Hektik war ausgebrochen. Der Lord und ich waren sofort umgeben von seinen Leibwachen. Um uns herum waren Geschrei und Kampfgeräusche. Die Wachen hatten sich in einen Kreis aufgestellt und wehrten die Angriffe ab. Panisch blickte ich umher. Blut war auf dem Boden zu sehen und vereinzelt lagen bereits Leichen im Saal verstreut. Schreie hallten wieder. Anati ergriff meine Hand, was mich beruhigte. "Warum greifen sie an?", fragte ich mit zittriger Stimme. "Erklär ich dir später.", murmelte der Lord und eh ich mich versah zückte er sein Schwert und stürzte sich in die Menge. Vier der Wachen umstellten mich und brachten mich sicher nach draußen. Sie führten mich in einen sicheren Raum in dem bereits andere Evakuierte waren.
Eden war auch im Raum und kam sofort zu mir geeilt. "Ruby, alles gut?" Ich nickte müde von den ganzen Eindrücken und verschiedenen Fassetten die mir dargeboten wurden.
Es dauerte bestimmt eine Stunde bis die Schreie und der Klang der Schwerter verhallt waren. Die Flügeltür des Zimmer schwang auf und die Wachen kamen rein so wie einige Edelmänner die mitgekämpft hatten. Ich konnte nirgends Anati entdecken, aber dafür William. Ein langer Schnitt zog sich über seinen Arm. Besorgt rannte ich zu ihm. Um die Blutung zu stoppen riss ich eilig ein Streifen Stoff meines Kleides ab und band die Wunde ab. Ihm durfte nichts passieren. William flüsterte ein leises Danke und lehnte sich an die kühle Steinwand. Mit schnellem Schritt kam ein vom Kampf verschwitzter Anati gefolgt von zwei Wachen herein. Sofort herrschte Ruhe. "Wo ist sie? Wo ist Ruby?", fragte Anati und sah sich hektisch im Raum um. Als er mich gefunden hatte sagte er zu seinem ersten Wachmann: "Stell eine Leibgarde aus den besten Männern für sie zusammen." Ohne ein weiteres Wort zu mir oder sonst wem drehte Anati sich um und verließ mit ernster Miene den Raum. Es herrschte weiter Stille im Raum während die Verletzten auf die Krankenstation gebracht wurden. Wiedermal abschätzige Blicke auf mir. Sie verstanden nicht warum Anati mich so bevorzugte. Ich konnte es ihnen nicht Übel nehmen, denn ich hatte genau so wenig eine Ahnung, was Anati nur in mir sah. Eden und ich gingen, umgeben von meiner neuen Leibgarde, auf mein Zimmer. Zwei Männer meiner Leibgarde blieben vor meinen Gemächern stehen und zwei kamen mit rein. Fragend sah ich sie an. "Befehl des Lords", murmelte einer und stellte sich gerade an der Wand auf. Eden kam mit mir hinter den Raumteiler, wo sie mir aus dem Ballkleid half und mir ein Schlafgewand überstreifte. Dann setzte ich mich mit ihr an der Kamin und redete während ich einen Brief an zu Hause verfasste. Eigentlich wollte Eden mir noch von einem der Wachen erzählen, der sie gestern Nacht noch auf einen romantischen Nachtspaziergang eingeladen hatte, doch die Wachen im Zimmer verhinderten dies. Wir waren eh beide müde und gerädert von dem Abend. Der Schock saß uns noch in den Knochen.Es war bereits spät am Abend, als es klopfte. Überrascht sagte ich "Herein.". Anati trat ein und befahl den Wachen mit einem Kopfnicken heraus zu gehen. Eden stand schnell auf, knickste und eilte auch heraus. Ich war allein mit dem Lord in meinem Zimmer. Er sah müde aus und ließ sich erschöpft im Sessel nieder, in dem Eden vorher gesessen hatte. Ich saß still in meinem Sessel, mich fragend, was Anati zu so später Stunde noch wollte. Sein Blick wanderte langsam über mein Gesicht, so als wollte er jedes noch so kleine Detail sehen. Nach einer Weile begann er zu sprechen. "Vor fast fünfzig Jahren eroberte der Großvater des jetzigen Königs die sieben Landen, die bis dahin mit Gewalt und Brutalität regiert wurden. Der neue König brachte Frieden in das Land. Viele Menschen waren ihm dafür sehr dankbar. Doch zehn Jahre nach dem Machtwechsel verstarb der König in einem jungem Alter an einem Virus. Sein ältester Sohn und rechtmäßiger Thronerbe war viel zu jung um den Thron bereits zu besteigen und so veranlasste der König auf seinem Sterbebett, dass der Rat der Zehn die Regierung übernehmen sollte bis sein Sohn alt genug war. Ein Mann im Rat, Ricadus, nutzte seine Macht jedoch aus und beutete systematisch und rücksichtslos die Dörfer aus. Dieser Schrecken ging so lange, bis der neue König alt genug war die Übeltaten zu erkennen und Ricadus zum Tode verurteilte. Ein Großteil der Menschen erkannte das der neue König daran keinerlei Schuld hatte, doch einige wenige nicht. In ihrem Hass gegen den Adel machten sie den jungen König für die Straftaten schuldig und so entwickelte sich bis heute eine ganze Organisation daraus, die den Adel stürzen will und immer wieder Angriffe ausübt. Sie wollen Freiheit aber sie erkennen nicht das der König, den sie anprangern, Ihnen die Freiheit bereits schenkte. Sie sind blind in ihren Hass. Aber es ist schlimmer geworden. Die Organisation geht durch die Dörfer und trommelt Jugendliche zusammen, hetzt sie gegen uns auf und erzählt lügen. Selber klauen sie und morden sie mit der Ausrede sie würden für Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen." Anati starrte sichtlich betrübt in die Flammen. Ich nahm an das war die Erklärung für den Angriff heute Mittag. Anati wandte seinen Blick nach einem endlosen Schweigen mir zu. "Warum vertraust du mir nicht? Was muss ich machen damit du deine Meinung über mich änderst?", fragte er und seine selbstgefällige Stimme war wieder da, die während seiner Geschichte verschwunden war. "Anderen Mädchen würden sich um mich reißen.", sagte er mir einem kurzen müden Lachen. "Ich bin nicht wie andere", erwiderte ich, so kühl wie möglich im Versuch dabei mir selbst ein zu reden, dass ich ihm nicht Vertrauen konnte. Die Erinnerung an das belauschte Gespräch war wieder da- ganz sicher überspielte ich keine Komplexe oder war dies hier eine Masche von mir. Mit einem Seufzen erhob sich Lord Anati "Du bist naiv, Ruby. Du bildest deine Meinung vorschnell. Wie kannst du mich hassen wenn du mich nicht einmal kennst?" Anati war schon an der Tür als ich auf stand. "Anati - zeigen sie mir wer sie sind, Mylord, und ich werde mein Bild von ihnen nochmal überdenken.", erwiderte ich mit der Idee im Hinterkopf mehr über seine Pläne zu erfahren. Wenn ich ehrlich war brannte ich vor Neugier, wer er wohl wirklich war. Ich war mir sicher, dass mehr hinter der Geschichte steckte als ein paar sozialneidische Rebellen. Selbstgefällig grinste Lord Anati, "Schlafen sie gut, Ruby. Morgen wird ein langer Tag für sie."
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Mylord
RomanceDer für seine Heldentaten berühmte Lord Anati scheint gefallen an der hübschen Kaufmannstochter Ruby gefunden zu haben. Ruby ist jedoch nicht besonders begeistert, als der Lord sie zu sich auf die Burg einlädt. Fern von ihrer Familie muss sie sich b...