9) Lady Isabelle

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Lord Anati hatte mich auf mein Zimmer gebracht und mich in mein Bett gelegt. Danach hatte er kurz mit Eden gesprochen und ihr erzählt was vorgefallen war. Man hatte mir ein nasses Tuch auf den Kopfgelegt und mich weich gebettet. Als später Lord Anati und Eden weg waren, stand ich wieder auf und beschloss in die Bücherei zu gehen, die ich bei meinen Wanderungen durchs Schloss gesehen hatte. Ich brauchte etwas Ruhe und Zeit für mich. Auf keinen Fall hätte ich gewusst was ich Eden hätte erzählen sollen.

Die Bücherei war angenehm still. Ich genoss die Ruhe und streifte durch die Regalreihen, las die Titel der Bücher griff hier und da nach einem und stöberte in ihm. Auf einmal hörte ich ein knarrendes Geräusch, was mich zum Zusammenzucken brachte. Das Knarren kam immer näher und hörte abrupt auf. Ich drehte mich um und stieß einen kleinen Schreckensschrei aus, als ein Mädchen dort war. Sie saß in einem Rollstuhl und sah mich mit einem nicht deutbaren Blick an.
"Habe ich sie etwa erschreckt, Miss.?", fragte sie mit einer weichen Stimme in der jedoch auch leise die Stimme einer Irren mitschwang.
"Ich wusste nicht, dass hier noch jemand ist. Verzeihen sie bitte." Ich knickste unbeholfen.
Sie lächelte mich an. "Nennen sie mich bitte Isabelle. Ich bin die Schwester des Lords." Ich konnte mich nicht entscheiden ob sie lieblich wirkte oder etwa wahnsinnig. Ihre großen braunen starren Augen, die sich von keinem Moment von meinem Gesicht lösten, schienen leicht zu zittern.
"Ich bin Ruby."
"Ich weiß. Der ganze Hoffe hier spricht über sie. Warum hat mein Bruder sie noch nicht dem Hof vorgestellt?"
"Ich weiß es nicht. Aber es stört mich nicht.", antwortete ich.
Isabelle musterte mich. "Du hattest du bereits das Vergnügen Bekanntschaft mit meinem Bruder William zu machen?"
"Ja, er ist wahrlich eine gute Gesellschaft."
"Er sagte mir, ich könne dir Vertrauen. Aber die Zeiten, dass ich den Leuten leicht Vertraue sind vorbei, nachdem mein eigener Bruder Anati dieses ausgenutzt hat. Aber ich werde dir ein Rätsel geben. Löst du dieses werde ich dir die Wahrheit über den Lord schenken. Das Rätsel ist die Wahrheit."
Mich ließ das Gefühl nicht los das Isabelle verrückt war, doch wollte ich natürlich unbedingt die Wahrheit rausfinden. Gespannt wartete ich auf ihre nächsten Worte, heiß darauf der Wahrheit ein Stückchen näher zu kommen.
Noch bevor Isabelle mit dem Rätsel beginnen konnte trat jemand ein. Es war, wie konnte es auch anders sein, Lord Anati.
"Ah, Ruby, wie sehr es mich doch erfreut sie hier zu sehen. So gesund und munter."
Ich machte einen Knicks als er sprach.
"Sie haben wohl meine Schwester kennengelernt. " Anatis Blick verhärtete sich als er Isabelle ansah. "Verzeih, sie kann zu weilen recht anstrengend sein. Sie ist nicht mehr bei vollstem Verstande seit dem tragischen Tod unseres Vaters."
Warum sagte Isabelle nichts? Warum wehrte sie sich nicht gegen die verletzenden Worte ihres Bruders? Hinter Lord Anati kamen zwei Bedienstete rein und fuhren Isabelle weg. Diese hatte kein Wort gesprochen und starrte mich nur gerade Wegs mit irren Augen an. Doch irgendetwas blinzelte durch die Augen der Verrückten durch. Und ich konnte es nicht anders bezeichnen, es war mir als würde die quälende Wahrheit mich direkt hämisch angucken. Als in meinem Körper gefror zu Eis.
"Ruby, hören Sie mir überhaupt zu? ", fragte Anati.
Ich wandte mich wieder zu ihm: "Entschuldigen Sie, was sagten sie?"
"Heute Abend werde ich ein Ball zu ihren Ehren halten. Ich habe bereits den Dienern Bescheid gegeben dass diese sie gleich fertig machen werden. Ihr Kleid hängt auch schon bereit."
Der Lord trat näher an mich heran und schob lächelnd eine meiner Strähnen zurück. "Sie werden neben mir funkeln wie ein Diamant. Jeder wird sich an sie erinnern. Jeder. Ruby."
Es war eine große Ehre einen Ball gewidmet zu bekommen und mir graute es bereits davor. "Mein Lord, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken kann.", murmelte ich doch ich hörte selber wie meine Skepsis gegenüber dem Lord darin zu hören war.
"Ruby, sparen wir uns die Höflichkeiten wenn wir unter uns sind aber du sprichst die Sprache des Hofes schwer. Ich werde dir Unterstützung besorgen die dich der Manieren des Hofes lehrt. Ich habe großes mit dir vor. Doch sag mir zuerst, warum traust du mir nicht?"
"Mylord, ich traue ihnen voll und ganz.", log ich instinktiv.
Er lachte leise auf. Die Art von Lachen bei dem sich alle Härchen aufstellten.
"Es wäre besser wenn du es wirklich tätest." Sein Mund näherte sich immer weiter meinem Gesicht und ich Widerstand dem Reflex meinen Kopf weg zu ziehen. Er stoppte wenige Millimeter vor meinem Ohr und flüsterte, kaum hörbar. "Jene die mir Treue schworen jedoch täuschten, weilen schon lange nicht mehr unter den unseren." Mit den Worte ließ er mich zurück. Ein kalter Schlag in die Magengrube.

MylordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt