„Geiler Scheiß, das Zeugs! Das ist sowas von mega abgefahren, als wäre ich in einem Paralleluniversum gestrandet, wo die Kadaver all meiner Kindheitshelden versammelt liegen..."
Vollkommen hingerissen von all den Manifestationen seiner Träume wanderte Bela zwischen den dicht bestückten Kleiderstangen entlang, von Zeit zu Zeit ein Exemplar hervorziehend, das ihm besonders ins Auge stach. Der mit rotem Samt gefütterte Dracula-Umhang hatte vom ersten Moment an eine magische Anziehungskraft auf den Schwarzhaarigen ausgeübt, derer er sich nicht zu widersetzen vermochte.
Mit leuchtenden Augen wanderte der Punk weiter durch den irdischen Himmel der Film- und Theaterliebhaber, seine dünne Gestalt umhüllt von schwarzer Kunstseide, die Hände in leuchtend grünes Wildlederimitat gewandet und auf dem Kopf einen Piratenhut. Als Bela seinem Outfit jedoch gerade noch eine lebensecht aussehende Axt hinzufügen wollte, rief seine Managerin Claudia ihn zu sich: „Hier, schau dir die doch bitte mal an, Bela. Ich hatte ja bereits ein wenig Zeit, mich umzusehen, und habe bereits ein paar Sachen herausgelegt."
Wieder einmal bewunderte der Schlagzeuger die Engelsgeduld, welche die Bandmanagerin mit ihm aufwies. Nicht ein Wort des Ärgers hatte Claudia verlauten lassen, als er eine gute Dreiviertelstunde zu spät zu ihrem Termin erschienen war, völlig verschwitzt von der glühend heißen Sonne draußen.
Begeistert wühlte der Punk sich durch den kleinen Berg römischer Gewänder, hielt abwechseln Hartgummischwerter, rostige Beinschienen und goldglänzende Plastikharnische in den kühlen Schein der flackernden Neonröhren.
Gemeinsam suchten die Beiden alles aus was die drei Bandmitglieder brauchen – und im Eifer des Gefechts gleich noch ein paar Stücke zusätzlich. Stunden hätte Bela hier zubringen können, aber die junge Frau hatte alle Arbeit geleistet und gut gewählt.
„Aber, Claudia, du darfst Jan nix davon verraten!", ließ der Schlagzeuger seine Managerin versprechen. „Der darf einfach keine andere Chance mehr haben, sonst wird das nix. Ansonsten is der sich halt einfach zu schön für diese Rüstung. Wobei, sehe ich nicht bezaubernd aus in diesem kurzen Röckchen?"
Wie eine Prinzessin posierte Bela vor dem Spiegel und warf seiner Managerin im Spaß einen Luftkuss zu, welche ein überdrehtes Lachen ausstieß und sich schnell wieder dem Rüstungsberg zuwandte. Viel zu vereinnahmt von der schieren Fülle wahrgewordener Träume setzte der Punk zu einer weiteren Erkundungstour durch die Reihen an, ohne sich weiter über das Verhalten der jungen Frau Gedanken zu machen.
„Wir dürften jetzt alles Benötigte haben", verkündete Claudia und beobachtete, wie der Dunkelhaarige versuchte, ein glitschiges Gehirn über seine schwarze Mähne zu streifen. Allerdings glitt die glibbrige Masse immer wieder mit einem quatschenden Geräusch zwischen seinen Fingern hindurch.
„Bela, ich wollte noch mit dir über letzte Woche reden...", begann Claudia zögerlich und biss sich auf die Unterlippe, als wäre ihr das Thema unangenehm. Ein bestätigendes Knurren signalisierte, dass sie weitersprechen sollte, den Blick konnte der Schlagzeuger jedoch nicht von seinem eigenen Spiegelbild lösen, denn gerade schien es, als könne sein schauriges Werk doch noch zustande kommen.
„Es ist wegen der Party letzte Woche... Ich... Ich hoffe, du denkst jetzt nicht schlecht von mir? Normalerweise mach ich sowas nicht einfach so, also...", stammelte die Managerin, wurde jedoch von einem flitschenden Geräusch unterbrochen, ehe den Bruchteil einer Sekunde später eine schleimige Masse direkt an ihrem Gesicht vorbei schoss.
„Verdammtes Scheißteil!", machte Bela seinem Ärger lautstark Luft, ehe er sich der jungen Frau zuwandte, die hinter ihm stand und ihn mit schreckgeweiteten Augen anblickte, als wäre er tatsächlich Frankenstein persönlich und könne jeden Moment entscheiden, stattdessen sie in Einzelteile zu zerlegen.
„Is doch nix passiert und selbst wenn wir gevögelt hätten, wär doch auch nichts dabei gewesen, oder?", meinte der Schwarzhaarige mit einem Schulterzucken und tauchte zwischen den Kostümen hindurch auf der Suche nach seinem Gehirn. Der traurige Blick tief verletzter Gefühle entging ihm dabei vollkommen.
Für einen Augenblick starrte Claudia der Gestalt auf dem Boden einfach bloß mit offenem Mund hinterher, während ihr Gesicht zunehmend rot anlief. Dann wandte die Managerin den Blick ab und schüttelte den Kopf, etwas wie „Nein, überhaupt nicht..." murmelnd.
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𝐌𝐲𝐬𝐭𝐞𝐫𝐲𝐥𝐚𝐧𝐝 (Die Ärzte FF)
Fanfiction1984 West-Berlin ist eine Insel im roten Meer, zu allen Seiten umzäunt von einer meterhohen Mauer. Einer Grenze, die weit tiefer reicht als ihr bloßes Fundament. Sie umfasst eine andere Welt, deren pulsierendes Leben die Sehnsüchte junger Menschen a...