28) Esmeralda

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Das Licht drang hintern den schweren Vorhängen vor meinen Fenstern durch. Ich sah den Staub im Sonnenstrahl schwirren, der hinter einem der Vorhängen hervorkam. An der Intensität der Sonne erkannte ich, dass es bereits Vormittag sein musste. Verwundert fragte ich mich warum noch niemand gekommen war um mich zu wecken. Als ich mich aufsetzte fiel mein Blick auf einen schlafenden Körper auf dem Teppich vorm Kamin. Mir viel wieder ein, wie Anati gestern gekommen waren und wir uns beide erschöpft auf mein Bett gelegt hatten. Ich war wohl eingeschlafen.

Erstaunt stellte ich fest, dass  mir jemand das schwere Kleid ausgezogen hatte, sodass ich in meinem weißen Unterkleid im Bett lag, und mich liebevoll zugedeckt hatte. Bei dem Anblick von Anati der wohl den Anstand eines Adelmanns gehabt hatte, nicht ohne mein Einverständnis mit in meinem Bett zu liegen, wurde mir warm ums Herz. Er war der Lord und dennoch behandelte er mich mit so viel Respekt, als wäre ich ihm in nichts nachgestellt.

Ich beobachtete, wie er blinzelte und langsam wach wurde. Mit einem verschlafenen Knurren drehte er sich auf die andere Seite. Im Halbschlaf sah er mich, blinzelte nochmal und öffnet dann seine Augen ganz.

"Guten Morgen!", begrüßte ich ihn heiter. Auch er setzte sich auf, fuhr sich durch sein goldenes Haar, rieb sich die Augen und antwortete: "Guten Morgen, Ruby." Er gähnte, schien dann ganz wach. Mit der selben Heiterkeit, mit der ich ihn begrüßt hatte stand er auf und setzte sich auf meine Bettkante. "Was hältst du davon, wenn wir beide heute mal auf den Markt gehen? Vielleicht siehst du ja was schönes, dass dir gefällt." Anati strich mir eine zerzauste Strähne aus dem Gesicht.

"Gerne. Sagen wir, wir treffen uns in einer halben Stunde bei den Kutschen?", schlug ich vor. Anati lächelte Vergnügte. Als er schon halb aus der Tür raus war, drehte er sich nochmal um und lachte frech: "Übrigens, du redest im Schlaf."

Bevor ich was erwidern konnte, war er bereits weg. Ich malte mir im Kopf alles mögliche aus, was ich im Schlaf gesagt haben konnte. Schob das dann jedoch zur Seite, weil es mich nirgends hinbringen würde. Eilig wusch ich mich. Ich wählte ein schönes blassblaues leichtes Kleid aus dem Schrank, dass meine Taille schön betonte, dann lief ich eilig zu den Kutschen.

Als ich um die letzte Ecke bog, blieb ich stehen. Anati stand dort, versunken in eine Unterredung mit der blonden Dame vom Vortag. Ich beobachtete die beiden. Sie gaben ohne Zweifel ein schönes Paar ab. Beide elegant und vornehm mit einem Stolz, den man von weit weg bereits erkannte. Sie wirkten vertraut. Anati strich sanft über ihren Kopf.

"Sie passen gut, nicht?"

Ich zuckte zusammen um drehte mich um. Erleichtert erkannte ich Lady Isabelle, ihren Blick auf das Pärchen vor der Kutsche gerichtete. Auch ich wandte mein Blick wieder zu den beiden und pflichtete ihr bei.

"Bevor er sie heiratet bist du mir noch tausend Mal lieber." Es war schwer Isabelles Zynismus in ihrer Stimme zu überhören. Ich überlegte mir, dass ich an ihrer Stelle vermutlich auch so verbittert wäre.

"Wer ist sie?", fragte ich Isabelle.

"Die Tochter von Lord Ismael, der vierte des Nordens: Esmeralda. Ihren Bruder Isaak kennst du bestimmt auch schon."

Das war wohl mein Tanzpartner gewesen.

"Was machen die beiden hier?"

Isabelle sah mich fast schon verächtlich aus ihrem Rollstuhl an: "Du weißt gar nichts oder? Aber keine Sorgen, Esmeralda ist keine Konkurrenz für dich, auch wenn sich meine Mutter nichts mehr als das wünschen würde. Sie kann keine Kinder kriegen, damit wäre es undenkbar, dass sie jemals einen regierenden Lord heiraten könnte."

"Wieso?", hakte ich nach.

"Es heißt unfruchtbare Frauen sind defekt und somit nicht adelig. Esmeralda hat Glück, das ihr Vater sie so verwöhnt, manche von ihnen werden verbannt."

Geschockt starrte ich Isabelle an. Das war ja schrecklich.  

 Wir beobachteten wie Esmeralda nach einer Umarmung in Richtung Ost Turm lief.

Anati erblickte uns und kam zu uns rüber gelaufen, ein Lächeln auf seinen Lippen. "Wie ich sehe versteh ihr beiden euch gut. Isabelle, wenn du willst kannst du uns auch gerne begleiten." Während Anati das sagte warf er mir kurz einen fragenden Blick zu, woraufhin ich nickte.

"Die Krähen kommen. Ich habe es euch gesagt.", begann Isabelle auf einmal  mit leicht panischer Stimme zu reden. "Ich habe euch immer gewarnt. Sie kommen. Rauch und Kohle! Nein, da ist noch was. Der Elsternkönig! Er wartet. Er klaut. Renn wenn du ihn siehst." Isabelles Hand verkrampfte sich um mein Handgelenk herum. Verwirrt sah ich sieh an. Sie hatte doch gerade noch ganz klar gesprochen. Es musste wohl an Anatis Anwesenheit liegen. Der seufzte und zog mich mit in Richtung Kutsche. Wir stiegen ein. Als wir aus dem Hof fuhren warf ich Isabelle einen verwirrten Blick zu. Ich konnte ihr Gesicht nur kurz sehen aber ich hätte schwören können, dass sie mir kurz zu zwinkerte.

MylordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt