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Für beide war es schwer so viel über ihre Vergangenheit zu erzählen, doch beide fühlten sich nach der Sitzung um Welten besser.

Seonghwa war unglaublich aufgeregt. Sein Therapeut hatte gute Arbeit geleistet. Es gab nichts, was der Park bezweifeln konnte und kaum etwas, was er falsch gedeutet hatte.

Auch Joong fühlte sich plötzlich wieder verstanden und realisierte was sein früherer Partner und seine eigene Familie ihm alles getan hatte.

Alle in seinem früheren Leben hatten ihn in diese Essstörung reingeritten, hätte er keine bekommen wäre es merkwürdig. Konstant durfte er sich abfällige Kommentare anhören, sein Essen wurde ihm weggenommen, dazu gab es  Diäten durch die er schon als Kind gehen musste. Kleideranproben, wo von ihm verlangt wurde die kleinsten Größen anziehen, obwohl es klar war, dass es nicht passten würde.

Gerade als er seine Familie los geworden war legte sein Leben ihm ein anderes Hindernis vor die Füße.

Dieses Hindernis nannte sich sein Ex.

Bald nachdem er frei von seinem toxischem Haushalt war nahm der Jüngere zu, sein Selbstbewusstsein stieg und seine Selbstliebe auch. Einer der besten Zeiten seines Lebens. Zum ersten Mal konnte er frei über sein Essen entscheiden, doch da funkte sein ehemaliger Freund dazwischen. Plötzlich machte er den Körper Joongs runter, nach dem er sich vorher so lüstern nach genau diesem sehnte.

Alle Menschen haben eine Vergangenheit, doch manche sind dunkler als andere.

Hwa's war auch nicht gerade besser als das Hongjoongs.

Sein Umfeld war etwas anders, jedoch auch sehr streng. Alle standen in der Öffentlichkeit und Seonghwa würde von Anfang an mit reingezogen, obwohl es ihm nicht gefiel. Sogar als Kind versteckte er sich vor Fremden, doch jedes Mal aufs Neue wurde er vor die Kamera gedrängt.

Das war auch einer der Gründe wieso der Schwarzhaarige sein inneres Kind nicht richtig ausleben lassen und kein normaler Jugendlicher sein konnte, der - ja - sich ab und zu prügelte oder auf eine Party ging.

Doch die schwerste Zeitspanne seines Lebens lag nicht da jedoch nach dem Vorfall mit seinen Eltern. Seine Mutter hilflos zu sehen, ausgebeutet von seinem eigenen Vater, den er vorher als Vorbild sah. Mitzubekommen wie er Mitten in der Nacht dem Haus geführt wurde und die nächste Woche kein Auge mehr zu zukriegen. Alles vor allem vor seiner Abschlussprüfung auf die er seit Jahren hinarbeitete.

Seine Gedanken waren nicht mehr klar. Plötzlich, da wurde er in jeder Ecke ausgefragt.

Was war passiert?

Warum hatte er nichts getan?

Wieso hat er das zugelassen?

Wie konnte er nur ein Auge zukriegen?

Wieso war er überhaupt in der Schule?

War er nicht so wie sein Vater, der ihn immerhin mit erzogen hatte?

Alles kam raus. Beide kotzten ihr Inneres jede Sitzung aufs neue aus, dieser grüne Sessel im Raum ihres Psychiaters wurde für beide ein sicherer Ort. Während sie durch ihre Erinnerungen wieder verfinsterten gaben sie Zuhause einander zudem viel Stärke und spornten einander an weiter zu machen.

Ja, es wurde geweint. Ja sie waren vielleicht ab und zu auch sauer oder angespannt, doch sie waren immer für einander da. Nachts da kuschelten sie oder saßen auf dem Balkon des Älteren. Das junge Paar sah weit hoch in die Sterne während eine sanfte Brise ihr Haar wehen ließ, kalte Luft zogen sie durch ihre errötete Nase und verbanden ihre eisigen Hände. Ab und zu da rauchte der Jüngere auch, ließ den hellen Rauch aus seinen Lippen aussteigen. Es war ein vertrauter Duft für seinen festen Freund.

Seonghwa erzählte selbst Joong über die eine Nacht... Die eine Nacht in der er bloß gestellt wurde, die ihn geprägt hatte und vielleicht einer der vielen Auslöser seiner Krankheit war.

Es war eine einfache Party, einige Zeit nach dem großen Vorfall. Hwa ging nach langer Zeit auf eine wirklich große Party, viele Leute, gutes Essen, nice Playlists und natürlich war tanzen bis einem die Füße abfallen angesagt. Doch mitten in der Nacht passierte dan etwas. Vor allen Beteiligten wurde er herum geschubst und es wurde über ihn und seine Familie her gezogen. Er konnte sich noch an das Lachen seiner 'Freunde' erinnern. Daran erinnern wie sie Lebensmittel über seinen Kopf schüttelten.

Das Kind eines Vergewaltigers...

Jedes Weinen fing Joong auf, um jedes Verzweifeln kümmerte sich Hwa. Sie gaben Acht aufeinander so als wäre der andere zerbrechlich. Bei Streit wurden beide plötzlich still bevor es ausartete, beim Weinen nahen sie einander in den Arm. Sie liebten sich. Das war der Grund weshalb sie das taten, diesen großen Schritt von Anfang an gemacht hatten. Langsam heilten sie und das zusammen.

Die Therapie tat beiden gut. Seonghwa hatte die Gelegenheit sein sehr empfindliches Verhalten zu analysieren und korrigieren, mit Situationen klarzukommen, die ihn überforderten. Der Blauhaarige im Gegensatz fing an seine Zwänge zu ignorieren und unterdrücken und etwas neues in seinen Kopf zu programmieren, Selbstliebe.
Egal welche Kleidergröße er trug.

Es gab jedoch auch viele Rückschläge. Jedes Kilo ließ Hongjoong zusammenbrechen. Viele ungeplante Situationen und ubermütiges Handeln erstickten Hwa, doch insgesamt besserte sich alles.

Beide... Ja, konnten wieder Schlafen...

Keine Nächte voller schlechter Gedanken und sich selbst Abtasten um zu checken ob man zugenommen hatte kamen mehr vor, wenn dann selten.

Sie hatten einem Rhythmus. Sie entwickelten ihn.

Hongjoong ging morgens zur Arbeit, mittags zur Uni und abends machte er weiter. Um 9 oder manchmal 10 Uhr kam er nach Hause, wenn er nicht in Studio schlief. Dafür aber blieb der Producer bei solchen Vorfällen bis Vormittag bei seinem Freund lief bevor beide zur Uni aufbrachen.

Richtig gehört, beide.

Nach einem halben Jahr Therapie fand Hwa Halt und Kraft dazu sein Studium anzufangen. Plötzlich setzte er seine Träume Stück für Stück durch. Natürlich mit unglaublich viel Mühe, doch als er sich das erste Mal in den Lehrsaal setzte konnte er nicht anders als leise anzufangen zu Weinen.

"Überraschung mein Engel.", flüsterte Joong hinter ihm und hielt den Älteren vorsichtig in seinen Armen.

Er hielt ihn nur, auch als der Schwarzhaarige sich auf den Boden kniete. Sanfte Küsse verteilte sein Partner auf seinem Nacken, das Weinen dämpfte er durch seinen Ärmel ab.

"Ich bin stolz auf uns. Nach der Vorlesung: Möchtest du in ein Café?"
Auch in Hongjoong Augen sammelten sich Tränen.

So viel war passiert.

"Ja sicher.", erwiderte Seonghwa mit einem Kloß im Hals und wischte sich seine Tränen weg.

"Gut... Nun steh auf. Alles ist gut."

"Natürlich ist alles gut."

Verwirrt sah der Jüngere zu seinem Freund.

"Alles ist gut, da du an meiner Seite bist.", sagte Hwa.

Eine Träne lief nun auch die Wange des Angesprochenen runter.

"Du Charmeur...", schniefte er und ließ sich in seine Arme fallen.

"Ich liebe dich Seonghwa..." - "Ich dich auch, Prinzessin."

ASMR ❖ ˢᵉᵒⁿᵍʲᵒᵒⁿᵍ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt