31) Chaos

3.4K 152 4
                                    


Thormetheus beruhigte mich und ich fand meine Fassung wieder. Ich wischte meine Tränen weg, bevor wir eilig zu dem Raum liefen, in dem wir uns mit Anati treffen sollten. Weder ich noch Thormetheus sprachen ein Wort. Stumm saßen wir auf der Couch und warteten. Das Zimmer war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich wusste nicht genau was ich erwartet hatte, vielleicht viel Gold und Prunk, aber auf jeden Fall nichts das. Der Aufenthaltsraum vor Anatis Gemächern war schlicht und spärlich bestückt mit großen Holzschränken, einer Feuerstelle vor der zwei lange rote Sofas standen sowie ein Holztisch. Verzierung gab es keine, abgesehen von den Gemälden, die an der Wand hingen. Ich sah Portraits von der Familie, von seinen Freunden und von der Natur aber kein Einziges von ihm.

Thormetheus und ich standen respektvoll auf, als Anati eintrat. "Ich hoffe ihr musstet nicht zu lange warte. Da fällt mir ein, Ruby, ich warte schon seid Tagen darauf dich zu fragen, ob ich dich wohl einmal malen dürfte?" Damit hatte ich nicht gerechnet. "Du hast die Bilder selbst gemalt?" Anati nickte. "Gefallen sie dir?" Bejahend nickte ich. Ich mochte mich täuschen aber mir war, als wär eine leichte Schüchternheit bei ihm mit den Bildern gekommen. "Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich malen würdest." Anati wandte sich mit einem Lächeln zu Thormetheus. "Mein Freund, ich habe beauftragt den Tisch decken zu lassen. Ich muss noch kurz etwas erledigen... es gibt im Moment viele Probleme mit den Rebellen von den ich dir berichtet hatte. Mir tut es sehr Leid aber ich muss das wirklich noch eben klären. Ruby wird sicher die Zeit bis dahin mit dir verbringen, ich verspreche ich beeil mich." Anati nickte mir, immer noch lächelnd zu. Ich verstand, dass er wollte, dass ich mich um Thorn kümmerte so lange er weg war. Ich nickte zurück um zu zeigen, dass ich verstanden hatte.

Anati war weg und so saßen Thorn und ich wieder stumm auf dem Sofa.

"Ruby, kann ich davon ausgehen, dass du William umgebracht hast?", fragte Thorn. Ich blickte zu ihm auf, direkt in seine treuen braunen Hundeaugen. Wie konnten so ehrliche Augen nur so viel lügen?, dachte ich. Doch jetzt war ich es erst mal, die log. "Ja." "Dann hab ich mich nicht in dir getäuscht. Du kannst den Kampf für uns beenden." Ich kniff die Augen zusammen. "Was willst du, Thorn?" Thorns Gesicht war ernst: "William hat Isabelle beschützt, weißt du wieso?" Verständnislos zuckte ich die Achseln: "Sie ist seine Schwester?", riet ich. Thron schüttelte den Kopf: "Isabelle weiß alles, was hier vor geht. Sie weiß wer ich bin. Sie weiß wer du bist und vor allem weiß sie wer Anati ist! Seine Stärken und Schwächen. William hat nur darauf gelauert, dass sie Anatis Geheimnisse ausplaudert, aber Isabelle ist stark." Ich verstand nichts. Thorn musste mir das ansehen können, denn mit etwas genervter Stimme sprach er weiter: "Sie ist vergiftet. Vergiftet von dem Blut, dass ich dir gezeigt hab. Es hat ihren Geist vergiftet aber sie kämpft dagegen an. Sie hat es geschafft zehn Jahre lang kein Geheimnis aus zu plaudern trotz ihrer Krankheit." "Und was soll ich jetzt machen?", fragte ich. "Du, Ruby, sollst die Geheimnisse entlocken." Ich lachte gekünstelt. Das konnte er nicht ernst meinen. "Du hast doch selber gesagt, sie weiß wer ich bin... Warum sollte sie es mir dann sagen?" Wenn es überhaupt noch möglich war wurde Thorns Gesicht noch ernster als es sowieso schon war. "Aus dem einen Grund, aus dem wir alle uns an dich wenden, Ruby: Die Menschen vertrauen dir. Du gibst ihnen das Gefühl von Veränderung, seit dem du an den Hof gekommen bist. Du hast das unmögliche mögliche gemacht! Du bist der Adel. Du bist das Bürgertum. Du bist vornehmen aber lehnst die Gesetze des Adels ab. Bist du dir deiner Macht überhaupt bewusst?" Ich schüttelte stumm den Kopf und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Thorn griff nach meiner Hand. "Ruby, du musst mit Isabelle reden Frag sie nach der Blutfestnacht vor vier Jahren. Und wenn sie es dir erzählt hat musst du sie umbringen." Ich zog meine Hand weg. "Thorn, nein!", war alles was ich sagen konnte. Er selber sah mich nur ernst an. "Dieses ganze Töten muss ein Ende haben. Ich kann das nicht, Thorn."

"Wir sind im Krieg!", erwiderte Thorn.

Ich sah ihn entsetzt an. "Tu dir das nicht an. Bitte! Ich hab gesehen, wie deine Augen aufgeblitzt haben, als du ihren Namen erwähnt hast. Du liebst sie oder? Du liebst sie, also warum willst du sie töten?"

Thorn starrte mich stumm an. Seine Augen groß und sein Gesicht blass. So saß er kurz da, ehe er sich wieder im Griff hatte. "Meine Gefühle spielen hier keine Rolle. Das Volk steht im Vordergrund."

"Was ist passiert, dass du das Mädchen umbringen willst das du so unendlich liebst? Thorn, ich sehe es dir doch an. Du willst das nicht wirklich."

Thorn starrte mich düster an. Panik stieg in mir auf, denn ich hatte das Gefühl, er würde mir jeden Moment an die Gurgel gehen. "Du wirst es nicht verstehen. Ich...", eine einzelne Träne floss aus Thorns Augenwinkel. "Ich habe sie geliebt mit meinem ganzen Herzen. Glaub mir das bitte, aber es soll einfach nicht sein."

Ein Klingeln unterbrach uns. Das Essen musste wohl fertig sein. Thorn fuhr sich durch seine Haare, bevor wir aufstanden und zum Esszimmer runter liefen. Bevor wir das Zimmer betraten hielt er mich noch einmal zurück. "Ruby, egal was du tust, du darfst keine Bindung mit Anati eingehen, hast du verstanden? Ich kann es nicht riskieren dich auch noch zu verlieren!"

Wenn ich gedacht hatte, dass ich keine Ahnung hatte was hier los war, dann war ich spätestens jetzt so verwirrt, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Thorn betrat das Zimmer und ich stand im dunklen Flur und fühlte mich umgeben von Chaos.

MylordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt