Am nächsten Morgen begann Edens und meine Reise noch im Morgengrauen. Meine Mutter sprühte vor Euphorie, wuselte um mich herum fröhlich summend, während mein Vater mich stumm und traurig anblickte. Er fehlte mir jetzt schon. Zum Verabschieden war nicht lange Zeit. Ich war froh das Eden mit mir kommen würde. Wenigstens eine Person die vertraut war. Ich trug ein Reisekleid, welches meine Mutter noch extra bei ihrer Freundin gekauft hatte. Es lag ungewohnt steif und fremd auf meiner Haut und ich fühlte mich unwohl.
Eden musterte mich in der Kutsche. "Deine Eltern haben mich gebeten dir beim Einleben im Hof zu helfen und dir dich wichtigsten Regeln bei zu bringen. Manieren schaden dir nicht. Du weißt ich habe früher am Hofe gearbeitet und so Ausrutscher wie die, als der Lord da war kannst du dir am Hof nicht leisten. Ich warne dich, alles was du machst wird gesehen. Du wirst auch Feinde am Hof haben, auch wenn diese das nicht offen zeigen. Jede deiner Bewegungen wird genaustens beobachtet. Jede."
Ich nickte stumm. Seit dem Abend zuvor war mir übel.
Eden fuhr fort: "Am Hofe des Lords hat selbstverständlich der Lord die Größte Macht. Es ist also wichtig das du in seiner Gunst stehst. Was der Lord sagt ist Gesetz, du wirst nicht deinen eigenen Kopf durchsetzen können, ohne das du ihn verlierst. Wenn er will das du mit ihm isst, was ich nicht denke, dann isst du mit ihm. Wenn er dich etwas fragt, dann antwortest du ihm höflich. Du sprichts ihn stets mit seinem Titel an und knickst sobald er in deine Nähe kommst. Du redest nur wenn du gefragt wirst. Du wirst deinen Blick gesenkt lassen, bis er dir etwas anderes signalisiert und du redest stets leise und nur positives. Nichts was ihn verärgert könnte, wenn du länger als einen Tag überleben willst. Lord Anati hat eine sehr strenge Mutter, die jedoch nur noch selten in die Öffentlichkeit tritt. Unterschätze ihre Macht auf keinen Fall. Sein jüngerer Bruder wird zum Ritter ausgebildet und soll später Ratgeber des Südlichen Heeres sein. Er ist ein kluges Köpfchen und fleißig - so erzählt man es sich. Lord Anatis Schwester, hat... gelähmte Beine. Man weiß nicht viel über sie, halt dich m besten von ihr fern. Sowas gibt nur Ärger. Und dann gibt es natürlich noch die engsten Gefolgsleute und Berater. Wenn sie in der Nähe sind solltest du dich so unscheinbar wie nur möglich verhalten. Es könnte sonst als Respektlosigkeiten gegenüber dem Lord angesehen werden. Generell solltest du dich überall erst einmal etwas zurückhalten. Du bist die neue vom Land. Eine einfache Bürgerliche. Du musst dir deinen Respekt erstmal verdienen. Die Gunst des Lords ist dafür der Schlüssel. Er ist der Schlüssel zu allem."
"Aber ich hasse den Lord.", murmelte ich frustriert.
"Solche Aussagen sind ab jetzt tabu. Die Leute haben ihre Ohren überall.", zischte Eden. Ihre sonst so gelassene Art war wie weggewischt, was mir nicht wirklich half ruhiger zu werden.
Ich warf unruhig einen Blick aus dem Fenster und blickte direkt auf die große Burg. Hoch und düster. Die Burg spähte bedrohlich über steinigen Felsen unter ihr. Umgeben von einem dichten Wald auf der einen Seite und Feldern auf denen Bauern bei der Arbeit waren, war die Burg ein respekteinflößendes Bauwerk. Die Mauern warfen lange Schatten aufs Land und es schien mit einem Mal zehn Grad kälter zu werden. Das würde also das Gefängnis für die nächsten Jahre sein.
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Mylord
RomanceDer für seine Heldentaten berühmte Lord Anati scheint gefallen an der hübschen Kaufmannstochter Ruby gefunden zu haben. Ruby ist jedoch nicht besonders begeistert, als der Lord sie zu sich auf die Burg einlädt. Fern von ihrer Familie muss sie sich b...