechtigte Frage, die mich unweigerlich wieder wütend machte, woraufhin sich der Griff um die Tasse verstärkte und ich schmerzhaft die Miene verzog.

Richy nahm mir augenblicklich die Tasse aus der Hand und stellte sie auf den Tisch. Er drehte beide Hände um und sah sich die Handflächen an, die beide extrem gerötet waren. Sachte legte er seine Hände auf meine, um sie etwas herunterzukühlen, was mich tiefen seufzen ließ.

»Ich ... Es tut mir leid .. Aber genau dieser Punkt macht mich so extrem wütend. Sie ist durch den Notausgang geflüchtet und angeblich einfach nur gerannt, bis sie nicht mehr konnte. Sie hat uns da alle allein gelassen ... mich allein gelassen. Hinterher wurde ich für 7 Jahre verurteilt, weil die anderen beiden es so gedreht hatten, dass ich für alles verantwortlich war. Ich wäre die Strippenzieherin. Die mussten zwar auch noch für 3 Jahre ins Gefängnis, aber die meiste Schuld wurde mir zugesprochen. Hannah hatte alles sehr gut durchdacht ... sie hatte sich einen anderen Namen gegeben und konnte somit nie gefunden werden, denn sie tauchte in keinem Archiv auf. Deswegen hat mir damals auch keiner geglaubt, dass sie dabei war«, erzählte ich weiter und so langsam veränderte sich auch der Gesichtsausdruck von Richy.

Allerdings konnte ich noch nicht so ganz deuten, ob er nun wütend oder enttäuscht war. Vielleicht war er aber auch einfach nur beides und das konnte ich wirklich sehr gut verstehen.

»Das hätte ich wirklich nie von ihr gedacht. Ich meine .. Ich kenne Hannah jetzt noch nicht so lange wie du, aber ich habe sie als liebenswerte und zuvorkommende Person kennengelernt. Doch so wie es aussieht, hat sie uns wohl alle ganz schön verarscht. Es tut mir leid, was du ihretwegen durchmachen musstest..«

Ich schüttelte den Kopf und verschränkte meine Hände mit seinen, dann sah ich ihm in die Augen und lächelte leicht.

»Dir muss gar nichts leidtun. Wir sind alle auf sie hereingefallen, aber kannst du mich jetzt ein bisschen verstehen, warum ich vorhin so ausgerastet bin?«

»Ja, auf jeden Fall. Von Thomas kannst du in der Hinsicht wohl keine Hilfe erwarten, da er nach wie vor die rosarote Brille trägt, wenn es um Hannah geht. Und Cleo .. Ich habe manchmal das Gefühl, als sei sie eifersüchtig auf Hannah und ich glaube, wenn du ihr das alles so erklärst ...«

»Nein! Ich glaube, ich habe meinen Standpunkt in der Bar mehr als deutlich gemacht und wenn sie oder Thomas oder Dan es noch immer nicht kapiert haben, wie Hannah tickt, kann ich denen auch nicht helfen. Mir ist nur wichtig, dass du mir glaubst und mir hilfst«, sagte ich mit gedämpfter Stimme und fixierte ihn mit meinen Augen.

»Ich glaube dir und ich werde dir auch helfen. Ich bin zwar kein Fan davon, seine Freunde zu verraten, aber sie verhält sich einfach falsch und muss nun langsam wirklich die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen«, erwiderte er entschlossen und sah mir tief in meine blauen Augen.

Die Spannung, die mittlerweile zwischen uns lag, war schon beinahe elektrisierend und keiner von uns wagte es sich, den Blick zu senken oder sich zu bewegen.

»Was ist mit Jessy und Lilly?«, fragte er leise und ehrlich gesagt, brachte mich diese Frage gerade etwas aus der Fassung.

»Ich weiß es nicht. Ich habe Lilly schon länger nicht mehr gesprochen und Jessy ... sie ist sauer auf mich, oder uns? Jedenfalls glaube ich nicht, dass sie uns helfen wird«, erwiderte ich und hoffte darauf, dass das Thema damit erst mal erledigt wäre.

»Mh .. Ja .. sie wird sich schon beruhigen«, sagte er beinahe monoton und ließ meine linke Hand los.

Sanft strich er eine Haarsträhne hinter mein Ohr und legte seine Hand schließlich an meine Wange. Ich konnte es mir wirklich nicht erklären, doch die Wärme, die ich in dem Moment spürte, die allein von seiner Hand ausging, brachte mein Blut in Wallungen.

Duskwood - Falsche Entscheidungen ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt