38) Ascheregen

2.1K 113 2
                                    

Ich erreichte die Burg Anatis noch bevor die Sonne hinter den Berggipfeln verschwand. Unter den entsetzten Blicken einiger Hofdamen, hatte ich es vorgezogen selber zu reiten, anstatt in der Kutsche zu fahren. So würde ich einige Stunden sparen und ich war durchaus geübt auf dem Pferd.

Als ich die Burg in der Ferne erblickte erstarrte ich. Über der Burg lag ein dunkle Rauchwolke und ich konnte Löcher in einigen der holz-bedeckten Dächer erkennen. Alles war von einer weiß-grauen Schicht aus Asche bedeckt.  Im Galopp eilte ich durch die Stadtmauern zum Kern der Festung. Leute strömten heraus. Die einen blass, die anderen mit dunklen Stellen auf der Haut. Verwundete Blicke folgten mir, doch sie interessierten mich nicht weiter. Für den Moment sorgte ich mich nur um das Wohlergehen von Eden und Anati. Ein Stalljunge half mir vom Pferd, woraufhin ich ins Schloss eilte. Dort war herrschte das reinste Chaos. Dienstmädchen und Ritter eilten umher, während Handwerker versuchten den Schaden zu beheben, den das Feuer angerichtet hatte. Ich hielt eine Magd an und fragte nach Eden. Sie zuckte mit den Schulter, nickte grob in Richtung Küche und eilte auch schon wieder weiter. Ich mischte mich in den Strom, bis ich die Küche erreicht hatte. Dort rannte ich fast in Loranne, dich mich böse anfunkelte. "Ist Eden hier?", fragte ich sie. Ihr abschätziger Gesichtsausdruck wich für eine Sekunde Mitleid. Ich starrte sie weiter an. "Sie liegt auf der Krankenstation im Westflügel, aber...", ich hörte ihr nicht zu Ende zu, sondern lief los zur Krankenstation, darauf bedacht niemanden an zu rempeln.

Die Krankenstation war komplett überfüllt. Verletzte lagen auf dem Boden, von überall wurde nach den Krankenschwestern gerufen und es roch nach verbannten Fleisch. Ich entdeckte Eden und drängte mich zu ihr durch, mehrmals nach ihr rufend. Ein Moment des Entsetzens ergriff mich, als sie zu mir blickte. Über eine Hälfte ihres Gesichtes zog sich eine lange Brandwunde und entstellte ihr hübsches Gesicht. Sie schien erfreut mich zu sehen. Wir fielen uns in die Arme. "Was ist passiert?", fragte ich sie. Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Ich wollte das nicht.", flüsterte sie, und ihre Stimme brach weg. "Das ging alles so schnell. Loranne hat gesagt, das wir jetzt zu schlagen müssen, wenn wir was erreichen wollen. Sie befahl uns allen den großen Saal, in dem grad ein Festakt statt fand zu stürmen. Sie befahl uns Waffen zu holen um die Adeligen als Geiseln zu nehmen. Und  auf einmal war da diese Feuer. Dieses riesige Feuer. Wir konnten nicht mehr aus dem Saal fliehen. Die Vorhänge brannten, die Stühle, die Kleider, einfach alles. Ich weiß nicht mehr wie ich da raus gekommen bin. Ich kann mich nur daran erinnern, dass mich zwei Hände raus gezogen haben, dann bin ich umgekippt." Jetzt kamen ihre Tränen und sie weinte bitterlich. Sie sah mich traurig an. "Sie werden uns alle umbringen oder?" Ich schüttelte beruhigend den Kopf: "Ich werd mit Anati reden. Es wird sicher Folgen haben was geschehen ist, aber mach dir darum keine Sorgen." Ich stand auf, nachdem ich sie nochmal fest gedrückt hatte. "Alles wird gut Eden, ruh dich jetzt lieber etwas aus. Ich komme morgen vorbei und dann hab ich sicher gute Neuigkeiten für dich." Eden nickte stumm und murmelt nochmal wie Leid es ihr tat.

Ich verließ den überfüllten Raum und machte mich auf die Suche nach Anati. Wie erwartet fand ich ihn in seinem Arbeitszimmer vor. Gestresst blickte er auf, als ich eintrat. Er sah um Jahre gealtert aus, mit tiefen Augenringen und müden Augen, die mich  von seinem Schreibtisch aus fokussierten. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während ich hinter ihn trat und seinen Rücken massierte. Er war viel zu verspannt von der ganzen Arbeit. "Ich hab mir unser Wiedersehen irgendwie anders vorgestellt nach gestern Nacht.", lachte er bitter, zog mich dann auf seinen Schoss und küsste mich. "Ich verspreche dir, sobald hier alles wieder im Griff ist, richte ich einen Ball aus, an dem wir unsere Verlobung bekannt geben." Ich nickte verständnisvoll. "Ich dachte ich könnte bis dahin vielleicht meine Eltern besuchen gehen.", erzählte ich Anati. Zu meiner Enttäuschung schüttelte er den Kopf: "Es ist zu gefährlich. Gerade jetzt, wo die Rebellen so aktiv sind. Ich kann nicht riskieren, dass sie dich als Druckmittel bekommen geschweige denn, dich zu verlieren. Und spätestens zu der Hochzeit siehst du deine Eltern wieder." Ich verborg meine Traurigkeit und nickte. Ich wollte Anati nicht noch mehr Stress bringen. "Ich muss mit dir über die Rebellen reden. Ich weiß, wer für all das hier verantwortlich ist." Anati hob fragend eine Augenbraue. "Loranne, dich Chefköchin steckt dahinter. Einige der Bediensteten haben sich zu einer kleinen Gruppe von innerhöfischen Rebellen zusammen geschlossen. Loranne, ist die jenige, die die Befehle gibt." Anati seufzte. "Ich hab schon öfter den Verdacht gehabt, dass sich auch einiges in den Mauern zusammen braut. Aber Loranne? Mein Vater hat sie als Waisenkind mit an den Hof genommen. Ihr eine Chance auf ein gutes Leben gegeben. Wie kann sie so undankbar dafür sein? Und was die anderen angeht - ich fürchte es wird Zeit, dass ich mal mit den Bediensteten rede." Ermutigend nickte ich. 

Rob und Daniel kamen in den Raum geeilt. Anati funkelte sie für dies Unhöflichkeit an, gab mir dann jedoch zu verstehen, dass ich gehen sollte. Stumm verließ ich das Arbeitszimmer und sah zu, dass ich irgendwo bei Wiederaufbau helfen konnte. Draußen auf dem Hof, dachte ich erst es würde schneien, doch als ich eine der Flocken fing erkannte ich, dass es sich dabei um Asche hielt, die in seliger Stille, vom Himmel fiel. Ein Schaudern durchfuhr mich. 


MylordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt