Am nächsten Morgen ging es Bela weit besser, als er verdient hatte. Dennoch stöhnend vergrub der Mann das Gesicht in den Händen, sich wünschend, einen Filmriss geschenkt zu bekommen. Was um alles in der Welt hatte er sich bitte bei dieser scheiß Aktion gedacht?
Gar nichts, das war ja eben sein Problem!
„Du bist so ein Idiot!", warf Bela sich leise flüsternd selbst vor und zerraufte seine schwarze Mähne. Was würde Effy nun von ihm denken, nachdem er letzte Nacht wie ein ekelhafter Blutegel an ihrem Hals gehangen hatte?
„Fuck!", entfuhr es dem Schlagzeuger dieses Mal lautstark, doch es war ja ohnehin niemand da, der ihn hätte hören können. Seine Mitbewohnerin war noch in der letzten Nacht geflüchtet und hatte ihre Seite des Bettes kalt und verwaist zurückgelassen. Hauptsache, sein Mädchen war nicht auf die dumme Idee gekommen, die Wohnung zu verlassen und anderswo Zuflucht zu suchen!
Besorgt setzt der Schlagzeuger sich auf und wollte gerade aus dem Bett springen, um die kleine WG nach seiner besten Freundin abzusuchen, da fiel sein Blick auf die schmale Gestalt auf der anderen Zimmerseite. Beinahe zu Tode erschrocken fuhr Bela zurück und stieß sich dabei kräftig die Ferse an der Bettkannte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte er auf Effy hinab, welche schweigend an den Kleiderschrank gelehnt dasaß, die blauen Augen unverwandt auf ihn gerichtet.
„Was zum Geier machst du da?", entfuhr es ihm, vor lauter Überraschung keine freundlichere Begrüßung zustande bringend. Das Mädchen schien davon jedoch wenig beeindruckt, schwieg weiterhin und verzog lediglich das Gesicht, als überdenke sie die möglichen Antworten auf diese Frage.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht anfahren, du hast mich bloß so erschreckt...", gestand der Schlagzeuger und rutschte auf seine Seite des Bettes zurück. Fahles Morgenlicht drang durch die halb zugezogenen Vorhänge und tauchte die Gruft in ein trübes Dämmerlicht. Ein Blick auf den Wecker zeigte, dass gerade erst halb neun durch war.
„Müsstest du nicht längst in der Schule sein?", versuchte Bela erneut das unangenehme Schweigen zu beenden, doch alles, was er mit der Frage erreichte war, dass seine Freundin den Blick abwandte und an ihrem abblätternden Nagellack herumzukratzen begann. Nervös befeuchtete das Mädchen ihre Lippen, schien nach den richtigen Worten zu suchen.
„Warum hast du gestern Nacht was eingeworfen?", erkundigte sie sich schließlich, die Stimme vorsichtig gesenkt. Es war keine Überraschung für Bela, dass seine beste Freundin bereits erraten hatte, dass es ihm dieses eine Mal nicht nur um die Maximierung des Vergnügens gegangen war. Effy war weit empathischer als sie es sich selbst zutraute.
Seufzte, zog der junge Mann die Decke noch ein kleines bisschen höher, als wolle er sich darunter wie in einem Hasenbau verstecken, doch vor der sich ausbreitenden Stille gab es kein Entkommen. Einen Augenblick lang ertrug der Schwarzhaarige das bedrückte Schweigen noch, dann gab er auf: „Aus Gründen..."
Den Blick hatte er dabei fest auf den Plattenspieler auf der gegenüberliegenden Seite der Gruft geheftet, nicht wagens ihn zu der kauernden Gestalt schweifen zu lassen. Er wollte nicht sehen, wie ihre blauen Augen ihn vorwurfsvoll und enttäuscht musterten.
Effy erwiderte nichts auf diese Ausflucht, doch ihr Blick brannte unangenehm auf seinen schamgeröteten Wangen. Mit einem Mal fühlte Bela sich zittrig, spürte wie abwechselnd warme und kalte Schauer über seine Haut liefen. Er musste es ihr sagen, ihr Schweigen drängte ihn dazu. Schließlich war seine Freundin doch genau jetzt hier, um diese Worte aus seinem Mund zu hören oder etwa nicht? Sie wollte wissen, weshalb er immer und immer wieder die sorgsam errichteten Grenzen einriss...
"Effy, es tut mir leid, was letzte Nacht geschehen ist", begann Bela zögerlich, spürte den Druck all der Gedanken, die sich in seinem Inneren angestaut hatten und mit einem Mal brach sich alles seine Bahn. Die Worte purzelten immer und immer schneller aus ihm heraus, drohten übereinander zu rollen: „Alles was ich dir bieten könnte, hast du schon - vielleicht sogar besser. Und alles was du von mir bekommst, bekommst du auch so. Und das wird sich auch nicht ändern, nie - ich versprech's!
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𝐌𝐲𝐬𝐭𝐞𝐫𝐲𝐥𝐚𝐧𝐝 (Die Ärzte FF)
Fanfiction1984 West-Berlin ist eine Insel im roten Meer, zu allen Seiten umzäunt von einer meterhohen Mauer. Einer Grenze, die weit tiefer reicht als ihr bloßes Fundament. Sie umfasst eine andere Welt, deren pulsierendes Leben die Sehnsüchte junger Menschen a...